Comic | Katharina Greve: Die dicke Prinzessin Petronia
»Die dicke Prinzessin Petronia« ist Thronfolgerin in spe – und trotzdem deutlich unbekannter als der von ihr gehasste Kleine Prinz. Katharina Greve hält ihren Alltag auf dem wohl kleinsten Planeten des Alls in reduzierten Strichen fest – und entfesselt unendliche Weiten an trockenem Humor. Von CHRISTIAN NEUBERT
Der kleine Prinz? »Ein Schleimer«. Sagt jemand, der das wissen muss: Seine Cousine Petronia. Prinzessin Petronia. Die mit dem Vorrecht auf den Thron, die aber trotzdem keiner kennt. Weil er einfach so süß ist, ihr kleiner Cousin, und obenauf ständig kalenderspruchtaugliche Phrasen drischt, und sie… naja, halt nicht Sie ist immer grantig, ist stämmig mit Tendenz zu bullig, so richtig, mit nach vorn geschobener Stirn, wenig einladender Körperhaltung und misstrauischem bis grimmigem Blick.
Von der Inanspruchnahme des Throns ist Petronia weit weg. Ihre Mutter, Königin Petrolia I. höchstselbst, hat sie sozusagen ausgelagert – auf einem winzigen Steinklumpen von einem Planeten. Weil »der Palast – zu eng. Aber das All: Unendliche Weiten«, um´s mit Petronias Queen Mum zu sagen.
Die Welt ist klein
»Herrschen« sinniert Petronia, ist merkwürdigerweise ein schwaches Verb. Das einzige, was auf ihrem Planeten herrscht, ist Langeweile. Für die Leser*innen kommt die allerdings nie auf: Die One Pager, mit denen Katharina Greve Petronias zwangsläufig abenteuerarmen Alltag festhält, sind humorvolle Bestandsaufnahmen der Tristesse. Das urkomische Potential entfaltet der Comicband durch den melancholischen und zornigen, aber auch belesenen und schlauen Blick, mit dem Petronia die Welt sieht. Nix also mit »man sieht nur mit dem Herzen gut«: »Mit der Lupe sieht man besser.«
Futter für die altklugen Weisheiten und die geistreichen Rants der dicken Prinzessin liefern dabei nicht nur Sonne, Mond und Sterne, sondern die Unwägbarkeiten des Universums: Entwickeln sich die Einzeller, mit der sie sich den Planeten teilt, in einigen Jahrmillionen vielleicht zu feindseligen Geschöpfen? Mit welcher Wucht muss sie einen Stein ins All schleudern, damit er als Mond ihren Planeten umkreist? Daneben birgt auch das konfliktgeladene Mutter-Tochter-Verhältnis, das sich in Geschenken und Ausflügen offenbart, ungeahntes Lachpotential. Es ist schlicht Greves trockenhumoriger Einfallsreichtum, der den Band über alle Seiten hinweg trägt, ohne dass sich die übersichtliche Grundkonstellation erschöpft.
Unendliche witzige Weiten
Die reduzierten, klar umrissenen Zeichnungen leisten dazu ihr Übriges. Greves grantige Heldin besteht aus wenigen schwungvollen Linien, die alles an Ausdruck bergen, was sie an Emotionen draufhat: Wut, Ärger, Neid, Schwermut. Das mit wenigen Farben flächig kolorierte Endergebnis steht der Strip-Reihe so gut wie durchschnittlich süßen Prinzessinnen die von Petronia gehassten rosa Rüschenkleidchen.
Übrigens darf man eventuell gar mit einem Nachfolgeband rechnen. Schließlich erscheint die Comic Strip-Serie nach wie vor im Magazin ›Das Magazin‹. Was man ihr wünscht? Das, was man dem All unterstellt: Unendlichkeit.
Ein Interview, das Christian Neubert mit Katharina Greve auf dem Comic-Festival München führte, erscheint nächste Woche.
Titelangaben
Katharina Greve: Die dicke Prinzessin Petronia
Berlin: Avant-Verlag 2019
104 Seiten. 20 Euro
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