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Zusammen schmeckt’s noch besser

Sachbuch | Skye McAlpine: Zu Tisch mit Freunden

Na klar, jedes Kochbuch schmückt sich gerne mit einem Aufhänger, macht dieser Aufhänger doch Rezepte, Menüvorschläge und kulinarische Highlights noch attraktiver als sie vielleicht ohnehin sind. Mal ist es ein Land, dessen Gerichte präsentiert werden, mal Diätvorschläge, mal ein Grill-Kochbuch, die Auswahl ist unendlich. Dieses hier hat den Schwerpunkt auf Freunde, Familie, auf das Miteinander, das gemeinsame Essen gelegt. BARBARA WEGMANN hat es sich angeschaut.

Zu Tisch mit Freunden»Wenn ich das kann, können Sie es auch«, verspricht die Britin mit ausgeprägter Italienliebe. Und das ist schon ein Großteil der Motivation für mich, mir das Buch genauer anzusehen. Nein, eine ausgebildete Köchin sei sie nicht, ausprobiert habe sie Vieles, aus Fehlern auch gelernt. Das Buch erzähle vom bunt gemischten kulturellen Erbe ihrer Familie. Viele Rezepte sind aber italienisch, dazu noch einfach und praktisch. Und übrigens: ein gutes Porzellan habe sie auch nicht, gesteht Skye McAlpine. Beste Voraussetzungen also, sich mit Freunden in gelassener Gemütlichkeit, mit Freude aufs gemeinsame Essen und den Genuss eines schönen Abends an einen Tisch zu setzen. Vorspeisen kennt Skye McAlpine nicht, Hauptspeisen sind ihre »Stars«. »Stars, Beilagen und Süßes. Und dann, falls sie möchten, Extras.« Kochen um des Kochens willen, das wäre nicht ihr Ding, und um die Handwerkskunst gehe es ihr auch nicht, sie koche einfach nur gern, so gesteht die Autorin dieser auch schon als Buch leckeren Angelegenheit, »weil es mir einen entspannten Abend mit Freunden ermöglicht … Essen und Beisammensein sind meine Antriebsfedern.«

Wem das zu theoretisch ist, nun: Wie wäre es mit Feigencarpaccio mit Lardo, Honig und Rosmarin? Fein aufgeschnittene Feigen auf dünnem italienischem Speck oder auch luftgetrocknetem Schinken, darauf Rosmarinzweige, kurz vor dem Servieren mit Honig beträufelt. Das »schmeckt fast wie würzige Butter und harmoniert wunderbar mit der Süße der Feigen.« Meinen Appetit weckt es spontan. Auch ein Brotsalat mit Thunfisch und Sardellen, oder Gartenerbsen mit Artischocken, vielleicht auch der Sizilianische Couscous-Salat, dazu was immer das Herz begehrt, auf jeden Fall aber Brot und eine leckere Flasche Wein. Und wenn die Krümel des gebrochenen Brotes sich über den Tisch beginnen zu verteilen, dann nimmt der schmackhafte Abend seinen Lauf.
Es ist ein wirklich schon allein für’ s Auge attraktiv aufgemachtes Buch, zudem im Bausatz-Modell. Da werden die Einzelteile des Menüs genaustens beschrieben, zum Beispiel honigglasierte Möhren, mit Sherry-Essig Honig, Olivenöl und Thymian, an anderer Stelle der ja passende Auflauf mit Entenconfit, oder vielleicht ja auch der kalte Rinderbraten. Einzelkomponenten zum Zusammenstellen.

Es sind einfache Gerichte, es sind Gerichte, die je nach Anzahl der Gäste und Anlass kombiniert werden können. Vorschläge sind natürlich beigefügt. Keine fertigen Menüs also, keine kompletten Hauptgänge, nur einzelne Komponenten. Und vor allem: die Kleinigkeiten, die Beilagen, jene Dinge, denen oft nur so wenig Raum gegeben wird, sie treten hier ganz groß auf: Zucchini-Timballo, filigran verwobene Zucchinistreifen, mit Knoblauch angebacken und Parmesankäse, oder »Gerösteter Kürbis mit Butter & Salbei«, gefüllte Tomaten, Ofenkartoffeln mit Lorbeer oder Spargel mit Zitrone und gerösteten Mandeln. Eine Entscheidung würde mir schwerfallen.

100 Rezepte sind es, für eine kleine Mahlzeit mit ein, zwei Freunden – oder für zwanzig Freunde, sofern die Küche es mitmacht. Aber, das kenne ich auch gut, Platz ist in der kleinsten Küche, und manchmal wird es erst dann so richtig gemütlich, wenn der Platz knapp wird. Nach den Rezepten, es folgen hinreißende davon zum Thema »Süßes«, bilden drei kleinere Kapitel den Abschluss eines sehr, sehr ansprechenden Buches: das Kochen nach Jahreszeiten, das Kochen nach Personenzahl und das Kochen nach Zeitaufwand. Es sind kleine Hilfestellungen für die Vorbereitung des Essens und die Zeit des Jahres, zu der man Freunde bekocht.

Und was ist, wenn die Freunde weg sind, satt, zufrieden, und mit dem Versprechen sich bald wieder zu sehen? Es bleibt das Geschirr, die leeren Töpfe, Reste sicherlich keine, weil’s ja so lecker war, das Aufräumen des Abends. Das gehöre zur Gemütlichkeit, sagt Skye McAlpine. Wer sich damit nicht so recht abfinden mag, der dimme einfach das Licht und stelle flackernde Kerzen auf. Den Tipp werde ich mir auf jeden Fall zu Herzen nehmen. »Wenn es die Sedimente des Seins sind, die einem Haus Charakter verleihen, dann kann ich beim Anblick eines langen Tisches mit den Resten eines köstlichen und gemütlichen Essens mit Freunden in der Erinnerung an den vergangenen Abend schwelgen.«

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Skye McAlpine: Zu Tisch mit Freunden
Gemeinsam genießen wie in Italien
München: Knesebeck Verlag 2021
320 Seiten, 30 Euro
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