Ein Superheld im Spiegel der Zeit

Comic | Batman Anthologie

Die bei Panini veröffentlichte ›Batman Anthologie‹ leuchtet den Werdegang des Dunklen Ritters von seinen Anfangstagen bis ins Jahr 2013 aus. CHRISTIAN NEUBERT hat sich nie wirklich mit Superheldencomics auseinandergesetzt, nutzt nun aber die Chance, den Vigilanten durch seine bisher 75-jährige Karriere zu begleiten.

BATMANANTHOLOGIE_Hardcover_586Die 2014 von Panini herausgegebene Batman Anthologie zeichnet anlässlich des 75. Geburtstags des beliebten Comichelden dessen Genese nach – anhand von ›20 legendären Geschichten über den Dunklen Ritter‹. Die Formulierung des Untertitels ist geschickt gewählt, nährt sie doch das Mysterium, das Batman umgibt: Der Sammelband erzählt demnach keine Geschichten, die der Verbrechensbekämpfer im Fledermauskostüm erlebte. Vielmehr enthält er Legenden, die sich um ihn ranken und die man sich über ihn erzählt …

Für mich als leidenschaftlichen Comicleser, der seit jeher das Superheldenfach für sich ausklammerte – es kam einfach nie dazu –, sollte der schön editierte Band Grund genug für eine späte Annäherung sein. Enttäuscht wurde ich dabei nicht: Genau genommen bekam ich ziemlich genau das, was ich erwartete: Eine runde Auswahl jener knappen Storys, die seit 1939 bis heute in diversen Comicheft-Serien wie Detective Comics, als Sammelband oder in Form von Spin-Offs herauskommen. Der Fakt, dass ich bis auf ganz wenige Ausnahmen nie mit Superheldencomics in Berührung kam, bedeutet allerdings nicht, ich stünde gänzlich planlos im düsteren Angesicht des Dunklen Ritters: Batman ist fester Bestandteil der Popkultur und des Popkornkinos, weswegen mir Gotham City und seine Bewohner näher sind als z.B. Genf oder Gera. Außerdem weiß ich, dass Fans und Kritiker u.a. auf die Geschichten ›The Dark Knight Returns‹, ›The Killing Joke‹ und ›Arkham Asylum‹ schwören.

Ein Band, der seinen Schatten vorauswirft

Entsprechend habe ich erwartet, in der Anthologie neben dem Wunderknaben Robin auch auf solch illustre wie sinistere Schurken wie den Joker, den Riddler, Two Face oder Ra´s al Ghul zu treffen. Dem ist allerdings nicht so. Die kompilierten Geschichten kommen gänzlich ohne diese wohlbekannten Verbrecher aus, was wohl daran liegt, dass ihnen früher oder später eigene Anthologien zuteilwerden sollen. Batmans Genese, von der man annehmen könnte, dass sie wesentlich von den genannten Figuren geprägt wird, konzentriert sich in dem Kompendium stattdessen ausschließlich auf den Werdegang, wie er sich durch seine zeichnerische und erzählerische Umsetzung durch zahllose Autoren und Illustratoren inszeniert.

Insofern zeichnet der Band nach, wie sich die Optik der Comics im Laufe der Jahrzehnte nach und nach wandelte und welche Motivationen und Beweggründe die Autoren Bruce Wayne alias Batman jeweils unterschoben, damit er stets als Produkt seiner Zeit bzw. als logische Konsequenz auf andere Serien des DC-Universums durchging. Jede Geschichte wird dabei durch einen knappen Artikel eingeleitet, der sie inhaltlich oder im Rahmen nachhaltiger DC-Redaktionsbeschlüsse einordnet und Auskunft darüber gibt, welche Künstler die Reihe zur Zeit der Veröffentlichung der jeweiligen Story maßgeblich prägten. Die Zeichner und Autoren, die die versammelten Geschichten inszenierten, werden innerhalb dieser Sachanteile ebenfalls in kurzer Form gewürdigt.

