/

Spinne über New York

Digitales | Games: Marvel’s Spiderman

Mit ›Spiderman‹ erscheint exklusiv für die Playstation4 das erste echte Superhelden-Videospiel aus dem Marvel Universum. Wieso auch nicht? – schließlich erscheinen auf den großen Leinwänden gefühlt jeden Monat neue Superhelden-Filme, die sich stets großer Beliebtheit beim Publikum erfreuen. Nicht verwunderlich, dass früher oder später in der Gaming-Welt der beliebteste Marvel Superheld seine Rückkehr feiert.

Seinen bis dato letzten Auftritt hatte Spiderman mit ›The Amazing Spiderman 2‹, das als Spiel zum gleichnamigen Film ›The Amazing Spiderman 2: Rise of Electro‹ im Jahr 2014 publiziert wurde. Allerdings erfreute sich dieses Spiel keiner so großen Beliebtheit, was unter anderem damit zusammenhängt, dass die »Spiele zum Film« oft als Low Budget-Produktionen an den Start gingen und dadurch generell eher zu den »Trash«-Spielen zählten. Dass Superhelden-Spiele durchaus ihre Qualität und Charme haben können, hat die ›Batman Arkham‹-Reihe erfolgreich zeigen können. Ob Marvel‘s ›Spiderman‹ eben diesen Quantensprung schafft, testet LINH NGUYEN.

Action von Haus zu Haus

Games: Marvel's SpidermanMarvel‘s ›Spiderman‹ gestaltet sich als Open World-Spiel, welches in der wundervollen Metropole New York angesiedelt ist. Wie in jedem Spiel werdet ihr zu Beginn mit der Steuerung vertraut gemacht, was Anfänger schlichtweg überfordern könnte, da die Kämpfe einerseits sehr dynamisch sind, ihr also viel Ausweichen müsst, und gleichzeitig die vielen Knöpfe für Verwirrung sorgen. Doch wer die Steuerung verinnerlicht hat und die anfängliche Frustphase überwunden hat, kommt schnell in den Genuss der Story. Zwar ist die Handlung anfangs sehr träge und ihr mögt eventuell ein bisschen die Lust verlieren, doch gewinnt das Spiel nach und nach mehr an Spannung. Im Zentrum der Geschehnisse stehen vor allem die beiden Bösewichte Mr. Negative und Dr. Octopus, doch auch andere Bösewichte, wie beispielsweise Electro oder Rhino, erhalten ihre Nebenrolle.

Natürlich dürfen aber auch Spidermans Freunde nicht fehlen. Bei manchen Missionen bekommt ihr die Gelegenheit, in die Rolle von Spidermans Freundin MJ (Mary Jane) oder Miles zu schlüpfen. Allerdings bestehen diese Missionen hauptsächlich aus Schleichen, da nur Spiderman selbst in der Lage ist, die Fäuste zu schwingen. Interessant ist dieser Ansatz aber allemal und birgt in diversen Situationen humorvolle Momente.

 

Games: Marvel's Spiderman

Auf den ersten Blick ist die Open World sehr ansehnlich. Wenn man allerdings genauer hinschaut, findet man teilweise leblose und undetaillierte Grafiken, wie zum Beispiel die Passanten oder die Hochhäuser.

Das Spiel nimmt sehr viele bekannte Charaktere auf und wer die ›Spiderman‹-Serien oder Filme kennt, weiß diese Personen auch sofort zu lieben und zu schätzen. Die Geschichte und die Beziehung zwischen den Charakteren ist im Spiel sehr gut erzählt, vor allem die Rolle von Spidermans Freundin MJ und Tante May. Dennoch gibt es genug Spielraum, um die Dialoge und vor allem das Socializing in der Open World intensiver zu gestalten. Einige Personen haben nur eine kleine Nebenrolle im Spiel bekommen. An dieser Stelle besitzt das Spiel viel Potenzial für eine Fortsetzung.

