Kinderbuch | Philip Waechter: Endlich wieder zelten!
Wie verbringen Sie den nächsten Familienurlaub? In den Bergen? Am Meer? In einem Hotel oder einer Ferienwohnung? Ein kleiner Junge freut sich: »Endlich wieder zelten!« ANDREA WANNER freut sich mit.
Wahrscheinlich gibt es im Leben kaum stressigere Phasen, als die des Packens des nahezu kompletten Hausrats für Campingferien mit der ganzen Familie. Nein, ich rede nicht von einem perfekt ausgestatteten Wohnmobil mit Nasszelle oder einen Wohnwagen, wo die notwenigen Küchenutensilien immer schon griffbereit in Schubladen einsortiert sind. Es geht um die Urform des Überlebens in freier Natur: dem Zelten auf einem Campingplatz. Und selbst wenn es Richtung Süden geht und auf Gummistiefel und Friesennerze optimistischerweise verzichtet werden kann, stellt das Packen eine echte Herausforderung dar.
Damit beginnt Philip Waechters Skizze eines Zelturlaubs. Nein, sie beginnt kurz vorher mit einem strahlenden Jungen, der mit der Aussicht auf sechs lange Wochen Ferien jubelnd aus der Schule kommt und sich auf dem Heimweg zur Einstimmung schon mal ein Eis aus der Tüte bei Luigi am Eiswagen gönnt. Und am Nachmittag wird dann das Auto gepackt. Ein optimistischer Papa freut sich: »Es wird herrlich!«. Eine skeptische Mama fragt angesichts der Berge von Zeugs zweifelnd: »Muss das alles mit?«Und wer einen Blick auf all die Zeltstangen, Rucksäcke, Isomatten, Klappstühle, Sandelsachen, Schlafsäcke, Teller und Tassen wirft, versteht ihre Zweifel. Liebevoll hat Waechter alle Utensilien eines Campingurlaubs auf einer Seite arrangiert und beschriftet. Da fehlen weder Klopapier noch Sonnencreme. Ein Erste-Hilfe-Koffer steht genauso parat wie ein Gummihammer. Die Gaslampe und der Sonnenschirm warten ebenso darauf ins Auto verfrachtet zu werden wie eine Lichterkette, Zeugs gegen Zecken und Mücken und der kleine Bruder. Die Seite kann glatt als Checkliste für den nächsten Urlaub herhalten!
Und dann geht es los. In einer Mischung aus ganzseitigen Illustrationen und Comicsequenzen fängt Waechter die unvergleichliche Atmosphäre ein. Vom Stau auf der Hinfahrt samt schlechter Laune, der Ankunft auf dem Zeltplatz, dem elterlichen Zoff beim Zeltaufbau bis hin zu den kleinen Reibereien und den großen Höhepunkten während der Ferien. Nie schmecken Nudeln so lecker wie die Klebespaghetti vom Gaskocher. Nie kommt man Nachbarn so nahe und erfährt so viel Hilfe, wenn beispielsweise bei einem Sturm das Zelt davonfliegt. Nie sitzt man abends so gemütlich beieinander, schaut in den Himmel und sieht Sternschnuppen.
Mit leichter Feder bringt Waechter die kleinen Abenteuer zu Papier, zeigt sich als messerscharfer Beobachter, der schmunzelnd von den Superorganisierten und den Campingchaoten erzählt und alle Bilder mit Details liebevoll ausschmückt. Er fängt den Sommer ein und das wundervolle Feriengefühl, das sich einstellt, wenn der Alltag ganz weit weg ist.
Er schildert den Urlaub aus der Sicht eines Jungen, Tim, spürt den Nuancen des Erlebten nach und zeichnet es unnachahmlich jenseits aller Schönfärberei so wunderbar, wie das einfach nur Waechter kann. Und eigentlich sollte man sofort mit Packen anfangen und sich auf den Weg machen, »in den schönsten Sommer, den man sich nur vorstellen kann.«
Titelangaben
Philip Waechter: Endlich wieder zelten!
Weinheim: Beltz & Gelberg 2015
29 Seiten, 12,95 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren