Halbwaise

Textfeld | Kerstin Fischer: Halbwaise

Nachtspiegelbild.
Unter der gefalteten Haut ist Karst.

Ich versuche, die Knoten in den Rapsfeldern zu lösen
und vertreibe die Schneegeister, die die Hänge meiner Gedanken
spülen. Dann reihe ich die Perlen des Überlebenstriebes
aneinander. Jede Perle ein Mensch, der mir begegnet. Die Abstände sind verwittert.
Ich bin eine Halbwaise auf Mutter Erde. Die Fäden der Verankerung
sind blass, die durch meine Adern schimmern. Ich laufe um das Jenseits herum
und nähe am Saum.

| KERSTIN FISCHER

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Mit stolzgeschwellter Brust nennt er seine Gegenwart Neuzeit, sich selbst kühn einen Homo sapiens und nimmt dennoch die vernichtenden Abläufe nicht wahr.

Wie ist das möglich, Gramner?

Der Mensch kann die Augen schließen, rein physisch, die Lider herunterklappen, Augen zu, und allem Anschein nach ist sein Geist ähnlich eingerichtet, seine Wahrnehmung kann hellwach, doch kann auch auf Null geschaltet sein.

Und wovon soll das abhängig sein?

Das ergibt Sinn, oder? Vor einem Anblick, der ihn quält, schließt er unwillkürlich die Augen, und auch seine Wahrnehmung sperrt sich gegen bestimmte Dinge, er tabuisiert sie.

Er will etwas nicht wahrhaben?

Er neigt dazu, manche Dinge nicht wahrzuhaben, Ausguck, zum Beispiel nimmt er nur in Ansätzen wahr, daß der Planet leidet, die Lebensgrundlagen gehen verloren, er verzeichnet die Symptome, er schweigt sich aus über Ursachen.

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Hört, hört, spottete Crockeye und lachte: Eine charmante Spielerei unserer jungen Freunde.

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Sie können sich das nicht erklären, sagte Farb, nein, sie waschen die Hände in Unschuld.

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