Ein Band, der Licht ins Dunkel bringt

Alles in allem macht dies den Band zu einem informativen, schön aufgemachten Schmöker, mich selbst jedoch nicht zum Fan der Batman-Comics – auch, wenn ich gerade den späteren Episoden recht positiv begegnet bin. Bei den früheren Episoden habe ich jedoch das Gefühl, dass sie sich eher an Nostalgiker richten, deren Interesse sich auf die stilistische Vielfalt stützt, mit der man den Comics über all die Jahre begegnete – was ja auch schon mal etwas ist. Ob der Band heutige Nostalgiker zu neuen Verfolgern der Storys um den Dunklen Ritter machen kann, bezweifle ich dagegen: Fans von Comicserien neigen zum Komplettismus, weswegen gerade diese keine Anthologie benötigen. Aber wer weiß …

Abgesehen davon ist der Band eine gelungene Nachzeichnung der Geschichte eines stark gealterten, dabei aber stets zeitlos gebliebenen Helden.

| CHRISTIAN NEUBERT

Titelangaben
Batman Anthologie. 20 legendäre Geschichten über den Dunklen Ritter
Aus dem Amerikanischen von Michael Bregel, Jörg Fassbender und Monja Reichert
Stuttgart: Panini 2014
372 Seiten, 29,99 Euro

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Der alte Herr Updike lässt grüßen

Nächster Artikel

Kein Gewinn

Weitere Artikel der Kategorie »Comic«

Eine Comic-Komödie im Schatten des Klimawandels

Comic | Bruno Duhamel: Niemals

Mit ›Niemals‹ – seit März beim Avant-Verlag erhältlich – liefert Bruno Duhamel eine warmherzige Geschichte mit viel Witz und Gefühl vor dem ernsthaften Hintergrund des Klimawandels und dessen Folgen. Von SARAH SIGLE

Entchen schwimmen lassen – auch das ist der Comic Salon

Comic | Internationaler Comic Salon Erlangen 2014: Familientag   Kinder gehören für die meisten Comicverlage nicht mehr zur Zielgruppe. Ihre Produkte wenden sich ausschließlich an Erwachsene. Damit das Medium aber eine Zukunft hat, ist den Organisatoren des Comic Salons wichtig, auch die junge Generation einzubeziehen. Zu diesem Zweck gibt es seit einigen Jahren den Familiensonntag. ANDREAS ALT hat ihn mit seinen beiden Nichten (11 und 9) besucht.

Die etwas andere Familie

Comic | D.Browne/C.Browne: Hägar-Gesamtausgabe Band 15: Tagesstrips 1995-1997 Hägar den Schrecklichen kann man mit Fug und Recht als Comic-Strip-Legende bezeichnen: Seit nunmehr vierzig Jahren geht der Freiberufler im Bärenpelz auf Kaperfahrt. Zum runden Geburtstag erscheint bei der Ehapa Comic Collection eine schwergewichtige Gesamtausgabe in 25 Bänden. Eine Freude für Sammler! SEBASTIAN DAHM fragt sich dennoch: Setzt nach so langer Zeit nicht auch eine Legende Staub an?

Das Zeichen des Sterns

Comic | L. Dauvillier/M. Lizano/G. Salsedo: Das versteckte Kind Die Vernichtung der europäischen Juden während der Zeit des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wird immer wichtiger: Sie liegt nun bereits mehr als zwei Generationen zurück und es gilt zu verhindern, dass sie als ein abgeschlossenes Kapitel der Vergangenheit wahrgenommen wird, mit der die Menschen heute nichts mehr zu tun haben. Dem Comic ›Das versteckte Kind‹ gelingt es, das unfassbare Geschehen ganz anschaulich zu machen, findet ANDREAS ALT.

Von Mäusen, Menschen, Comics und Meisterwerken

Comic | John Steinbeck, Rébecca Dautremer: Von Menschen und Mäusen

John Steinbecks ›Of Mice and Men‹ ist ein Klassiker der Weltliteratur. Die französische Zeichnerin Rébecca Dautremer hat ihn in expressive Bilder gepackt – und dabei den Rahmen herkömmlicher Romanillustrationen gesprengt. In deutschsprachiger Fassung liegt der Prachtband nun beim Splitter Verlag vor. Von CHRISTIAN NEUBERT