Ballermann Welke

Film/TV | Im TV: Heute Show im ZDF (29.09.2017)

Mag ja sein, dass er wirklich mal besser war. Seine Show, auch das ist jetzt einige Jahre her, wurde mit Jon Stewarts ›The Daily Show‹ verglichen. Nun denn, Jon Stewart hat sich zurückgezogen, die Zeiten ändern sich. Von WOLF SENFF

Jon Stewart, wir erinnern uns, organisierte 2010 eine große Demo in den USA, die ›Rally to Restore Sanity‹ gegen die rechtsradikalen Kräfte der Tea Party. Der, von dem hier die Rede sein soll, Oliver Welke, kommentiert Fußball im TV. Oh das ist keineswegs verwerflich, es bringt ein ansehnliches Zubrot und man trifft auf Leute wie Franz Beckenbauer, die es in diesem Land zu etwas gebracht haben.

Ablästern und runtermachen

Oliver Welke ist eben anders gestrickt als Jon Stewart, das ist ja nicht verwerflich, er geht halt mehr ins reine Unterhaltungsfach, er macht auf lustig. Wir würden ihm Unrecht tun, würden wir seine Sendung als politisches Kabarett bezeichnen – die das machen, sind andere, die von ›Die Anstalt‹, und davor waren es Volker Pispers und Georg Schramm.

Witzig ist Welke genaugenommen nicht, zum Witz gehört ja Intelligenz. Oliver Welke ist Komiker und lästert über Leute ab, man könnte sie austauschen, statt Politikern ließen sich Sportler nehmen, Hauptsache im Licht der Öffentlichkeit, und Politik bietet sich da nun mal an, er macht die Politiker runter, mal im Wort, mal im Bild, mal beides, und weil das allein dreißig Minuten nicht füllt, sind Kurzauftritte anderer Komiker eingeschaltet, und auch die lästern ab und machen runter.

Bei Lichte betrachtet

Dieser vom MDR, erinnern Sie sich? Er trägt einen Rautenpullover, ja, er versprüht spröden Charme, einmal war er zu Gast bei Ina Müller, doch er tritt vor allem im MDR auf, und da sollten Sie ihn mal erleben – was er bei Welke absondert, ist noch überwiegend zivilisiert. Er macht sich halt zum Deppen, total, das ist TV-Kultur und mache Leute finden das lustig, so sind sie. Nein, witzig ist das nicht, über andere abzulachen. Aber da zieht Oliver Welke sein Publikum.

Bei Lichte betrachtet und mit nüchternem Verstand, handelt es sich um eine peinliche, schäbige Angelegenheit, Oliver Welke scheut sich nicht, auch mal Ladenhüter wie das Pippi-Langstrumpf-Lied der Nahles aus den Archiven herankarren zu lassen, er ist sich dafür nicht zu fein.

Mal den Verstand einschalten

Okay, okay, auch im Kabarett wird über Politik gelacht – aber eben über Politik. Da werden politische Inhalte, politische Entscheidungen aufs Korn genommen und nicht Politiker verunglimpft. Schon merkwürdig. Was Oliver Welke vor den Kameras veranstaltet – er nennt es ›Satire‹ –, wird in den Schulen als Mobbing sortiert, die Akteure werden zu Anti-Aggressions-Kursen geschickt, einer bewährten Therapie für Verhaltensgeschädigte.

Und sein Publikum johlt und kreischt. Das Publikum ist wichtig, wahlweise Beifall oder Buh-Rufe sind zuvor einstudiert, das Publikum muss mitspielen, im Ernst jetzt, das muss schon passen – denn lustig wäre das gar nicht, wenn das Publikum den Verstand einschalten könnte und ein Gag abgelehnt würde. Da stieße Oliver Welkes Komik an ihre Grenzen. Aber keine Sorge, sein Publikum funktioniert.

| WOLF SENFF

Titelangaben
heute-show (ZDF)
Nachrichtensatire mit Oliver Welke
halbstündig freitags
| Die Sendung in der ZDF Mediathek

2 Comments

  1. Der Welke ist Schauspieler – was er da bringt/moderiert ist wahrscheinlich nicht auf seinem Mist gewachsen sondern mittels Regisseur, Redakteur und ähnlichen Vormündern gemacht. Das infantil johlende, kreischende und „erwachsene“ Publikum ist dabei nur ein zZt aktuelles „Stil“mittel.

