Film | Japan-Filmfest Hamburg ›Spinning Kite‹ Samstag, 31. Mai, 13:00 Uhr, Metropolis-Kino
Mit ›Heavy Metal‹ wird eröffnet, ›Coming of Age‹ heißt das Genre, sein Thema: die Initiation, das Erwachsenwerden. Nach ihrem Gig sitzen Maki, Kido, Jun und Bunji in der Kneipe, das lässt sich gut an. Sie torkeln durch nächtliche Straßen und schlafen auf einem Kinderspielplatz ihren Rausch aus. Nun sind wir neugierig. Von WOLF SENFF
Jun trifft zu Hause ein, die Familie sitzt am Mittagstisch, es ist erst Samstag, Jun hätte in der Schule sein müssen, eine Konfrontation zwischen einer global etablierten Jugend-Popkultur und japanischer Tradition deutet sich an. Doch die Erwachsenen, in ihrem Elternhaus zu höflichem Umgang und zu Zurückhaltung erzogen, sind hilflos angesichts der Direktheit und Aggressivität ihres Nachwuchses, wir erleben dasselbe am Beispiel des Bassisten Mati und seiner Mutter: »You quit the biker gang, didn’t you?«.
»Punk’s dead!«
Das anfangs so vielversprechende Bild unseres punkigen Kleeblatts wird jedoch konsequent entzaubert oder: dekonstruiert bzw. auf die Füße gestellt, eine klassische Erzählung à la des Kaisers neue Kleider kündigt sich an. Und »Punk’s dead!«, so etwas muss sich Jun gar von seiner kleinen Schwester anhören, definitiv, das Leben kennt grausame Strafen.
›Spinning Kite‹ begleitet die vier Protagonisten, das Geschehen ist phantasievoll und originell, man lebt in Kisarazu, einer Satellitenstadt Tokyos. Alle vier ja sind ja anfangs völlig von der globalisiert verbreiteten Pop-Kultur vereinnahmt, sie definieren ihre Ziele ausnahmslos damit und lehnen die traditionelle Lebensweise ihrer Eltern und ihrer Familien schroff ab – diese Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Lebensweisen, auf die man neugierig gewesen wäre, findet in ›Spinning Kite‹ lediglich am Rande statt, als gehässiger Kommentar, als Ausgrenzung, als herablassende Geste oder als Sachzwang – man muss ja schließlich seine Brötchen verdienen.
Die ersten Nasen Rauschgift
Die Jugendlichen entwickeln sich eher unentschlossen, sie ordnen sich unter, lassen die Dinge geschehen nach dem Motto ›Wie das Leben so spielt‹. Lernen sie überhaupt dazu? Man hat den Eindruck, sie tun stets das Naheliegende bzw. das, was ihnen nahegelegt wird, und das ist für sie letztlich nicht gerade ein Kompliment.
Einer von ihnen wird durch Zufall tatsächlich beruflich Musiker und finanziert sich, kaum dass Geld einkommt, seine ersten Nasen Rauschgift, der nächste kann im letzten Moment seiner Mutter das Leben retten, die sich vor ihrem familiären Kummer in den Alkohol flüchtet.
Rosige Aussichten
Nein, das Konfliktfeld, in das sich japanische Kultur begibt, sobald sie mit westlicher Kultur konfrontiert ist, wird durchaus brillant aufgefächert und unterhaltsam dargestellt. Dennoch bleibt ein irgendwie dumpfes Gefühl zurück, der Schluss von ›Spinning Kite‹ kann letzten Endes nicht völlig überzeugen. Die Punk-Jugend endet entweder doch im Schoß der Familie oder bei Drogen? Das sind nicht eben vielversprechende Alternativen irgendwo im Dunstkreis von Selbstmitleid, Rührseligkeit, Kitsch.
Und der spinning kite wird von den nachwachsenden Kids erneut aktiviert, damit alles von vorne losgeht. Allen Ernstes? Das wären dann ja rosige Aussichten. Gut, man kann einwenden, ›Spinning Kite‹ wolle das so zeigen, in erzieherischer Absicht gewissermaßen, und letztlich schiele er mit unverkennbar verächtlichem Blick auf seine Protagonisten, darin sei er konsequent. Doch erfreulich wäre auch das nicht.
Titelangaben
›Spinning Kite‹
Regie: Satoshi Kase
OmeU, 112 Minuten
Samstag, 31. Mai, 13:00 Uhr, Metropolis-Kino
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