Roman | Carlos María Domínguez : Das Papierhaus
In seinem unterhaltsamen Roman Das Papierhaus befasst sich der argentinische Schriftsteller Carlos María Dominguez mit bibliophilen Menschen und mit Büchern. Von BETTINA GUTIÉRREZ
Was könnte man machen, wenn man gerne Bücher liest und über Zeit und Muße verfügt? Man könnte ein Buch über Bücher schreiben. So wie es zum Beispiel der argentinische Schriftsteller und Journalist Carlos María Domínguez mit seiner Erzählung Das Papierhaus gemacht hat, einem Bestseller, der in mehrere europäische Sprachen übersetzt wurde und kürzlich in einer von Jörg Hülsmann fein illustrierten Sonderausgabe beim Insel Verlag erschienen ist.
Unterhaltsam und humorvoll schildert Domínguez hier die Geschichte seines bibliophilen Protagonisten Carlos Brauer, der sich im Laufe des Geschehens in einen äußerst eigenwilligen Bibliomanen verwandelt. Fast kriminalistisch hat er die Handlung angelegt, deren Sinn und Zweck es anscheinend ist, der Literatur und dem Lesen zu huldigen.
Nach dem Tod der jungen Literaturdozentin Bluma, die während sie in eine Lektüre vertieft ist, von einem Auto angefahren wird, taucht im Arbeitszimmer ihres Kollegen ein wertvolles und an sie adressiertes Exemplar von Joseph Conrads Roman Schattenlinie auf. Es enthält eine Widmung an einen gewissen Carlos Brauer, auf dessen Spuren sich der Ich-Erzähler und Kollege Blumas nun macht. Seine Nachforschungen führen ihn nach Uruguay und Argentinien, wo er auf seine Freunde stößt, die ihm über ihn berichten.
Der Leser erfährt, dass er all seine Zeit und Geld der Ersteigerung von Büchern und deren Lektüre widmete; dass er sich vor allem für amerikanische, französische und russische Literatur interessierte und dass er eines Tages ganz unvermittelt beschloss, sich in ein entlegenes Fischerdorf in der uruguayischen Lagune von La Rocha zurückzuziehen. Dort baute er sich ein Haus, das aus seinen aneinander und übereinander zementierten Büchern bestand, in dem er wohnte, bis er es zertrümmerte und danach spurlos verschwand.
Es ist ein ungewöhnliches Ende, das Carlos María Domínguez seinem Protagonisten zuschreibt, so ungewöhnlich wie auch sein Werdegang. Doch es sind nicht Brauer und sein Lebensweg, die im Mittelpunkt von Das Papierhaus stehen, sondern die Bücher mit all ihren Facetten. »Bücher verändern das Schicksal der Menschen« heißt es zu Beginn dieser Erzählung. So etwa, wenn, wie der Autor erläutert, einem Professor für klassische Philologie fünf Bände der Encyclopaedia Britannica auf den Kopf fallen oder wenn sich einer seiner Freunde bei der Suche nach William Faulkners Roman Absalom, Absalom ein Bein bricht.
Und Bücher können auch, wie es einst der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges formulierte »eine Tür in der Zeit sein« oder eben, wie im Fall von Carlos Brauer als Zuflucht und Haus dienen. Auf jeden Fall bereichern und verschönern sie unser Leben, in welcher Form auch immer. Daran läßt Domínguez in seiner heiteren Hommage an die Welt des Lesens keinen Zweifel.
Titelangaben
Carlos María Dominguez: Das Papierhaus
Berlin: Insel Verlag 2014
89 Seiten. 12.- Euro
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