Vom Konzerthaus in der Elbe

TITEL-Textfeld | Andreas Greve: Zeilen mit Reimen vom Konzerthaus in der Elbe

Eine Stadt in Geberlaune:
Hamburg in Geschenk-Ekstase.
Ab und an hört man Geraune:
tausend Euro sind´s pro Nase.

Das sei viel für ein Geschenk,
das man selber zahlen sollte;
ganz besonders eingedenk,
dass man´s so nicht haben wollte.

Denn die Kunst weiß vieles eher
– Menetekel, Menetakel –
als mentaler Frühaufsteher
wird der Dichter zum Orakel.

Sei´n wir dankbar und zufrieden,
bis der erste Riss sich zeigt.
Uns ist reichlich Zeit beschieden,
bis der Glaspalast sich neigt.

Bauten haben absehbare
Schäden an Beton und Stahl.
Bleiben dreißig, vierzig Jahre
Ruhe – und dann schaun wir mal.

Alle Straßen, alle Brücken,
alle Tunnel haben Makel.
Jede Tat kann auch missglücken.
Dafür braucht man kein Orakel.
Dafür braucht die Metropole
… noch mehr Kohle.

Der Saal in der Lagunenstadt
ist sicher, da er Buhnen hat.

Der stinknormalste Shinto-Schrein
will heute gern Konzerthaus sein.

Das ganze Jahr ist Hochsaison
im Kurhotel von de Meuron.
Rein optisch ist das recht verwegen
für Helgoland jedoch ein Segen.

| ANDREAS GREVE

Entnommen aus
| Tausendundeine Elphi. Verse von Andreas Greve zu Bildern von Jürgen Drese
Hamburg: KJM-Verlag 2016
100 Seiten, Hardcover, 18 Euro

Titelbild
| An-d, Sonnenaufgang an der Elbphilharmonie, Farbe, CC BY-SA 3.0

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