Menschen | Nachruf auf den Schauspieler Luke Perry
Der Schauspieler Luke Perry verstarb am 4. März unerwartet an einem Schlaganfall. Für viele Teenies war er in den 90ern das Idol schlechthin. MONA KAMPE blickt 19 Jahre zurück. Ein ungewöhnliches Briefporträt
»Liebes Tagebuch! Beverly Hills [, 90210] war echt cool, vor allem der süße Brandon oder Dylan.« Als ich diesen Eintrag aus dem Jahre 2000 fand, musste ich etwas schmunzeln. Ich sehe das 13-jährige Mädchen mit den kurzen Haaren und der Brille, wie es gebannt nachts vor dem Fernseher sitzt, um heimlich VHS-Aufnahmen ihrer Lieblingsserie zu schauen. Es ist fasziniert von der heilen Scheinwelt der Charaktere aus Hollywood, dem Zusammenhalt der coolen Kids, die alle ihre Problemchen haben, aber sie gemeinsam bewältigen.
Mittendrin ist ein heißer Typ, geheimnisvoll, unnahbar, anders. Er fährt einen Porsche, umgibt sich aber nicht mit Menschenmassen, sondern liest Byron, während er seinen neuen Kumpel von einer Party abholt. Sein Name ist Dylan McKay und er wird zahlreiche Mädchenherzen brechen.
Das ist die Rolle, die Luke Perry Anfang der 90er Jahre weltweit berühmt macht. Er mimt den einsamen, reichen Surferboy, von seinen Eltern vernachlässigt, an dem späteren Tod seines Vaters und seiner Frau verzweifelt mit Drogen und Alkohol. Seine Freunde retten ihn und er rettet sie – in dem Jungen steckt eine aufrichtige Haut, ein Außenseiter, der alle – vor allem Frauen – in seinen Bann zieht.
Der Arbeiterfamilienjunge aus Mansfield, Ohio jobbt zunächst im Stahlwerk, bevor er in den 1980ern nach Los Angeles geht, um an Castings teilzunehmen. Er erhält nur ein Engagement, bevor er 1990 in der Rolle des Dylan McKay in der Hitserie ›Beverly Hills, 90210‹ zum Idol zahlreicher Teenager wird. Er ist der Rebell mit den strahlenden Augen und der kleinen Narbe über der Augenbraue, der Bad Boy, gefeiert als neuer James Dean.
Obwohl Perry während seiner ›90210‹-Auszeit von 1995 bis 98 in namenhaften Filmen wie ›Das fünfte Element‹ und ›Buffy – Die Vampirjägerin‹ spielt und nach dem Ende der Soap Opera 2000 zahlreiche Gastauftritte in ›Will & Grace‹ und weiteren Serien hat, sowie Regie führt, bleibt das Image, das ihn berühmt machte, an ihm haften. »I’m going to be linked with him until I die, but that’s actually just fine«, sagte er einst bewusst. »I created Dylan McKay. He’s mine.« Er willigt sogar ein, bei der Ende Februar groß angekündigten Neuauflage der Serie im Sommer 2019 mitzuwirken, weil er die Arbeit mit seinen ehemaligen Kollegen sehr schätzt.
Ein Platz zum Träumen
Wer bitte ist Dylan? Diese Frage stellte mir just meine 17-jährige Nichte, der Luke Perry nur als Fred Andrews in der Netflix-Serie ›Riverdale‹ bekannt ist. Sie bewundert ihn als Vaterfigur, die er für die Teenager in der Show darstellt, fürsorglich und engagiert. Es scheint, als wäre er dabei gewesen, ein neues Image für eine neue Generation von jungen Menschen zu schaffen. Vielleicht eines, das die Eltern nicht in den Wahnsinn treibt.
Egal ob Dylan oder Fred, Luke Perry ist es als Schauspieler gelungen, Heranwachsenden wie mir einen Platz zum Träumen zu schaffen, eine Akzeptanz für aneckende Persönlichkeiten und ihre Entfaltung bzw. Identitätsfindung, einen Raum für Verständnis. Denke ich heute an das einstige Fanposter an meiner Wand, von dem er nachdenklich herablächelt, sehe ich ein Klischee, aber ein schönes, denn es ist Teil davon, wer ich heute bin.Ich bin und werde Luke Perry niemals begegnen, wie ich es mir damals in meinem Tagebuch wünschte, aber die zahlreichen emotionalen Reaktionen seiner Familie, Kollegen und Freunde auf seinen plötzlichen Tod nach einem schweren Schlaganfall am 4. März mit nur 52 Jahren zeigen mir, dass er ein Mensch war, der geliebt und geschätzt wurde. Er hat sie geprägt und ein Vermächtnis hinterlassen, als Darsteller sowie als Person. Das ist etwas, das sich jeder von uns wünscht.
Darum lautet mein Eintrag heute wie folgt: Lieber Dylan, danke, dass du mir meine Teenagerzeit versüßt hast. Lieber Fred, danke, dass du meiner Nichte eine Vaterfigur schenkst. Dear Luke, here’s to a job well done!
| MONA KAMPE
| Titelfoto: Gage Skidmore, Luke Perry by Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0