/

Ein It Girl mit Fehlern

Jugendbuch | Lena Dunham: Not That Kind of Girl

Memoiren mit 28? Vielleicht ein bisschen früh. Vielleicht aber ein spannender Blick in das Leben einer jungen Frau, die 2012 für vier Emmys nominiert wurde und 2013 zwei Golden Globes erhielt. ANDREA WANNER war neugierig.

itGirlIm Internet finden sich Seiten wie ›32 Reasons Why Lena Dunham Is Absolutely Brilliant‹, 2012 wählte das ›Time Magazine‹ sie zur »Coolest Person of the Year«, 2013 unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. Wow. Comedy-Fernsehserie ›Girls‹ entwickelte sie inspiriert von ›Sex and the City‹ und ›Gossip Girl‹, fügte autobiografische Elemente hinzu und spielt außerdem selbst die Hauptrolle der Hanna Horvath. Und jetzt ihre Autobiografie, am 30. September auf Englisch und nur eine Woche später auf Deutsch erschienen.

Dem Vorwort folgen fünf thematische Großkapitel: Liebe & Sex, Körper, Freundschaft, Arbeit und Das große Ganze, in denen Dunham Episoden aus ihrem Leben erzählt, Anekdötchen, Trauriges, Originelles, Verblüffendes. Da geht es um das Internet, Kalorienzählen, Ängste, Beziehungen, Zukunftspläne. Eingestreut finden sich kluge Dinge wie ›15 Dinge, die ich von meiner Mutter gelernt habe‹, ›13 Dinge, die man besser nicht zu Freunden sagt‹ oder ›17 Dinge, die ich von meinem Vater gelernt habe‹.

Vieles wirkt sehr offen und aufrichtig, manches kokett. Dunham ist voller Selbstironie, weiß aber auch genau, wie man sich inszeniert. Nicht nur vor der Kamera, sondern auch in einem Buch. Wenn sie das nicht könnte, wäre das Buch nichts. Sie als »die Stimme einer ganzen Generation« (›GRAZIA‹) zu bezeichnen, ist zum Glück Quatsch. Lena Dunham stammt aus einer New Yorker Künstlerfamilie, ihr Vater Carroll Dunham ist Maler, ihre Mutter Laurie Simmons Fotografin. So ein Milieu prägt und lässt eine den Weg Schauspielerin, Filmproduzentin, Filmregisseurin, Drehbuchautorin und jetzt auch noch Schriftstellerin vielleicht leichter einschlagen.

Ihre Geschichte berührt, die Schilderung ihres Sexuallebens ist offen, ohne peinlich zu sein, ihre Ängste und Psychosen erschüttern. Ein Stück weit ist es eine sehr amerikanische Kindheit und Jugend, wo der Gang zum Psychiater eine ganz andere Normalität besitzt als bei uns.

Lena Dunham lädt dazu ein, ein Stück ihres Lebens kennenzulernen. Wer ihre Filme mag, wird neugierig sein. Wer sie nicht kennt, wird hinterher erst recht auf die Filme neugierig sein. Und wenn jemand mit 28 sagt, sie erzählt, ›Was ich so im Leben gelernt habe‹, dann kommt da in den kommenden Jahren ja hoffentlich noch mehr dazu. Für einen Zwischenbericht ist ihre Geschichte auf jeden Fall amüsant zu lesen.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Lena Dunham: Not That Kind of Girl. Was ich so im Leben gelernt habe
Not That Kind of Girl. A Young Woman Tells You What She’s Learned (2014)
Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeitz und Tobias Schmettler
Mit Illustrationen von Joana Avillez
Frankfurt: S. Fischer 2014
304 Seiten, 19,99 Euro
Jugendbuch ab 16 Jahren

Reinschauen
Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Kein Leben ohne Ella!

Nächster Artikel

Selbstzweifel des tapferen Ritters

Weitere Artikel der Kategorie »Jugendbuch«

Angeschwemmtes

Jugendbuch | Gerlinde Kurz: Strandgut Wer Strände bei Ebbe kennt, Ufer von Seen oder Flüssen bei sinkendem Wasserstand, hat es gleich vor Augen: Seltsam geformte Holzstücke, Flaschen, Plastiktüten, Muschelschalen, glatt geschliffene Glasstückchen, verrostetes Eisen, Müll und Wiederwertbares, Dreck und Schönheit nebeneinander. Gerlinde Kurz hat sich in ›Strandgut‹ davon zu einem Bild des Lebens inspirieren lassen. Und sich deutlich zu viel zugemutet. Von MAGALI HEISSLER

Geschichte hautnah

Jugendbuch | Alexandra Holmes: Einfach mehr Luft

Geschichte muss nicht verstaubt und trocken daherkommen. Sie hat tatsächlich etwas mit uns und unserem Leben zu tun. Ben spürt das nicht nur beim hundertsten Geburtstag seiner Urgroßmutter. Von ANDREA WANNER

Patchworkfamilie mit Hindernissen

Jugendbuch | Monika Feth: Randvoll mit Glück

Wenn Eltern sich trennen, wird es für Kinder schwierig und Patchwork klingt verharmlosend für die Veränderungen, die neue Beziehungen mit sich bringen. »Das Leben ist ein Flockenteppich. Aus den unterschiedlichsten Schnipseln zusammengesetzt«, weiß Suris Opa, der in jeder Lebenslage Tröster für sie ist. Aber wie sieht der Teppich aus? ANDREA WANNER war gespannt.

Postmoderne Alltagswirren

Jugendbuch | Anke Stelling: Erna und die drei Wahrheiten Entscheidungsfreiheit, Verantwortlichkeit, Selbstverantwortung sowie Gerechtigkeit und Fairness jederzeit und überall – so soll es sein. Klingt schön. Es umzusetzen ist alles andere als schön. Von MAGALI HEISSLER

Jede Menge Buchstaben, die Sinn ergeben

Jugendbuch | Susin Nielsen: Peanuts und andere Katastrophen

Ambrosius ist ein Nerd. Den plötzlichen Tod seines Vaters noch vor seiner Geburt hat seine Mutter nie verwunden. Ihr einziges Kind wächst überbehütet auf und hat Probleme mit Gleichaltrigen. Solange das nur verbale Spielchen mit seinem Namen – Amblödius, Spastosius, Amöbius – sind, mag das noch hinnehmbar sein, der »Scherz« mit den Erdnüssen bringt allerdings das Fass zum Überlaufen. Von ANDREA WANNER