Roman | Antti Tuomainen: Klein Sibirien
»Ich fahre früh am Morgen auf einem Schneemobil eines Toten, in einem entlegenen Dorf im Osten Finnlands, ich blute heftig, meine Frau wurde entführt.« Halt, halt, das spulen wir jetzt noch einmal auf Anfang und folgen diesem so erfolgreichen finnischen Autor Antti Tuomainen in einen abgelegenen Ort, der urplötzliche Berühmtheit erreicht. BARBARA WEGMANN erzählt die ganze Geschichte – von Anfang an.
»Bremsen ist etwas für Amateure«, sagt sich der ehemalige, abgehalfterte Rennfahrer Timi Tarvainen, tritt das Gaspedal durch, und da passiert es: etwas schlägt mit Karacho in sein Auto ein.
»Ihm ist durchaus klar, dass im Wagendach ein riesiges Loch klafft. Auch der Beifahrersitz ist durchlöchert.« Ein Meteorit, 4 Kilo schwer, hat sich in seinem Wagen eingenistet. Milliarden von Kilometern habe er zurückgelegt, um »genau an diesem Ort zu landen«. Was für ein Ereignis in dem kleinen, verschlafenen 1280 Seelen Dorf Hurmevaara.
Eine so absurde, witzige und amüsante Geschichte kann sich nur jemand ausdenken mit viel Humor und dem Sinn für schräge Ereignisse. Und den hat der knapp 50jährige Finne, nicht nur im eigenen Land höchst erfolgreich. Schnörkellos schreibt er, kurze, klare Sätze, manchmal wie im Stakkato, mit schönen Beschreibungen, der hohen Kunst des literarischen Fabulierens gibt er sich nicht ab, kurz und knapp, präzise und plakativ, das ist schon eher sein Motto. Und das kommt bei der Krimigeschichte aus dem hohen Norden richtig gut.
Seine Art zu schreiben dürfte gerade den Stil der jungen Leserschaft treffen. Der »ziemlich coole Pfarrer« Joel Huhta wird auf 320 Seiten sozusagen zum Paten des Meteoriten, der im dörflichen Militärmuseum zunächst unter Bewachung steht, dann nach Helsinki gebracht und schließlich im Londoner Weltraumlaboratorium untersucht werden soll.
Ach ja, nicht vergessen sollte man die Kleinigkeit, dass der Wert dieses kleinen Himmelsgeschenks auf rund eine Million Euro geschätzt wird. Klare Sache, dass die Bewohner des Ortes ins »Meteoritenfieber« katapultiert werden und für die Bewohner natürlich Außerirdische und Ufos mit im Spiel sind. »Die Liste derjenigen, die dieses Ding haben wollen wird länger, je kürzer seine Verweildauer ist.«
Herrlich schräge Charaktere umspielen die Geschichte rund um die schwierige Frage nach dem 6. Gebot: »Du sollst nicht stehlen!« Aber natürlich sind die »Wege des Herrn unergründlich« und ganz in der Manier von Pater Brown wächst auch Joel über sich hinaus und versucht, die Oberhand zu behalten. Gar nicht so leicht, wird schließlich auch noch zu alledem seine geliebte Frau Krista entführt. Und da gibt es deutliche Worte: »Bleib weg vom Museum. Dies ist die letzte Warnung! Halte dich daran«.
Titelangaben
Antti Tuomainen: Klein Sibirien
Hamburg: Rowohlt Verlag 2020
320 Seiten, 20 Euro
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