Barney Kessel Four & Five

Musik | Barney Kessel & Hampton Hawes: Quartet Quintet

Es gibt Theoretiker, die sagen, es sei der Swing, was den Jazz ausmache. Sie kommen bei dieser CD voll auf ihre Rechnung. Barney Kessel war der wohl bedeutendste Jazzgitarrist der fünfziger Jahre. Obgleich er vom damals aktuellen Bebop geprägt war, ist seine Musik immer noch dem Swing verhaftet, ohne banal zu werden, wie das gelegentlich selbst einem Giganten wie dem nur zwei Jahre jüngeren Pianisten Oscar Peterson passierte. Von THOMAS ROTHSCHILD

Quartet QuintetGelegentlich wird er auch dem West-Coast-Jazz, einer Variante des Cool Jazz, zugerechnet. 1958 nahm Kessel eine LP unter dem Titel Four! auf, mit Hampton Hawes am Klavier und mit Red Mitchell am Bass und Shelly Manne, dem Musiker aus dem Mann mit dem goldenen Arm, am Schlagzeug. Virtuos wechselt Barney Kessel zwischen einstimmigen Melodielinien und akkordischem Spiel. Dabei ist ihm Hampton Hawes mit seinem trockenen Anschlag und fast pedalfreien Stakkato ein idealer Partner. Die Rhythmusgruppe hält sich zurück, ist aber unverzichtbar.

Hinzugefügt wurden bei der CD zwei unveröffentlichte Aufnahmen sowie drei 1957 aufgenommene Titel, bei denen anstelle von Red Mitchell Leroy Vinnegar am Kontrabass steht und der Vibraphonist Victor Feldman hinzukommt. Hier darf sich Shelly Manne auch mit einem viel zu kurzen Solo präsentieren, und Barney Kessel überbietet sich in Let’s Cook noch selbst. Wer meint, die Elektrogitarre sei erst mit Jimi Hendrix und Eric Clapton in die Musikgeschichte eingedrungen, höre sich diese CD an.

Die Aufnahme nützt, wie das damals, nach der Vollendung der dafür nötigen Technik beliebt war, die Stereobreite voll aus. Das erleichtert es, sich beim Zuhören auf die einzelnen Instrumente zu konzentrieren. Man fühlt sich wie in der ersten Reihe eines kleinen Jazzclubs.

| THOMAS ROTHSCHILD

Titelangaben
Barney Kessel & Hampton Hawes: Quartet Quintet. Phoenix/in-akustik 131540

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Was die bayerische Seele zusammenhält

Nächster Artikel

Massenmörder aus der Gesellschaftsmitte

Weitere Artikel der Kategorie »Platte«

Folkdays… Strong and fragile at the same time

Musik | Randi Tytingvåg: Roots & Wings Eine markante Folk-Frau ist Randi Tytingvåg aus Stavanger. Sie hat ihre musikalischen Wurzeln zwar im norwegischen Folk und in Jazzmusik, stellt aber derzeit sehr amerikanesque eine Geschichtenerzählerin mit eigensinnig klingender akustischer Gitarre und starker Stimme dar. Eine Momentaufnahme von TINA KAROLINA STAUNER

The man who loved only music: New singles reviewed

Music | Bittles’ Magazine: The music column from the end of the world Even though I gave up clubbing a few years ago, I am constantly amazed at how quality dance music can still move me as much as it does. A good bassline, a swirl of 303s or a fathoms-deep groove is all I need to be taken back to the joys of a darkened floor. By JOHN BITTLES

Oktoberfestmitternacht

Musik | Textminiatur und »Biermusik« Zwischen Nacht und Morgen auf dem Nachhauseweg in dem Viertel, in dem das Oktoberfest stattfindet. Aus einem Fernzug und aus’m Bahnhof heraus, der von auf dem Fußboden schlafenden Personen, die auf den ersten Zug in der Frühe warten, offensichtlich zum Camp umfunktioniert wurde. Am Gehsteig weggeworfener Firlefanz, Flaschen, Essenstüten. Von TINA KAROLINA STAUNER

Folkdays… ›50 Song Memoir‹

Musik | The Magnetic Fields: 50 Song Memoir Folkdays… ›50 Song Memoir‹ von The Magnetic Fields – Teil II über Stephin Merritt und seine Selbstsucht und Ichbezogenheit. Von TINA KAROLINA STAUNER

Geschichten über Pierrot

Musik | Pierrot in der Musik und im Musiktheater Der Pierrot, 1816 aus dem Pedrolino der Commedia dell’arte entwickelt, entsprang der Fantasie des Pantomimen Jean-Gaspard Deburau. Eigentlich gab es solche Figuren, die zu Zirkus-Weißclown wurden, schon im Straßentheater des 15. Jahrhunderts. Eine einfache Figurine für’s Volk. Der Sänger Alexsander Wertinski erfand einen schwarzen Pierrot. Von TINA KAROLINA STAUNER