Wärmende Wohltaten

Sachbuch | Seelenwärmer Suppen

Suppen hatten schon immer das gewisse Etwas, vielleicht liegt es ja daran, dass man eine Suppe langsamer isst, als das Tellergericht: Die Suppe ist heiß, man pustet, man inhaliert Gewürze und Essenzen, der Duft fördert Appetit und Hunger. So werden sie viel eher als jedes noch so wunderbare Gericht zu Seelentröstern und »Seelenwärmern«. BARBARA WEGMANN erinnert sich und blättert sich gleichzeitig durch über 60 schmackhafte Rezepte.

Seelenwärmer SuppenGerade letzte Woche sagte mir ein ganz lieber Mensch, ich solle unbedingt eine Hühnersuppe essen mit meiner Erkältung. Das tat ich und es ging mir besser als die warme Suppe sich wohlig in mir ausbreitete und ich mich dabei an meine Großmutter erinnerte, die auch stets eine Suppe, manchmal »nur« eine Bouillon mit »Fettäugelchen« und Nudeln abends für mich hatte.

Suppen, sie sind Alleskönner: als Eröffnung für ein köstliches Menü, als Schnellgericht zwischendurch, als »Resteverwerter« für all das, was im Gemüsefach schlummert oder als Kreation und Komposition voller Düfte, Aromen, Würzigkeit und Wohlgerüchen. Eine Suppe erfordert meist nur einen »minimalen Aufwand«, lässt sich in der Regel gut einfrieren und ist oft relativ einfach zubereitet.

Das 144-seitige sehr schön aufgemachte Buch birgt Suppenschätze, die relativ bekannt sind, wie zum Beispiel die Karotten-Kürbis-Suppe mit Ingwer und Orangen, mit »wärmender Schärfe und seidig- cremiger Konsistenz.« Natürlich kennt man auch die Französische Zwiebelsuppe, eine Linsen-Speck-Suppe, oder eine Minestrone, was für ein Genuss. Aber dann sind da die kleinen Tricks, wer gibt unbedingt Kokosmilch an eine Blumencremesuppe? Oder Fenchel und Pastis an eine Meeresfrüchtesuppe mit Rouille?

Oder Kaffirlimette an eine Frühlingshühnersuppe?

Neben also Bekanntem, hier und da raffiniert verfeinert, hat das Buch viele ausländische Suppen zu bieten. Aus der malaysischen Küche etwa, Vietnam, Marokko, Thailand oder Japan. Ein kurzer Antext sorgt für Besonderheiten, Herkunft oder schildert ein Stückchen Hintergrund: London Particular – der Name dieser leckeren Suppe aus Erbsen »bezieht sich nämlich auf den dichten, grünlichen Nebel, – ursprünglich als Erbsensuppe, später als ›London Particular‹ bezeichnet – unter dem die Stadt seit Beginn der Industrialisierung im späten 18. Jahrhundert bis zur Einführung des Luftreinhaltegesetzes 1956 oft zu leiden hatte.«

Einfache Suppen, deftige, leichte, feine Suppen, Cremesuppen und vor allem eine kleine Basic-Schulung, was Fonds angeht. All das bietet das Kochbuch mit attraktiven Rezepten. Ich habe mich heute Abend für die Lauch-Kartoffel-Cremesuppe mit Schinken entschieden. Es geht mir wieder besser, dank der Hühnersuppe, also Zeit, mal ein weiteres Rezept auszuprobieren. Und wer weiß, vielleicht finde ich ein Haar in der Suppe, bin verliebt, weil ich sie versalze, muss sie auslöffeln, wenn sie nicht gelingt, aber eines weiß ich nach der Lektüre dieses Buches genau: Alles einmal auszuprobieren, das ist so gut, wie das Salz in der Suppe.

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Seelenwärmer Suppen
Über 60 Rezepte zum Wohlfühlen
Mönchen: Verlag Dorling Kindersley 2019
ISBN: 9783831038442
16, 95 Euro

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Das Vergehen der Zeit

Nächster Artikel

Zwei Flugzeuge

Weitere Artikel der Kategorie »Sachbuch«

Wider die Hysterisierung der Trübsalafisten

Gesellschaft | Behnam T. Said: Islamischer Staat Am 29. Juni 2014 rief ein gewisser Abu Bakr al-Baghdadi, Chef einer Terrormiliz namens »Islamischer Staat«, ein neues Kalifat und sich selbst zum emir al-mu’minin, Führer aller Gläubigen, aus. Nach intern-islamischer Verabredung ist das zwar ein Ding der Unmöglichkeit, und bisher fällt dieser »IS« auch vor allem als kriminelle Vereinigung zum Zwecke des Raubens, Mordens und Brandschatzens auf. Aber er kann mit modernstem Equipment aus den erbeuteten Arsenalen gestürzter Tyrannen und gewieften Militär- sowie Medienstrategen für virale Propaganda punkten. Das brachiale Gebräu aus salafistischer Avantgarde-Archaik und digitaler Cleverness lockt junge Männer zwischen 18

Endlos weit und tief

Sachbuch | Wilder Atlantik

Ein sehr gewichtiges Buch ist es, ein schwerer Bildband, der mit nimmt auf eine besondere Reise: Besucht werden jene Orte Europas, an denen Land auf Atlantik trifft. Auf jenes zweitgrößte Meer, das 20 Prozent der Erdoberfläche bedeckt, und »die Alte von der Neuen Welt trennt«. BARBARA WEGMANN hat darin geblättert.

No net hudla!

Kulturbuch | Adrienne Braun: Mittendrin und außen vor: Stuttgarts stille Ecken S21, öde Stadtautobahnen und überdimensionierte Shopping-Malls – die schwäbische Hauptstadt glänzt nicht unbedingt als Paradies der Kontemplation. Doch in ›Mittendrin und außen vor‹ blickt Adrienne Braun durch die Brille einer Kolumnistin auf ›Stuttgarts stille Ecken‹. Ja, die gibt es tatsächlich! Von INGEBORG JAISER

Ah! jetzt! ja! Ah! jetzt! ja!

Sachbuch | Alastair Brotchie: Alfred Jarry. Ein pataphysisches Leben Pataphysik ist ein Thema mit doppeltem Boden, mindestens. »Die Schmerzen in Ihrem linken Schultergelenk«, diagnostiziert die Ärztin, »sind altersbedingt.« – »Unmöglich«, widerspricht der Patient, »die rechte Schulter ist doch ebenso alt und sie tut nicht weh.« Hm. Oder anders: Weshalb bleibt ausgerechnet die Teekanne, die seit Jahren einen Sprung hat, länger heil als diejenige, die die ganze Zeit lang immer heil war? Diese Art Fragen treiben uns um. Von WOLF SENFF

Eine jüdische Lebenswelt

Sachbuch | Julius H. Schoeps: Dorothea Veit/Schlegel. Ein Leben zwischen Judentum und Christentum

Brendel Mendelssohn, die später Dorothea Schlegel hieß, zählte zu den bekanntesten Schriftstellerinnen und Literaturkritikerinnen der deutschen Romantik. Aber nicht nur ihr Werk, sondern auch ihr Leben und ihre Verbindung zu Friedrich Schlegel sorgten damals für Aufsehen. Der Historiker, Publizist und Vorsitzende der Moses Mendelssohn Stiftung Julius H. Schoeps hat eine feine, kleine Biographie über diese besondere und bemerkenswerte Persönlichkeit geschrieben. BETTINA GUTIERREZ hat ihn hierzu befragt.