Auf der Suche nach dem Liebestrank

Roman | Emanuel Bergmann: Der Trick

Es gibt sie immer noch, die schlummernden Talente, die lange im Verborgenen gearbeitet haben und deren Entdeckung oft durch Zufälle ausgelöst wird. Mit immerhin 43 Jahren debütiert der in Saarbrücken geborene und seit mehr als zwanzig Jahren in Kalifornien lebende Emanuel Bergmann als Romancier. Zuvor hatte er leidlich erfolgreich für Film und Fernsehen geschrieben. PETER MOHR rezensiert Emanuel Bergmanns Roman Der Trick.

TrickEr präsentiert eine gleichermaßen anrührende wie unterhaltsame Geschichte, die sich zwischen einem Jungen, der um die Ehe seiner Eltern bangt, und um einen verarmten, betagten Zauberer abspielt. Die Liebe zur Magie und Zauberei ist das Bindeglied zwischen den beiden so unterschiedlichen Figuren, deren Lebenswege Bergmann nach gut 100 Seiten zusammenführt.

Da ist der Zauberer Moshe Goldenhirsch, Sohn eines Rabbiners, der es unter seinem Künstlernamen Zabbatini zu beachtlicher Reputation gebracht hat. Während der Nazi-Zeit hat es der stets um sein Leben bangende Jude geschafft, mit seinen Zaubertricks etlichen Menschen das Leben zu retten.

Der elfjährige Max hat Angst vor der Scheidung seiner Eltern, erfährt von einer Nummer, die »Liebeszauber« heißt, und macht sich auf die Suche nach Zabbatini. Der einstige Zauberkünstler lebt in einem Altersheim, sein gesundheitlicher Zustand ist besorgniserregend, und der alte Mosche hat irgendwie mit seinem Leben abgeschlossen. »Ein trauriges Gesicht, gezeichnet von Jahren der Enttäuschung. Er trug ein verblasstes Hawaiihemd und ein Goldkettchen um den Hals, mit einem kleinen Davidstern dran.«

Zabbatini ändert sich schlagartig, als er Max trifft, der ihn um einen kuriosen Gefallen bittet. Der Junge wünscht sich vom Magier einen Liebestrank, der seine Eltern wieder zusammen führen soll. Zugegeben – man muss ein Faible für moderne Märchen haben, um diesem Roman uneingeschränkt zu folgen. Wer sich darauf einlässt, wird belohnt durch ein temporeiches, kunterbuntes Erzählfeuerwerk mit vielen überraschenden Wendungen. Es ist ein liebevoll erzählter Brückenschlag zwischen den Generationen – inspiriert von der wunderbar dargestellten kindlichen Naivität. Max‘ unerschütterlicher Glaube an die Kraft der Magie lässt uns nach der Lektüre verzaubert zurück, angetan von der kindlichen Leichtigkeit des Denkens.

| PETER MOHR

Titelangaben
Emanuel Bergmann: Der Trick
Zürich: Diogenes Verlag 2016
392 Seiten, 22 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Von Meerjungfrauen und anderen Gefahren

Nächster Artikel

Roald Dahl zum 100.

Weitere Artikel der Kategorie »Roman«

Naturbilder in poetischem Hochglanz

Roman | Richard Powers: Das große Spiel Richard Powers ist ein universal gebildeter Zeitgenosse, ein belesener Experte auf dem Gebiet der Physik, der virtuellen Welten, der Neurobiologie und der Ökologie. Dass er überdies auch eine Menge von Musik versteht, hat er in seinem Roman Der Klang der Zeit (2004) unter Beweis gestellt, der zu einem Weltbestseller wurde. Der 1957 in Illinois geborene Schriftsteller, der 2019 für seinen Roman Die Wurzeln des Lebens mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde, ist mit seinem breiten Wissensspektrum stets mehr Essayist als »lupenreiner« Romancier. Von PETER MOHR

Und der Haas endet nimmermehr

Roman | Wolf Haas: Verteidigung der Missionarsstellung Der österreichische Erfolgsautor Wolf Haas kreist in seiner Verteidigung der Missionarsstellung in tantrischer Verzückung um einfache Weisheiten: Im Leben wiederholt sich alles so oft, bis man es durchschaut hat. Sein neuer Roman ist nicht immer ganz zu durchschauen. Aber will dies Haas? Oder zeigt er nicht doch wieder einmal vor allem auf das Absurde in der Welt, fragt sich HUBERT HOLZMANN.

Mörderjagd im Nachkriegs-Wien

Roman | Karl Rittner: Die Toten von Wien

Eigentlich sucht Alexander Baran seit beinahe einem Jahrzehnt nach seiner verschwundenen Schwester Szonja. Da trifft es sich ganz gut, dass der ungarische Adlige, der eigentlich Sandor Baranyi heißt, nach dem Ersten Weltkrieg in Wien und dort bei der Polizei gelandet ist. Als Kommissär, dessen Abteilung »Verbrechen an Leib und Leben« aufzuklären hat, muss er sich aktuell freilich mit seinem Kollegen Florian Meisel um den Fall einer ermordeten Tänzerin kümmern. Bald kommen weitere Todesfälle hinzu. Und auch für die beiden Polizisten wird es immer gefährlicher. Von DIETMAR JACOBSEN

Bei lebendigem Leib in Schrift verwandelt

Roman | Julia Schoch: Wild nach einem wilden Traum

Die 50-jährige Schriftstellerin Julia Schoch hat mit ihrem nun vorliegenden Roman Wild nach einem wilden Traum ihre Trilogie mit dem Untertitel »Biographie einer Frau« zum Abschluss gebracht.  In Das Vorkommnis (2022) begegnete eine Schriftstellerin auf einer Lesung eine ihr unbekannte Halbschwester und in Das Liebespaar des Jahrhunderts steht eine Ehe im Zentrum, die einen emotionalen Zerfall durchläuft. Von PETER MOHR

Zurück in dunkle Zeiten

Roman | Ambrose Parry: Die Tinktur des Todes

Wer unsere heutige Medizin nicht so richtig zu schätzen weiß, der möge diesen Kriminalroman lesen: Experimente, die Gänsehaut erregen, eine Medizin, die in Vielem noch nicht einmal in den Kinderschuhen steckt. Garniert mit Mord und Gift. Rundherum eine geheimnisvolle Geschichte aus alten Zeiten, die BARBARA WEGMANN gelesen hat.