Kinderalltag

Kinderbuch | Martin Muser: Das ist nicht lustig

Juri, Kette und Quark sind beste Freunde. Sie gehen gemeinsam in die Grundschule und stecken voller fantastischer Ideen, die in die Tat umgesetzt werden müssen. ANDREA WANNER war gespannt auf »Zwölf lustige Geschichten – und eine traurige«.

Vier fröhliche Kinder auf einem Esstisch, der im Meer treibt und von Haien umkreist wirdDie »Chaostruppe«, wie Juris Mama sie nennt, haben jede Menge Spaß zusammen – auch wenn ihnen Pippo, Juris kleiner Bruder, manchmal einen Strich durch die Rechnung macht. Denn der findet vieles nicht lustig, was die drei zusammen unternehmen. Quark, der eigentlich Fadi Haddad heißt und seinen Spitznamen daher hat, dass er immer Früchtequark als Pausensnack dabei hat, und Kette, deren korrekter Name Mira-Lotte Kettenbrunner lautet, sind für jeden Blödsinn zu haben. Und bei Pippo kann Juri auch mal nachsichtig sein: »Er geht noch in den Kindergarten. Und ich glaube, sein Sinn für Humor ist noch nicht so richtig entwickelt. Das ist bestimmt wie beim Lesen und Schreiben. Das muss man ja auch erst lernen.«

Also lernt Pippo. Zum Beispiel, wenn sie Länderentdecken spielen – ein perfektes Spiel, wenn keine Erwachsenen in der Wohnung sind. Da werden die Möbel zum Land und der Fußboden bildet das Meer, mit dem man auf keinen Fall in Berührung kommen darf, weil dort lauter Haie schwimmen. So hangeln sich die Freunde vom Stockbett im Kinderzimmer über den Schrank und die Spielzeugkiste zum Hocker, weiter über die Kommode im Flur über die Stühle ins Wohnzimmer bis zum Tisch, der zur Insel Tabu-Tabu (»›Tabu‹ sagte Papa immer, wenn etwas verboten war«). Nach Sofalonien wird es allerdings schwierig und die Hängelampe über dem Tisch taugt leider nicht als Liane zum Rüberschwingen. Pippo kriegt die Krise, weil er nicht von den Haien gefressen werden will und das Frühstücksgeschirr, das noch auf Tabu-Tabu war, geht Stück für Stück zu Bruch …

Da wird der Einkaufswagen zum Hyper-Schall-Raketen-Rennwagen – nicht ohne körperliche Folgen, weil leider Bremse und Lenkung fehlen. Ein Besuch der Polizei in der Schule weckt Ängste und ein Kinderflohmarkt verläuft überraschend erfolgreich. Die Ostereiersuche hat nicht den gewünschten Erfolg und Pippos Namenstagfest – sein Geburtstag fällt leider auf den 24. Dezember – verläuft auch nicht ganz planmäßig. Martin Muser erzählt witzig und altersgerecht, die Pointen sind klasse und Susanne Göhlich sorgt mit ihren Farbillustrationen für die passende Stimmung und dafür, dass man sich die Situationen richtig gut vorstellen kann.

Aktuelle Themen wie die das Klima, über das sie gemeinsam mit Opa Eule, der unten im Haus wohnt, nachdenken und das sie zu einem »Überlebenstraining« mit dem Opa animiert, finden genauso ihren Platz wie die merkwürdige Frau von der »Partei für Deutschland« mit drei Buchstaben, die den Freunden erzählt: »Die vielen Menschen aus dem Ausland nehmen uns die Lebensgrundlage weg.«, was Quark animiert von seinem Onkel aus dem Iran zu erzählen. Die blauen Luftballons, die sie ihnen schenkt, werden dann auch alle mit Zetteln versehen, ehe sie sie fliegen lassen: »POPOLÖCHA FÜR DEUTSCHLANT«, »PIZA FALAFL DÖNA« oder »BLÖDE PARTEI« ist dann da zu lesen. Cool.

Die letzte Geschichte ist dann eine vom Abschiednehmen, die davon erzählt, dass auch der Tod zum Leben gehört. Klug und amüsant hat sich Muser das ausgedacht, in optimaler Vorleselänge und eben nicht nur lustig.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Martin Muser: Das ist nicht lustig
Mit Bildern von Susanne Göhlich
Hamburg: Carlsen 2024
144 Seiten, 13 Euro
Kinderbuch ab 6 Jahren

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Instandsetzungen

Nächster Artikel

Eine ungewöhnliche Heldin

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Eine Zeitreise

Kinderbuch | Johanna Schaible: Es war einmal und wird noch lange sein

Bücher haben die Macht, mit den Dimensionen Raum und Zeit zu spielen, mit ihnen gleichsam zu jonglieren, das Ferne ganz nah herzuholen, auf das Nahe mit Distanz zu blicken, Vergangenheit und Zukunft aufzuheben. Einem außergewöhnlichen Bilderbuch gelingt das auf unnachahmliche Art, findet ANDREA WANNER

Turbulentes Abenteuer mit Sechsbeinern und einem Denkfehler

Kinderbuch | M.G. Leonard: Käferkumpel Wer in Abenteuergeschichten sechs (oder mehr) Beine hat, hat schlechte Karten. Aufgespießt, zerquetscht, ausgeräuchert werden, ist an der Tagesordnung. In M.G. Leonards turbulenter Geschichte ist das anders. Hier bekommen Käfer eine würdige Rolle als heldenmütige Kumpel der Zweibeiner. Allerdings ist die Autorin in ihrer Begeisterung für Käfer einem Denkfehler erlegen. Von MAGALI HEISSLER

Morgen, Kinder, wird’s was geben …

Kinderbuch | Hannes Wirlinger: Das Weihnachtsduell der Großmütter

Weihnachten als Wettkampf? Zwei Großmütter sehen das so und treten gegeneinander an. Das muss ja schiefgehen, prophezeit ANDREA WANNER

Nicht ganz der Papa …

kinderbuch | Xavier-Laurent Petit: Nicht ganz der Papa »Die Nase hat er vom Papa, die Augen von der Frau Mama?« Bemerkungen über ihr Aussehen hören Kinder von ihren frühesten Lebenstagen an. Augen, Ohren, Stimme, Haltung, einfach alles von Kopf bis Fuß wird kommentiert. Das Hervorheben von Ähnlichkeiten soll die Bindung an die jeweilige Familie bestärken. Bloß sind Familienähnlichkeiten nicht immer auf den ersten Blick sichtbar. Die vielfach freundlich gemeinte Bemerkung kann sich so unversehens ins Gegenteil verkehren. Statt Sicherheit zu geben, stürzt sie das angesprochene Kind in eine Identitätskrise. Xavier-Laurent Petit hat mit Nicht ganz der Papa einen ungewöhnlichen Blick

Zwei Welten, ein neuer Anfang?

Kinderbuch | Martin Baltscheit: Rolf und Rose

Rolf, die junge taffe Assel aus Unterbach, und Rose, der zarte Schmetterling von der Oberwiese, haben etwas gemeinsam: Für beide ist der Tag ein besonderer. Sie müssen beweisen, dass sie erwachsen sind und Verantwortung übernehmen können. Und dann begegnen sich die beiden, die eigentlich von Natur aus Feinde sind. Von ANDREA WANNER