Mit ›Spider 1: Rabbit Hole‹ liefert das aus Christophe Bec, Giles Daoust und Stefano Raffaele bestehende Comic-Trio den ersten Band eines rasant erzählten Horror-Thrillers, in welchem eine junge Polizistin das Drogenmilieu in Detroit aufmischt. Das Werk ist seit Februar auch auf Deutsch beim Splitter Verlag erhältlich. Von SARAH SIGLE
Die Macher des Comics gehen von Anfang an nicht zimperlich mit Blut und Gewalt um. Bereits auf den ersten Seiten wohnt der Zuschauer einem blutigen Ritual eines äthiopischen Stammes bei, das bereits das Motiv der titelgebenden Spinne einführt.
Sprunghaft geht es weiter ins Detroit der Gegenwart, wo Detective John Brandt am Tatort mit einer verbrannten und verstümmelten Leiche eintrifft. Brandt bekommt von seinem Captain die junge Polizistin Charlene Dubowski als Partnerin zur Seite gestellt und sammelt mit seiner sexistischen Reaktion darauf – er nennt sie abfällig »Britney Spears« und macht deutlich, dass sie zwar schön, aber nicht geeignet als Detective ist – nicht gerade Sympathiepunkte. Generell ist auffällig, dass Brandt zu Beginn eher den klischeehaften harten Bullen spielt, der seine Arbeit lieber als einsamer Wolf ohne Partner/in erledigt. Eine Figur also, die man so oder so ähnlich aus zahlreichen literarischen und filmischen Werken kennt.
Von der unauffälligen Polizistin zum Undercover Cop
Auch Detective Dubowski fehlt es zu Beginn an Charakterstärke und Individualität. Gegen die unangebrachten Kommentare ihres neuen Partners weiß sie sich kaum zur Wehr zu setzen. Erst, als ihr wegen eines schiefgelaufenen Einsatzes Fehlverhalten vorgeworfen und sie suspendiert wird, nimmt ihre Charakterentwicklung Fahrt auf und sie mausert sich von der unauffälligen Polizistin zum – unfreiwilligen – Undercover-Cop, wobei sie immer tiefer in »Das Netz«, die geheimnisvolle Organisation, die die neuartige und gefährliche Droge Spider in Umlauf bringt, verstrickt wird. Charlenes Entwicklung zur toughen Frau, die nichts mehr zu verlieren hat, macht Hoffnung, dass den Autoren im nächsten Band des Zweiteilers eine interessantere Figurenzeichnung glückt.
Stimmungsvolle Optik
Während die Charaktere und die Dialoge des Krimis eher schwach ausgearbeitet sind, hält die künstlerische Ausarbeitung Stefano Raffaeles den Leser in Atem. Schonungslos stellt er mit seinen Zeichnungen die Nebenwirkungen und Folgen der Droge Spider dar und schreckt nicht vor der Darstellung des Hässlichen zurück. Fehlende Gliedmaßen und schreckliche Mutationen sind hierbei nur zwei Kennzeichen, die die Abhängigen entstellen.
Die modernen Zeichnungen in düsterer Optik erschaffen von Beginn an eine bedrückende Atmosphäre, die durch den teilweise verstörenden Inhalt und den ruppigen Umgang der Figuren untereinander noch verstärkt wird. Auch die Stadt Detroit, die mehr und mehr zu zerfallen scheint, wird als Handlungsort gekonnt und bedrohlich inszeniert und trägt ihren Teil zur beklemmenden Stimmung bei.
Spannend ist außerdem die Farbgestaltung, die ebenso von tristen Grautönen geprägt ist wie von den knalligen Farben des Drogenrauschs. Der Hintergrund, der die einzelnen Panels umrahmt, wird je nach Situation und Gefahrenlage raffiniert in weiß oder schwarz gehalten.
Fazit
Im Großen und Ganzen wirkt ›Rabbit Hole‹ erzählerisch nicht ganz ausgereift: Die Dialoge bleiben flach und die Charaktere sind lieblos gestaltet und bedienen einfach zu viele Klischees aus der Krimi-Schublade. Einzig die Protagonistin Charlene deutet eine interessante Charakterentwicklung an und macht Hoffnung und Lust auf den zweiten Teil der Reihe.
Neben der erzählerischen Umsetzung brilliert die Optik des Comics jedoch umso mehr. Ungeschönt und bedrückend zeichnet Raffaele das Bild einer heruntergekommenen und drogenverseuchten Stadt, die Erinnerungen an die Ära des Film Noir weckt.
Titelangaben
Christophe Bec (Szenario) / Stefano Raffaele (Zeichnungen): Spider 1: Rabbit Hole
Ludwigsburg: Splitter Verlag 2021
56 Seiten, 16 Euro
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