Zwei versierte, erfahrene, professionelle Fotografen, die ein wirklich spannendes Buch gestalten, das genau das wiedergibt, was wir täglich mit eigenen Augen sehen können. Nur: Alltägliches wird uns ja nie so richtig bewusst, erst die Fotografie wird uns klar machen, was wir sehen, welchen Ausschnitt wir auswählen, welchen Moment wir festhalten, wie wir die Szene sehen, oder wie der Fotograf schließlich auf seine künstlerische Art und Weise das Gesamte sieht. Von BARBARA WEGMANN
Wie wird aus einem Bild ein »Hingucker«? Wie »überrascht« man mit einem Foto? Wie »erzähle ich mit einem Foto eine Geschichte«? Streetfotografie, so die beiden Autoren, sei eine »großartige Art«, immer und überall im Alltag zu fotografieren. Na ja, aber wie fängt man das an? Sie meinen, Spaß daran zu haben? Es versuchen, zu wollen? Dann lassen sie sich auf 232 bestens ihre Vorhaben begleitenden Seiten ein, und sie werden den Weg »von der Szene zum Bild« ganz bestimmt finden!
Auf die Komposition komme es an, das machen Pia Parolin und Siegfried Hansen gleich zu Beginn deutlich. Die Arbeit der beiden Autoren konzentriert sich auf die »ungestellten, flüchtigen Momente des Alltags«. »Die Königsdisziplin ist, mit einem einzigen Bild- einem bestimmten, von dir ausgesuchten Moment- eine ganze Geschichte zu erzählen.« Oder auch zum Nachdenken zu motivieren, zum Philosophieren, zum Träumen oder auch zum Lernen oder dem kritischen Hinweis auf etwas. Das Bild wird zur Sprache. Wunderschön und genau passend gleich das Eingangsbild des Buches in Schwarz-Weiß: Von irgendwo oben aus betrachtet, sieht man die Schatten eines knorrigen Baumes auf dem betonierten Platz und über die Äste läuft jemand, dessen eigener Schatten sich in die Schatten der Äste einfügt. Die werden zur »Bühne für den Auftritt der Spaziergängerin«. Einfach perfekt.
So führen die ersten Kapitel auch mit den Modulen, in die das Buch eingeteilt ist, über die Bildgestaltung, das Gestalten mit Farbe (und ohne), das Nutzen des Lichts und des Wetters hin zu Modul 5. Und da beginnt dann die richtig spannende Arbeit: »Kreative Streetfotografie, das Fotografieren von Menschen, das Storytelling«. Und da ist die volle Kreativität gefordert. Viele, viele Beispiele zeigen, wie das gelingen kann. Klare Sache: Das eigene Auge muss geschult werden, ehe es an die Kamera geht, wie bette ich Menschen, Tiere, Architektur, Natur, Licht, Wolken oder alles zusammen in ein Bild ein. Wie wirken Schatten, Sonne, Dunkelheit, erzähle ich etwas in Schwarz-Weiß oder in Farbe.
Wenn man den Dreh erst einmal begriffen hat, beginnt die Sache Spaß zu machen, denn dann entdeckt nicht nur das eigene Auge die Motive, sondern auch ihre Kamera zeigt ihnen, was über unseren Blick hinaus alles machbar ist. Voraussetzung, versteht sich: Sie beherrschen die Welt der Kameratechnik. Das alles wird im letzten Modul erklärt.
Die beiden Autoren, Profis, die Erfahrungen weltweit mit Ausstellungen und Buchveröffentlichungen gesammelt haben, internationale Workshops geben, sie begleiten hervorragend durch Module und Kapitel, machen den urbanen Raum zu einem ganz besonderen Erlebnisfeld. Leicht verständlich, gut erklärt, bestens illustriert. Immer wieder werden zwischendurch Übungen eingebaut, Aufgaben gestellt, die Gelesenes mit Praktischem vertiefen sollen. Auch den Text begleitend: Markierte Felder mit Tipps zu diesem und jenem. Mit all dem werden sie gut gerüstet sein und der Fähigkeit, immer »im entscheidenden Moment auszulösen« einen riesigen Schritt näherkommen.
Titelangaben
Pia Parolin, Siegfried Hansen: Praxisbuch Streetfotografie
Von der Szene zum Bild – Wie kreative Streetfotos entstehen
Heidelberg: dpunkt.verlag, 1. Auflage 2025
232 Seiten, 36,90 Euro
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