Maeve ist in einer Krise. In ihrer Klasse kämpft sie um eine bessere Position, will dazugehören, beliebt sein. Dafür hat sie bereits einen hohen Preis bezahlt. Aber nun scheint sie einen Weg gefunden zu haben. Von ANDREA WANNER
Der Narr; der Mond; der Wagen; die Liebenden; die Hohepriesterin – Maeve ist auf etwas Faszinierendes gestoßen: Tarotkarten. Das Kelleraufräumen in der Schule war eine Strafmaßnahme. Nun scheint es, als hätte sich ihr Schicksal gewendet.
Sie, die sich schon immer mit dem Lernen schwertat – ganz anderes als ihre klugen Geschwister – lernt im Handumdrehen die Bedeutung der Karten. Und sie versteht schnell, klug mit ihnen umzugehen. In der Schule reißt man sich um eine Sitzung bei ihr, wo sie den Mädchen die Karten legt. Es beginnt als Spaß aber dann spürt Maeve, dass noch andere Kräfte im Spiel sind.
Caroline O’Donoghue packt eine Menge in ihren Jugendroman. Es geht um Loyalität und Freundschaft, um Diversität und Sexualität – und natürlich um Magie und ein bisschen Hokuspokus. Aus beidem hätte etwas werden können – die Mischung ist fatal. Allein das, was sich zwischen Maeve und ihrer ehemals besten Freundin Lily abgespielt hat, wäre ein Buch wert. Verrat an jemandem, die einem nahestand, die aber nicht in die neue Clique passt.
Aber dann hat Lily auch noch einen Bruder und den umgibt ein Geheimnis. Auch da hätte die Liebesgeschichte zwischen Maeve und Roe das Zeug zu einer tollen Story: Roe, der mit seiner Identität herumexperimentiert und gern Mädchenkleider trägt. Es sind viele spannende Charaktere angelegt – warum es dann auch noch ein totes Mädchen aus der Vergangenheit braucht, wird nicht so recht klar. Und der ganze Kartenhokuspokus nervt irgendwann, weil man nicht mehr weiß, was das Ganze soll.
Esoterik ist das eine und gute Fantasy eine tolle Sache. Hier probiert jemand eine wilde Mixtur aus verschiedenen Genres – und scheitert. Wenn dann am Ende nicht nur Maeve über magische Kräfte verfügt, sondern drei ihr nahestehende Menschen auch mit Übersinnlichem gesegnet sind, steht man ziemlich ratlos da. Und verzichtet gerne auf eine drohende Fortsetzung.
Titelangaben
Caroline O’Donoghue: All Our Hidden Gifts – Die Macht der Karten
(All Our Hidden Gifts 2021). Aus dem Englischen von Christel Kröning)
Hamburg: Carlsen 2021
384 Seiten, 15 Euro
Jugendbuch ab 14 Jahren
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