Kinderbuch | Nele Brönner: Zitronenkind
Schon Heinz Erhardt hat die heimlichen Wünsche der Zitronen herausgefunden: »Wir Zitronen, wir wollen groß sein wie Melonen! Auch finden wir das gelb abscheulich, wir wollen rot sein, oder bläulich!« Und jetzt erzählt Nele Brönner von einem Zitronenkind, das auch seinen ganz eigenen Kopf hat. ANDREA WANNER hat Spaß daran.
Toni ist genervt von der Gelbwerderei seiner zahlreichen Geschwister. Statt sich wie eine gute Zitrusfrucht der Sonne auszusetzen, gelb zu werden und zu reifen, versteckt er sich missmutig im Schatten der Zitronenbaumblätter. Klar, die anderen necken und verspotten ihn, er bleibt dabei: Sollen die doch gelb werden, er nicht. Und als die gelben Früchte dann mutig vom Baum springen, um sich in das große Abenteuer zu stürzen – bleibt er einfach hängen. Erleichtert, dass endlich Ruhe eingekehrt ist. Aber ist das wirklich das, was er will?
Nele Brönner entführt uns in eine märchenhafte Welt. Der Lieblingsexot für Terrasse und Balkon wächst hier in seiner natürlichen Umgebung, als großer Baum – der immerhin bis zu sechs Meter hoch werden kann: Klar, dass die Zitronenkinder da echte Courage für den Absprung brauchen.
Brönner konzentriert sich zunächst ganz auf das Geschehen im Baum. Seine Laubblätter mit der ovalen Form und dem spitzen Ende, dazwischen die rosa gefärbten Blütenknospen, die sich je nach klimatischen Bedingungen das ganze Jahr entwickeln, bilden die Kulisse für das wilde Treiben der kleinen Zitronen. Sie sind ganz schön frech und machen ihre Unbeweglichkeit durch eine große Klappe wett.
Blau- und Grüntöne dominieren die auf den ersten Blick fast ornamental anmutenden, meist doppelseitigen Bilder. Was Tusche und Buntstifte so erstaunlich leuchten lässt, sind die zwei mitgedruckten Sonderfarben, neongrün und neongelb, die für eigenwillige Effekte sorgen. Jedes Zitrönchen hat eine lange spitze Nase, zwei lange, spindeldünne Ärmchen und ebensolche Beinchen. Sympathische kleine Wesen, die ihre Bestimmungen zu kennen scheinen. Missmutig guckt bloß der Grüne, Toni.
Aber eigentlich entdecken wir auch schon auf dem wunderschönen Cover ein kleines Kerlchen, das von innen heraus zu leuchten scheint. Die anderen Zitronen, die mit ihren wedelnden Gliedmaßen vor dem Absprung wie kleine Sonnen aussehen, scheinen ihm gar nicht so unähnlich zu sein. Oder er ihnen.
Eigensinn und Individualismus, Ziele und Träume, Wünsche und Ängste – all das schwingt in Neles Brönner fantasievoller Geschichte mit, auf eine unaufdringliche Art. Denn eigentlich geht es ums Erzählen einer ganz eigenen Geschichte, mit Bildern und Worten. Und wo die dann endet, wo Toni landet, ist eine Überraschung, auf die sich alle am Ende des Buchs freuen können.
Titelangaben
Nele Brönner: Zitronenkind
NordSüd Verlag 2020
32 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
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