Tierisches

Kinderbuch | Ulrich Hub: Füchse lügen nicht

Tiere mit menschlichen Eigenschaften auszustatten und dementsprechend agieren zu lassen, ist gerade in Kinderbüchern ein ebenso beliebtes wie umstrittenes erzählerisches Mittel. Eng verwandt mit der Fabel, muss sich diese Technik unter anderem den Vorwurf gefallen lassen, den pädagogischen Zeigefinger zu deutlich zu heben und Moral zu predigen, statt zu gestalten. Auch Ulrich Hub hat sich mit Füchse lügen nicht Tierisches einfallen lassen und sich aufs Eis begeben. Von MAGALI HEISSLER

Fuechse luegen nichtDie erste Szene ist eine recht vertraute. Man sitzt am Flughafen und wartet. Und wartet. Und wird nicht aufgerufen. Wer da sitzt, sind zwei Schafe, ein Tiger, ein Affe, eine Gans und ein Panda. Sie langweilen sich schrecklich, aber sie bleiben ruhig. Allerdings wird gejammert. Und ein bisschen kommt man dabei auch ins Gespräch. Sympathisch sind sich die wartenden Fluggäste nicht. Die Gans ist übernervös, der Affe schluckt ständig Tabletten. Die Schafe wirken etwas einfältig, trotz ihrer Besserwisserei und der Tiger eingebildet. Der Panda ist ein Egoist. Die Stimmung sinkt. Als sich endlich die Glastüren öffnen, bessert sich die Lage keineswegs. Der Hund vom Wachdienst teilt mit, dass alle Flüge gestrichen sind. Die Tiere sitzen fest. Die schlechte Stimmung kocht hoch, aber das unvermutete Auftauchen eines Fremden ändert alles.
Der Fremde, ein Fuchs mit flinker Zunge, bringt Leben in die Bude. Die Tiere werden offener und mutiger, sie wagen sich aus der Animal Lounge hinaus. Dass der Flughafen offenbar völlig verlassen ist, stört sie zunächst wenig. Aber der Fuchs macht sich verdächtig. Im Handumdrehen kommt es zum Aufruhr – mit einem bösen Ende. So scheint es. Aber damit fängt das Abenteuer erst an.

Holpriger Einstieg

Es dauert seine Zeit, bis die Handlung in Gang kommt, der Einstieg ist holprig. Das beginnt schon beim Vorwort. Der Fuchs hat recht, es ist tatsächlich überflüssig. Die jungen Leserinnen und Leser werden mit sanfter, aber fester Hand in die Geschichte geführt. Es gibt gleich Verhaltensregeln. Sie sollen ironisch gebrochen sein, sind dafür aber nicht geschickt genug formuliert, zumal in einem Kinderbuch. Ähnlich schwerfällig geht es weiter, die Fantasie wird nicht geweckt, sie wird geleitet. Das mag daran liegen, dass Füchse lügen nicht die Buchfassung eines Theaterstücks ist, der Autor also annimmt, das, was man eigentlich auf der Bühne sieht, zusätzlich in Worte fassen zu müssen. Die ersten heftigeren Reaktionen der Figuren sind auch eine Spur deftig und rüpelhaft, aber damit kommt Stimmung in das Ganze. Die Figuren werden klarer konturiert, die Konfliktparteien deutlich. Wortspiele und Anspielungen auf das Alltagsleben von Menschen sind eher plakativ, als raffiniert, können aber Kinder durchaus zum Lachen bringen.
Der neu hinzukommende Fuchs mit seinem Geheimnis macht aus dem bis dahin etwas disparat herumflatternden Teilen ein erstes Ganzes. Nun wächst auch die Spannung. Leserinnen und Lesern wird auch gefallen, zu beobachten, wie die kleine Gruppe zusammenwächst und was sie alles unternimmt. Freundschaften machen stark. Die Erkenntnis wird unaufdringlicher vermittelt und verscheucht die dicke Wolke »Moral«, die sich gerade im ersten Teil immer wieder über den Figuren zusammenballt.

Lügt der Fuchs?

Das Herumtoben im leeren Flughafen, eine Party und ein böser Streit sind farbig ausgemalt und lesen sich vergnüglich. Allerdings fehlt es an Originalität, auch in der Charakterisierung der Figuren. Was die Lektüre belebt, ist das Rätsel, das hinter dem Ganzen steckt, vor allem aber die Rolle des Fuchses. Ist er ein Bösewicht? Ein Feind? Ein Freund? Lügt er oder nicht? Wieweit wird er gehen? Da kann man mitfiebern.
Sprachlich schwankt der Text, die Dialoge sind eher einem jüngeren Lesealter angemessen, während Beschreibungen und die Schilderung von Ereignissen ironisch oder mehrdeutig sind und mit Sprachspielereien ausgestattet, die Kindern entgehen können. Vielsilbige Wörter und einige Fremdwörter dagegen sind entschieden reizvoll für das angezielte Lesealter.
Der Schluss ist überraschend und was offenbleibt, wird in einem Nachwort erzählt. Kurz. Das wiederum enthält einen Witz, der sich aus der Handlung erklärt und damit zeigt, dass man wirklich etwas ändern kann, wenn man eine Sache energisch genug anpackt. Das ist eine wichtige Botschaft.
Unterstützt wird die Geschichte von bunten Zeichnungen von Heike Drewelow, die den Figuren unverwechselbare Gesichter verleiht und die Komik des Ganzen durch ihren Blick für die ganz besonderen Details verstärkt.

| MAGALI HEISSLER

Titelangaben
Ulrich Hub: Füchse lügen nicht
Mit Bildern von Heike Drewelow
Hamburg: Carlsen 2014
144 Seiten, 12,95 Euro
Kinderbuch ab 8 Jahren

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