Es ist Jens Daums erstes Kinderbuch und wenn ich einmal mutmaßen darf: sicher nicht sein letztes. Was für eine hübsche Geschichte um ein bezauberndes Wesen, das seinen Schlaf sucht. Der Name des Wesens ist Lu, er ist ein Lale. Und das erinnert mich an meine ganz frühen Kindheitstage. Von BARBARA WEGMANN
Wenn ich früher nicht schlafen konnte, dann sang mein Papa – er war ein großer Heinz Rühmann-Fan – mir das wunderschöne Lied La Le Lu vor. Das, was in dem zum Klassiker avancierten Lied irgendwann aus den 50er Jahren eine einfache Klang- und Reim-Melodie ist, wird in diesem Bilderbuch zu einem Wesen, in das man sich einfach verlieben muss: Lu, klein, zottelig, irgendwie etwas durch den Wind, die Augen ratlos, suchend, ein wenig traurig, auf jeden Fall müde und schon auf Halbmast. Es wird Abend und Nacht, und der kleine Kerl, der ein Lale ist, hat vergessen, wo sein Schlaf ist. »Lales sind wirklich ausgesprochen freundlich, immer hungrig – und manchmal etwas vergesslich.« Da steht er, etwas bedröppelt, die dünnen, fadenähnlichen Arme hängen schlapp an seinem kugeligen Körper, Ohren, die wie lauter kleine Antennen aussehen, zwei winzige Füßchen mit rot-weißen Ringelsocken. »Verflixt und zugedisselt. Wo ist nur mein Schlaf?« Letzte Nacht, da habe er ihn doch noch gehabt, daran erinnert sich Lu noch.
Eine tolle Adaption des alten Liedes, das man sofort im Ohr hat und das ist neben dem liebenswerten Text, der manch neue, lustige Wortschöpfungen enthält, auch und besonders den treffend schönen Illustrationen von Sophie Lucie Herken zu verdanken, eine Illustratorin und Grafikerin, die mit viel Schwung, Elan und Fantasie in vielen Bereichen tätig ist. Hier hat sie ein Wesen erschaffen, das sich schnell in alle Herzen schleichen wird. Es wird Nacht und die Farben und Szenerien machen ganz klar: hier passiert ein kleines Drama, wo, »verflixt und zugeschneuselt«, wo ist bloß der Schlaf des kleinen Lu?
Lale »schnappt sich sein Kuscheltier und etwas Verpflegung für unterwegs und zieht los«, er will und muss doch irgendwo seinen Schlaf finden. Er begegnet einem ganz merkwürdig aussehenden Mann, der wie ein Astronaut daherkommt. Und der erzählt ihm auf die Frage, was er denn da mache, er möchte wissen, wie viele Sternlein am Himmel stehen. Ein weiterer Schlaflied-Klassiker, auf den hier angespielt wird.
An dem blauen Himmelszelt?
Weißt du, wie viele Wolken gehen
Weithin über alle Welt?«
Die Idee, den Inhalt verschiedener Einschlaflieder zu einer Geschichte zu verarbeiten findet mit den Illustrationen eine famose Ergänzung. Bis in die winzigsten Kleinigkeiten hinein fühlt sich Sophie Lucie Herken sensibel, manchmal frech, manchmal witzig, immer liebevoll in die kleine Lu-Seele ein. Und immer dieser traurige, schon leicht schläfrige Blick dieses kleinen Wesens: absolut reizend illustriert. Da sind kleine und größere Sterne an einem dunklen Himmel, und an jedem hängt eine Zahl. Aber auch der seltsame, Sterne zählende Astronaut weiß nicht, wo Lus Schlaf ist. Ebenso ergeht es dem kleinen zotteligen Knirps bei »ein paar merkwürdigen Vögeln«, die sich aber als Englein entpuppen, umgeben von vielen Rosen.
Mit Rosen bedacht.
Mit Näglein besteckt.
Schlupf unter die Deck.«
Da haben Schäfchen eine kleine goldene Glocke um den Hals, da rüttelt jemand an einem Baum, weil vielleicht ein »Träumelein« herabfällt, nur der helle Mond schaut zufrieden herab, als wüsste er ganz genau, dass Lu, mittlerweile doch ganz schön müde, seinen Schlaf natürlich finden wird. Plötzlich sind da nämlich zwei Schuhe. Wie schön, dass doch schon so alte und traditionelle Einschlaflieder mit dieser Geschichte eine Renaissance haben. Eine Geschichte, die zur »Reise durchs Schlafliederland« wird. Klassiker sind es allemal, La Le Lu allen voran:
Vor dem Bettchen steh‘ n zwei Schuh
Und die sind genauso müde
Geh‘ n jetzt zur Ruh.«
Titelangaben
Jens Daum: Lale Lu sucht seinen Schlaf
Illustriert von Sophie Lucie Herken
Leimen: 360grad Verlag 2022
32 Seiten, 14 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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