Games: Marvel's Spiderman

Leider bietet das Spiel neben der gelungenen Story nicht sehr viel, was für ein Open World Spiel sehr schade ist. Das Sammeln ist monoton und die wenigen kleinen Nebenquests sind nicht wirklich der Rede wert. Die ›Batman Arkham‹-Reihe bietet vergleichsweise einen Herausforderungsmodus, was mir persönlich sehr gefällt und Marvel’s ›Spiderman‹ ebenfalls eine persönliche Note geben würde.

Kung Fu Spider

Das Herzstück aller Spiele ist sicherlich das Gameplay. Spätestens beim Tutorial im ersten Eifer des Gefechts stellen wir bei ›Spiderman‹ gewisse Ähnlichkeiten mit seinem Pendant Batman fest. Team Insomniac hat den Prügelspaß der ›Arkham‹-Reihe als Vorbild genommen und auch erfolgreich umsetzen können. Nur etwas dynamischer kommt das Spiel im Vergleich zum Fledermausmann einher, vielleicht auch deshalb, weil Spiderman ein flinkerer Kerl ist. Das Kampfsystem besteht aus einer Mischung aus Schlägen und Tritten, die unser Spinnen-Held austeilt. Gleichzeitig muss er feindlichen Angriffen wie fliegenden Fäusten, Schwertern, Schusswaffen oder Bazooka Geschossen ausweichen. Natürlich ist hier richtiges Timing gefragt, wenn man nicht ständig das Zeitliche segnen möchte. Obwohl das Kampfsystem anspruchsvoll ist, sind die Kämpfe nie unfair und mit etwas Übung schnell machbar. Zusätzlich bietet das Spiel noch eine Menge Gadgets wie Tretminen, Elektro-Spinnweben oder einen Mini-Spinnenroboter, der auf Gegner schießt, die Spiderman im Kampf anwenden kann.

Games: Marvel's Spiderman

Neben dem Kämpfen gibt es im Spiel viele Schleichpassagen, wobei Gegner heimlich eliminiert werden können. Gerade die genannten Gadgets bieten hier entscheidende Vorteile, um die Auswahl der Gegner auf verschiedenste Weise auszuschalten. Klar steht jederzeit die Option offen, Gegner auf direktem Wege zu verprügeln, aber seien wir ehrlich, das Schleichen bietet einfach mehr Abwechslung im Gameplay. Wer hier jedoch erwartet, so schleichen zu können, wie Batman es tut, den muss ich etwas enttäuschen. Der ›Arkham‹-Reihe gelingt das System mit dem Schleichen und dem heimtückischen Ausschalten besser, als seinem Konkurrenten aus dem Marvel Universum. Aber dennoch überzeugt Marvel’s ›Spiderman‹ mit vielen interessanten Spielideen, was vor allem in der Story oft für Abwechslung sorgt.

Fazit

Marvel’s ›Spiderman‹ ist in einiger Hinsicht nicht ganz perfekt geworden. Für mich persönlich hätte der Open World-Teil im Spiel wegbleiben können, denn dieser wirkt doch recht halbherzig. Umso besser ist aber die Story geworden, die eine gesunde Abwechslung aus Kämpfen und Schleichen, gespickt mit viel Humor, bietet. Das Kämpfen macht sehr viel Spaß – und an dieser Stelle hätte ich mir einen Herausforderungsmodus gewünscht, der die Fähigkeiten der Spieler noch mal ausreizt. Insomniac Games verschenkt hier zwar Potential, das aber hoffentlich in der zukünftigen Fortsetzung (die sehr wahrscheinlich für die Next-Gen Konsole erscheinen wird) integriert wird.

