»Badaboom!«

Bühne | Musik: VAN CANTO

Es ist Zeit für die nächste Tour! Das sagten sich die Bandmitglieder von VAN CANTO und zeitgleich mit dem Release des mittlerweile siebten Albums ›Trust in Rust‹ präsentieren sie sich auf der Bühne stärker denn je. Ob das am neuen Frontmann liegt? ANNA NOAH ist überrascht, wie viel Kraft in A-cappella-Metal steckt.

Die Band singt an diesem Abend querbeet Songs aus verschiedenen Alben. Dieses Konzept gibt Fans die Chance, bekannte Lieder mitzusingen; Neulinge hingegen bekommen einen guten Überblick über ihr bisheriges Schaffen.

Die Vorbands – Trust oder Rust?

Zwei Vorbands läuteten das Programm der aktuellen Konzertreise von VAN CANTO ein. Zuerst kamen MoonSun auf die Bühne – hinter dem asiatisch angehauchten Titel verbirgt sich ein Akustik-Duo aus Kaiserslautern. Einzig über eine Gitarre und eine Loop Station werden eine gesamte Band simuliert Sie erschaffen eine bedeutsame Atmosphäre, gekennzeichnet durch die klassische, weibliche Mezzosopranistin in Kombination mit der tiefen männlichen Stimme des Gitarristen. Highlight ihres Auftritts war das Skyrim-Cover ›The Dragonborn comes‹ zusammen mit »VAN CANTO«-Sänger Jan Moritz.

Als zweite Vorband spielte die Power-Metalband Evertale. Alle drei Gitarristen zeigten sich in bester Spiellaune und schmetterten dem Publikum opulente Töne entgegen. Die Fans des pompösen Power-Metals dürften auf ihre Kosten gekommen sein. Teilweise spielten sie allerdings lauter, als der Gesang mithalten konnte. So blieb alles leider wenig einprägsam und für Neulinge eher uninteressant. Geradezu unübersichtlich wurde es, als die Tempi der Songs von mittelschnell bis schnell wechselten, sich dabei aber so ähnelten, dass man ohne Ansage kaum Übergänge bemerkt hätte.

Volle Stimmpower

Anschließend kam der Hauptact auf die Bühne. Nach einer kurzen Einführung des neuen Sängers Hagen Hirschmann ging es los. Mit der Vorband konnten es die Stimmen der Sieben locker auch ohne Instrumente aufnehmen. Den Anfang machte ›To sing a metal song‹, gefolgt ›Neverland‹ aus dem neuen Album, ›Badaboom‹ aus einem älteren Album und ›The Bardcall‹ sowie ›Dragonwake‹ aus ihrem Konzeptalbum.

Spätestens hier kannten die langjährigen Fans kein Halten mehr. Über altbekannte und beliebte Songs wie ›To the mountains‹ ging es dann über ›Desert Snake‹ und anderen zum einzigen deutschen Lied im Repertoire ›Neuer Wind‹. Zu dem Zeitpunkt war das Publikum restlos überzeugt. Nach einem weiteren neuen, erstaunlich ruhigen, Song ›Heading Home‹ verabschiedete sich die Band.

Der Zugabenblock wurde mit dem AC/DC – Cover‹Hells Bells‹ eröffnet, gefolgt vom traditionellen ›The Mission‹ – dieser Song brachte VAN CANTO vor ein paar Jahren den großen Durchbruch und darf seither auf keinem Konzert fehlen.

Van Canto

Zum Abschluss des Events gab es die unsterbliche Iron Maiden-Hymne ›Fear of the dark‹. Das Stück wurde trotz vorangeschrittenem Bühnenabend mit viel Hingabe präsentiert und war ein würdiger Abschluss des Konzertes.

Rostiges Stimmchen? Aber nicht doch!

Hagens angeraute Stimme ähnelt in keiner Weise der seines Vorgängers Philip Dennis Schunke (Sly). Anfangs denkt man, die Stimme könne sich keinesfalls harmonisch in den Bandsound einfügen, geschweige denn überhaupt dazu passen. Daher dürfte der Neue für die meisten Fans auch eine Art Experiment darstellen. Ob sich der neue Albumtitel davon ableitet (vertraue in Hagens Stimme)?

Eins aber ist klar – er hat neben Inga, Stefan und den anderen äußerst viel Bühnenpräsenz. Und er kann Leute mitreißen. Das Konzert zeigte brillante Stücke, von denen einige durch Hagens Performance noch besser wirkten. Und das schlug sich schnell auf die Atmosphäre nieder. Anfangs eher skeptische Zuschauer tanzten bald mit den eingefleischten Fans mit oder lauschten gebannt den Geschichten, die die Songs erzählten.

