Schwelgen in Klängen und Farben

Willy Puchner: ABC der fabelhaften Prinzessinnen

Wieviele Bücher gibt es eigentlich, deren Gegenstand die Haken, Kringel und Striche sind, die aufgrund einer willkürlichen Setzung die 26 Grundbuchstaben unseres Alphabets bilden? Genug, sollte man meinen. Das Alphabet übt aber offenbar eine Anziehungskraft aus, der man nicht widerstehen kann. Diesesmal hat es Willy Puchner angelockt, Zeichner, Fotograf, Autor, mit dem besten Ergebnis. Willy Puchner läßt in seinem ABC der fabelhaften Prinzessinnen Leserinnen und Leser in Wortklängen und Farben schwelgen. Von MAGALI HEISSLER

puchner
Puchners Buch ist nicht eine Abfolge der einzelnen Buchstaben, er hat sich auch eine Rahmenhandlung ausgedacht. Wo Prinzessinnen sind, ist auch ein Prinz, Willem, in diesem Fall. Seine Familie hat beschlossen, dass er heiraten muss. Immerhin darf er sich seine Braut selbst aussuchen. Und schon reisen sie an, 26 Prinzessinnen, eine nach der anderen, von A bis Z. Allerliebst sind sie, wie sie daherkommen in ihren kunterbunten Prinzessinnengewändern. Vor allem aber sind sie eins: Angehörige der Vogelfamilie, schon dieser Einfall macht die Geschichte zu einer besonderen. Hühner und Amsel, Reiher, Storch, Gans, Pinguin, Taube, Raubvögel und Enten sind sie, es gibt viel zu entdecken.
Der Anfangsbuchstabe ihres Namens ziert jedes Porträt. Die Bräute kommen nicht mit leeren Händen, die bringen ihrem zukünftigen Prinzen Geschenke, auch diese zeigt das Porträt. Vogelmasken sieht man da, Nashornballons, Distelfalter, ein Jagdhorn und Ypsilons. Und viele, vor allem überraschende Dinge mehr.
Zum Porträt gehört ein Steckbrief und hier kommen neben den Augen wegen der zahlreichen Wörter mit dem zum Anfangsbuchstaben des Namens passenden Wörtern auch die Ohren zum Zug. Was Puchner sich hat einfallen lassen, um seine Bräute zu charakterisieren, öffnet das Herz einer jeden, die auch nur ein Quäntchen Musikalität besitzt.

Lust am Wort

Länder und Ortsnamen, gerade für Kinder fremd und damit verlockend, bannen eine vom ersten Satz an. Narvik und Madagaskar, Dschibuti, Uganda, Caracas, Kappadokien sind etwa Heimatorte von Nonna und Musidora, Utina, Dagoberta und Coletta. Manche kommen nicht alleine, die polnische Prinzessin bringt ihr Patenkind Patrycja mit. Natürlich ist es pingelig, eins der vielen wunderbaren Adjektive, die Puchner aufs Papier bannt. Jähzornig, jovial, jugendlich oder redegewandt und reiselustig, witzig, wagemutig oder lieber schlau und schrullig?
Ebenso fantasievoll werden die Lieblingsspeisen und die Hobbys präsentiert. Joghurt und Japonica-Reis, Nockerln und Nougatkipferln, Zuckererbsen, Zichoriensalat, Ziegenkäse. Cellospielen oder Träume von Trekkingtouren oder leidvoll leise Lieder singen? Alle ist möglich in Puchners Welt. Das schiere Herunterlesen der Begriffe ist reines Vergnügen. Hier hat sich jemand gründlich ausgetobt, zur Freude nicht nur des jungen Publikums. Erzählt wird mit Leichtigkeit und Schwung, voller Liebe noch zum kleinsten Detail, gleich, ob in den Bildern oder im Text bis hin zum Vorsatz. Die Gestaltung ist so überzeugend, dass man nur hingerissen sein kann. Mit einem Augenzwinkern schließlich endet die Geschichte.
Vergleichen lassen sich Bilder-Bücher, die sich dem Alphabet widmen, untereinander nicht, jedes ist auf seine Art etwas Besonderes. Puchners Variante gehört von nun an fest dazu, ein weiterer Beleg für den noch längst nicht ausgeschöpften Einfallsreichtum kreativer Menschen, wenn es um die Haken, Kringel und Striche geht, die aufgrund einer willkürlichen Setzung die 26 Grundbuchstaben unseres Alphabets bilden.

| MAGALI HEISSLER

Titelangaben
Willy Puchner: ABC der fabelhaften Prinzessinnen
Zürich: NordSüd Verlag 2013
64 Seiten, 19,95 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Ekkohaus – An Interview

Nächster Artikel

Gemeinsame Geschichte

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Pfiffig

Kinderbuch | Mac Barnett, Jon Klassen: Der Wolf, die Ente & die Maus Ein Starker, zwei Schwache, ein dunkler Wald. Eine einfache Geschichte? Nicht, wenn man so pfiffig denkt, wie Mac Barnett. Seine Geschichte lässt Leserinnen und Leser die Welt mit anderen Augen sehen. Von MAGALI HEIẞLER

Im neuen Jahr bleibt alles anders

Kinderbücher | Y. Hergane: Sorum und Anders / Labor Ateliergemeinschaft: Ich so du so Wir sind alle unterschiedlich. Und das ist gut so. Es ist etwas, was Kinder früh lernen sollten, um mit sich – und dann auch mit allen anderen – gut auszukommen, tolerant zu sein und sich an Differenzen zu freuen, statt daran zu verzweifeln, findet ANDREA WANNER

Auf den Sprungturm, fertig, los!

Kinderbuch | Hannes Wirlinger: Das Duell der Großmütter

Hubert hat sich sehr auf den Freibadbesuch mit seiner Oma gefreut. Schließlich soll das Luftmatratzenwettrennen stattfinden, das er unbedingt gewinnen will. Der Nachmittag wird auf jeden Fall unvergesslich. Von ANDREA WANNER

Weniger ist mehr

Kinderbuch | Manfred Schlüter: Der kleine Herr Jemine Wie war das doch gleich in dem Märchen vom Fischer und seiner Frau? Die waren eigentlich doch ganz zufrieden. Bis die mit dem Wünschen angefangen haben und Ilsebill gar nicht mehr aufhören konnte. Und so ähnlich geht es Herrn Jemine. Von ANDREA WANNER

Nicht nur für kleine Gemüse-Fans

Kinderbuch | Annette Roeder: Olaf Hajeks Buch vom Gemüse

Lust auf Gemüse? Lust darauf, zu erfahren, wo es herkommt, wie es schmeckt, welche Eigenschaften und Eigenarten es hat? Lust auf ganz schön flotte Texte, die tägliches Gemüse weitab von Konserve und Tiefgekühltem plötzlich in ganz neuem Licht erscheinen lassen? Inhalt, Texte, Illustration: dieses Buch ist in jeder Hinsicht, auch künstlerisch, ein Genuss, meint BARBARA WEGMANN