LINH NGUYEN

 

Hat gefallen
  • Dynamisches und anspruchsvolles Kampfsystem mit vielen Kombinationsmöglichkeiten
  • Wunderschöne Graphik und eine gelungene Physik-Engine
  • Viele Schöne Kostüme für Spiderman und nette Gadgets und Upgrades
  • Liebevoll erzählte Story mit vielen Videosequenzen, die dich bis zu 15 Stunden bei Laune hält
  • Viele Charaktere und Bösewichte aus dem Marvel Universum werden gut in Szene gesetzt
Hat nicht gefallen
  • Open World Spektakel ohne wirklich interessante Nebenquests und langweilige Sammelaufgaben
  • Das Schleichen ist etwas eintönig und nicht sehr anspruchsvoll
  • Story gibt guten Ansatz zur Socializing und interessanten Dialogen, wird aber leider nicht weiter vertieft
  • Kampfsystem kann aufgrund der Vielseitigkeit Anfänger schnell überfordern
87%

 Titelangaben
Spiderman
Sony | Insomniac Games
erhältlich für Playstation 4

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Kinderpsychologie light

Nächster Artikel

Little Indie-Core Ride

Weitere Artikel der Kategorie »Digitale Spiele«

Weisheit oder Wahnsinn – Imaginationen von Wissenschaft

Thema | WissenschaftlerInnen in Games

Weise, verschroben oder gar größenwahnsinnig. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler treten in fiktionalen Stoffen erstaunlich vielfältig auf. RUDOLF INDERST hat sich die Darstellung in Computerspielen einmal genauer angesehen.

Ambivalente Ideologiekritik

Digitales | Games: Doodle Jump Das iPhone als mobile Spieleplattform hat die Unschuld seiner Kinderzeit längst hinter sich gelassen. Einer der meistgespielten und -beachteten Titel für die eierlegende Wollmilchsau aus dem Hause Apple ist ›Doodle Jump‹. Von außen betrachtet gibt sich das Spiel als ein harmloser Plattformspaß, doch bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich als Munition für die kapitalismuskritische Argumentationsflakbatterie. Eine nicht ganz so ernst gemeinte Manöverkritik von RUDOLF INDERST

Die Rückkehr der Zinnfiguren

Digitales | Essay: Über den Reiz von ›World of Tanks‹ Rechnet man die Kampfpanzer im Dienst der Armeen weltweit zusammen, dann kommt man auf die Zahl von 110.250 aktiven Panzern. Geht man davon aus, dass ein solcher Panzer im Schnitt vier Mann Besatzung hat, dann gibt es derzeit ca. 441.000 Soldaten, die hauptberuflich Panzer fahren. Mit Ausbildern und Reservecrews kommt man dann vielleicht auf eine halbe Million Panzerfahrer. Das klingt viel, ist aber kein Vergleich zur Anzahl der virtuellen Panzerfahrer. Ein Essay von JULIAN KÖCK.

Drive-by-trolling

Digitales | Games: Schlechte Autofahrer! Trotz vermeintlicher Oberflächlichkeit halten einem manche Spiele doch subtil den Spiegel vor. PETER KLEMENT war gerade dabei einen one-eighty mit einem Taxi durch eine Horde Zombies zu drehen, als ihm auffiel, dass er zu tief in den nietzscheanischen Abgrund geblickt hat. Es folgt die Geschichte von einem, der auszog und aus Versehen zum Troll wurde.

Tokyo sucht den Superstar

Digitales | Games: Tokyo Mirage Sessions #FE So viel vorweg: ›Tokyo Mirage Sessions #FE‹ wurde für den japanischen Markt entwickelt. Das verrät schon einiges, oder? Zumindest erwarteten die Entwickler offensichtlich keinen allzu großen Umsatz in Europa, denn es wird ausschließlich ein englischer Bildschirmtext in japanischer Sprachausgabe geboten. Zudem ist der Name des Hauptcharakters »Itsuki Aoi «für den Standard-Europäer nicht ohne Grimassen auszusprechen. Wenn das alles nicht abschreckt: Macht euch bereit für eine bunte Mischung voller Kitsch und Absurdität! Liebe Anime-Fans, hier ist TMS. Von PHILIPP LINKE.