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Die Rückkehr des JRPG

Digitales | Games: Xenoblade Chronicles

Nintendos Wii wird mit Software nicht gerade überschüttet in diesen Tagen. Und selbst wenn diese sich einmal aus dem Versteck wagt, bedeutet das nicht automatisch, dass automatisch ein Ausnahmetitel darunter ist. Ganz anders ›Xenoblade Chronicles‹! STEFFI MARX hat sich den Wii-Titel vorgenommen und sich innig in diesen verliebt.

xenoblade chroniclesEs ist schwer zu sagen, wann Japan-RPGs, ehemals tragende Säulen des Rollenspiel-Genres, sich in brüchige Monumente verwandelten. Mit dem überaus populären ›Final Fantasy VII‹ schien man noch Standards zu setzen: Ergreifendes Storytelling, menübasierte Kämpfe und enorme Produktionswerte.

Doch als Budgets immer stärker gekürzt wurden, wollte man weniger Risiken eingehen und stütze sich auf Altbewährtes. Kreative Wiederholung führte zu Stagnation und Stagnation zu Verfall. Schaut man sich aktuelle Release-Listen an, so sieht man eine Vielzahl Remakes und Wiederveröffentlichungen sogenannter »JRPGs«. Wenig frische,  gute Titel gibt es für die gegenwärtigen Heimkonsolen. ›Blue Dragon‹, ›Tales of Vesperia‹, ›Lost Odyssey‹ und das umstrittene ›Final Fantasy XIII‹… that´s it!
 
Zu diesen besonderen und raren Genrevertretern gesellt sich nun ein weiterer: ›Xenoblade Chronicles‹. Ich möchte vorwegnehmen, dass dieses Rollenspiel allen eingangs genannten Titel den Weg weist. Es hält fest an der Tradition und traut sich zugleich, einige Schritte Richtung Moderne zu gehen. Gerade dieser Mix macht ›Xenoblade‹ so reizvoll. 

Social Net Works!

Kein Zweifel: Man findet eine Vielzahl von JRPG-Stereotypen. So sind die Figuren in etwa jung, sehr jung. Gefühlte 15 Jahre. Es sei denn, der Charakter ist ein ausgezeichneter und kampferprobter Soldat, in diesem Fall mag er schon 18 Jahre auf dem Buckel haben. Die generelle Regel: »Je ausgefallener die Frisur, umso bedeutender die Rolle im Spiel«, findet auch hier Gültigkeit. Und die Kleidung, nun ja, ist hübsch anzusehen, aber bestimmt nicht kampftauglich.

Auch die Geschichte um ein geheimnisvolles Schwert ist allzu vertraut für Freunde östlicher Rollenspiele. Die Spielmechanik bewegt sich innerhalb bekannter Parameter. Während des Spielverlaufs können Beziehungen zu den Mitstreitern vertieft werden. Was ist zu tun? Man führt sogenannte »Harmonie-Gespräche«. Dafür sucht man einen Spot (als Beispiel den Aussichtshügel) auf und beginnt eine Unterhaltung (z. B. über den Sonnenaufgang im Park) und lässt es mit »richtigen« Antworten – sehr japanisch! – Herzchen regnen. 

Ost vs. West

›Xenoblade Chronicles‹ zeigt sich häufig auch von seiner anderen, modernen Seite. So verzichtet das Spiel auf Zufallskämpfe und einen separaten Kampfbildschirm. Die hübsch designten Gegnertypen bewegen sich völlig frei in den Landschaften. Nun darf der Spieler also eigenmächtig entscheiden, ob er einer Konfrontation aus dem Weg geht, wobei freilich das Fliehen vor friedlichen Gegner einfacher als vor kampfwütigen ist…
 
Das überarbeitete Kampfsystem bleibt nicht der einzige Luxus, der aus westlichen Rollenspielen bekannt ist. Freies Speichern, wann und wo immer man mag, klingt selbstverständlich. Aber jeder weiß es zu schätzen, der schon einmal ohne die Option auskommen musste. Ein umfangreiches Questlog gibt den nötigen Überblick und Warp-Reisen zu bereits besuchten Orten ersparen Zeit und Nerven. Tageszeiten sind manuell veränderbar und eine Grafik gibt jederzeit über Personenkonstellation und Beziehungsstatus Auskunft.
 
Diese Kleinigkeiten und das Verschmelzen von Tradition und Moderne sind es, die ›Xenoblade Chronicles‹ von anderen Spielen seiner Art abhebt und zum besten Japan-Rollenspiel dieser Heimkonsolen-Generation erhebt.

| STEFFI MARX

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