    • So läuft es, ja. Und er deckt eben die gesamte Bandbreite von „oberpeinlich“ bis „teilweise witzig“ ab. Vermutlich ist das beabsichtigt. Man kann sich aber auch auf witzige Weise ernsthaft mit Politik auseinandersetzen, und das will er nicht, er setzt halt auf Klamauk und auf Klamotte.

Schreibe einen Kommentar zu Edelbert Hackenberg Antworten abbrechen

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

An Ode To Better Times: New Album Reviews

Nächster Artikel

Erwartungen

Weitere Artikel der Kategorie »Film«

Die Alternativen sind kaum vielversprechend

Film | Japan-Filmfest Hamburg ›Spinning Kite‹ Samstag, 31. Mai, 13:00 Uhr, Metropolis-Kino Mit ›Heavy Metal‹ wird eröffnet, ›Coming of Age‹ heißt das Genre, sein Thema: die Initiation, das Erwachsenwerden. Nach ihrem Gig sitzen Maki, Kido, Jun und Bunji in der Kneipe, das lässt sich gut an. Sie torkeln durch nächtliche Straßen und schlafen auf einem Kinderspielplatz ihren Rausch aus. Nun sind wir neugierig. Von WOLF SENFF

Die Schöne und das »Biest«

Menschen | Zum Tod der Schauspielerin Gina Lollobrigida

»Ich habe das Recht, mein Leben bis zum Schluss leben zu dürfen. In meinem Alter verlange ich nur eines: dass sie mich in Frieden sterben lassen! Den Rummel habe ich zu lange mitgemacht! Jetzt meide ich ihn. Deshalb bin ich so gern in Pietrasanta in der Toskana«, hatte die Schauspielerin Gina Lollobrigida erklärt, die im September wegen eines Oberschenkelhalsbruchs bereits im Krankenhaus behandelt werden musste. Von PETER MOHR

Der junge Mann und der Suff

Film | Im Kino: The Rum Diary Wenn die Namen Johnny Depp und Hunter S. Thompson in einem Satz fallen, denkt die Mehrzahl der Filmfreunde vermutlich sofort an Terry Gilliams schräges Roadmovie ›Fear and Loathing in Las Vegas‹. Dass den stilbildenden Journalisten und Schriftsteller Thompson bis zu seinem Suizid 2005 auch eine enge Freundschaft mit Depp verband, wissen dagegen wohl die wenigsten. Nicht zuletzt diese Freundschaft dürfte einer der Gründe gewesen sein, aus denen sich Johnny Depp so stark für die Verfilmung von Thompsons lange verschollen geglaubtem Roman-Erstling ›The Rum Diary‹ einsetzte. Und so verwundert es kaum, dass Depp neben

Eine schwarze Feder gibt’s aus London

Film | Im TV: TATORT – Großer schwarzer Vogel (RBB), 9. Februar Leicht ist es nicht, darüber nachzudenken, was ein so gewichtiger Titel bedeuten mag. Ein schwarzer Vogel kommt in diesem TATORT genaugenommen kaum vor. Gut, ein paar Mal fliegen Krähen über Land. Eine schwarze Feder taucht überraschend aus London auf. Sonst? Muss man halt drüber nachdenken. Von WOLF SENFF

Bereit für einen ganz besonderen Menschen?

Film | Im Kino (ab 31.10.): Bohemian Rhapsody Was für ein Fest! Queen – ihre Musik sowie ihr außergewöhnlicher Leadsänger Freddie Mercury bekommen mit diesem Film ein Denkmal gesetzt. Mercury widersetzte sich allen Stereotypen und zerstörte bestehende Konventionen. Damit wurde damit einer der beliebtesten Entertainer auf dem Planeten. ANNA NOAH ist gespannt, wie alles begann.