Jugendbuch | Kenneth Oppel: Bloom
»Die USA beschuldigt China und China beschuldigt die USA. Und alle beschuldigen Nordkorea, weil sie immer so heimlichtuerisch sind. Und der Nahe Osten beschuldigt Leute…« Nein, wider Erwarten dreht sich dieses Jugendbuch nicht um die Corona-Pandemie. ANDREA WANNER hat sich – trotz Corona – auf das Buch eingelassen.
Okay, eines vorab: wer sich gerade mit der aktuellen Situation schwertut, sollte vielleicht lieber etwas anderes lesen als den ersten Teil von Kenneth Oppels Trilogie. Wer mit BLOOM und dem leuchtenden Grün den Frühling in Zusammenhang bringt, wird schnell merken, dass er in der falschen Geschichte gelandet ist.
Der Untertitel warnt vor: Die Apokalypse beginnt in deinem Garten. Die kleinen schwarzen Triebe, die sich auf dem Cover rund um des Schriftzug ranken, lassen ebenfalls nichts Gutes vermuten. Ja, es klingt nach Weltende…
Im Mittelpunkt der Story stehen Anaya, Petra und Seth. Anaya und Petra sind allergiegeplagt. Seth hat ein ganz anderes Problem. Die drei besuchen die gleiche Schule, Anaya und Seth eher als Außenseiter, Petra als beliebte Schülerin. Und eines Tages regnet es. Petra, die an aquagener Urtikaria, einer Form der Nesselsucht, die nach Kontakt mit Wasser auftritt, leidet, kann ihr Glück kaum fassen: Dieser Regen macht ihr nicht aus, kein Ausschlag breitet sich auf der Haut aus, nichts.
Dem Regen folgen merkwürdige Pflanzen: schwarzes Gras, das mit einer unheimlichen Geschwindigkeit wächst und gegen dessen Pollen die Menschen mit schrecklichen Allergien reagieren. Alle bis auf Anaya, Petra und Seth. Warum sie nicht? Diese Frage stellen sich nicht nur die drei, die plötzlich in einer Art Notgemeinschaft zusammenfinden. Diese Frage stellen sich auch Wissenschaftler, die unbedingt herausfinden wollen, was an den Freunden anders und besonders ist.
Oppel versteht sein Handwerk. Er erzählt routiniert und packend, überschreitet gelegentlich die Grenzen zum Horror, sorgt an anderen Stellen durch humorvolle Szenen und Dialoge auch wieder für Entspannung. Gute Nerven braucht man beim Lesen trotzdem. Vielleicht geht es im letzten Drittel des Buches ein bisschen zu schnell. Aber was bleibt, ist die verblüffende Erkenntnis, dass vieles von dem, was wir gerade erleben, hier schon beschrieben ist.
»Es kann nicht schaden, ein paar Vorräte anzulegen«, mein Petras Mutter und packt Lebensmittel in den Einkaufswagen. Der fast leere Parkplatz vor dem Supermarkt hat sich nach ihrem Einkauf gefüllt, die meisten Menschen sind mit Masken unterwegs, um sich gegen die umherfliegenden Pollen zu schützen. Allergiemittel sind ausverkauft, es herrscht eine »allgemeine Weltuntergangsstimmung«. Der nationale Notstand wird ausgerufen, weltweit leiden Millionen von Menschen an schweren Allergien gegen die seltsamen Pflanzen: »Asthmaanfälle, Bronchitis, Lungenentzündung, manchmal mit tödlichem Ausgang. Die Langzeitfolgen sind nicht abzusehen. Ein Großteil unserer Bevölkerung ist praktisch am Ersticken.«
Da hält man unwillkürlich die Luft an. Hier ist es nur eine Geschichte, die dann auch bald die Realität verlässt und ins Fantastische abdriftet. Dass dabei zu spüren ist, was wir gerade erleben, ist merkwürdig und fast ein bisschen unheimlich.
Titelangaben
Kenneth Oppel: Bloom. Die Apokalypse beginnt in deinem Garten
(Bloom; The Bloom Trilogy, 2020). Aus dem kanadischen Englisch von Inge Wehrmann
Weinheim: Beltz & Gelberg 2020
345 Seiten. 16,95 Euro
Jugendbuch ab 13 Jahren
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