VAN CANTO haben bewiesen, dass sie eine absolute Live-Band sind. Sie schaffen es in kürzester Zeit, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Wenn man die Augen schließt, vergisst man schnell, dass sämtliche Klänge ausschließlich durch die Kraft ihrer Stimmen erzeugt werden.

Hagen Hirschmann hat seine Feuertaufe bestanden. Er ist ein robuster und dynamischer Neuzugang, der die Band auf seine Weise bereichert und neu facettiert.

| ANNA NOAH
| Fotos: ANNA NOAH

Konzertangaben
Van Canto (Napalm Records)
Band:
Lead-Stimmen: Hagen Hirschmann; Inga Scharf
Weitere Stimmen: Stefan Schmidt; Ross Thompson
Jan Moritz; Bastian Emig; Ingo Sterzinger

Reinschauen
| Interview mit VAN CANTO Sänger Stefan Schmidt in TITEL kulturmagazin

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Der Mann, der vom Himmel fiel

Nächster Artikel

Flugzeuge in der Scheune

Weitere Artikel der Kategorie »Live«

Die letzte Rockband – Welcome to the Jungle

Musik | Ottar Gadeholt über die mythologische Seite von Guns N’Roses (Teil II) Der Beginn von ›Welcome to the Jungle‹ ist zu recht berühmt: der zerhackte Einzelton, der mehrmals wiederholt und dabei stets schwächer wird, wie ein Schritt, der zwischen den Hausmauern hallt; ein neuer Versuch, etwas stärker und sicherer, und daraufhin eine Kaskade fallender Töne, jedoch mit dem ersten Einzelton als Beginn jeder Folge (Laut eines Gitarrenbuchs, das ich mal gekauft habe, werden die Folgen mit einer Echopedale gespielt, wenn man aber ein wenig geübt hat, ist es vollkommen möglich, wenn auch nicht ganz einfach, sie auch ohne zu

Der perfekte Moment

Bühne | Konzert: Max Raabe Max Raabe, neulich erst zur »fahrradfreundlichsten Persönlichkeit 2019« gekürt, tourt derzeit unter dem Titel seines jüngsten Albums ›Der perfekte Moment … wird heut verpennt‹. Mit dabei seine Klassiker: ›Kein Schwein ruft mich an‹ oder ›Küssen kann man nicht alleine‹, natürlich im Stil der 1920er und 1930er Jahre. Diese Lieder brachten ihm internationalen Durchbruch. Auf der Bühne begeistert er mit Satire und Wortwitz, jedoch auch mit einzigartigem Raabe-Charme. ANNA NOAH staunt über eine vielseitige Darbietung.

Das sind die Bretter, die die Welt bedeuten!

Bühne | Mikro-Musical am Altonaer Theater Hamburg »Und nimm‘ jetzt auch mal bitte die Hand von meinem Knie, ich bin zweimal so alt und stehe nicht auf Päderastie!« »Madame, was die Zahl der Jahre angeht, das sag‘ ich einfach mal, das ist mir so was von schnurzpiepscheißegal!« Als Delio bei einem Casting auf seine frühere Lehrerin trifft, flammen nicht nur alte Gefühle wieder auf. Ein hochamüsantes Duett über die Liebe zum Leben und zur Bühne. Aber Vorsicht: Hier bleibt kein lachendes Auge trocken. Von MONA KAMPE

Affe – Blau zu schwarz

Bühne | ›Affe‹ in der Oper Neukölln Frei nach dem Motto »Guten Morgen Berlin, du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau. Du kannst so schön schrecklich sein, deine Nächte fressen mich auf…« gehen die Zuschauer zusammen mit dem jungen Berliner »F.« auf einen Trip der besonders heftigen Art. ANNA NOAH ist gespannt, wie viel urbanes Lebensgefühl in der Theater-Adaption von Peter Fox’ Album »Stadtaffe« steckt.

Bigmouth Strikes Again: Morrissey Live In Belfast!

Music | Bittles‘ Magazine: The music column from the end of the world In Belfast we are somewhat starved of concerts by people you would actually pay money to go see. Local ›talent‹ and terrible tribute bands seem to make up the majority of the gig-goer’s choice here. And, when someone does decide to make the short trip over the Irish sea it tends to be people like McBusted or Nicki Minaj who aren’t going to excite anyone over the age of twelve. By JOHN BITTLES