Norwegens beliebteste Illustratorin ist sie, Lisa Aisato, knappe 40 Jahre alt. Eigene Bücher hat sie geschrieben, aber auch für Autoren wie Astrid Lindgren illustriert. Außerdem arbeitet sie seit vielen Jahren für die norwegische Tageszeitung ›Dagbladet‹. Aus all ihren Arbeiten wählte sie jene Illustrationen aus, die ihr am Herzen lagen, alte und bisher unveröffentlichte. Und wie nebenbei wurde aus der Auswahl der Bilder eine Geschichte – die sich BARBARA WEGMANN angesehen hat.
»Ich habe schon lange davon geträumt, ein Buch mit meinen besten Illustrationen herauszugeben«, gesteht Lisa Aisato. Und es wurde ein Buch, in dem all den märchenhaften Bildern eigentlich nur ein Rahmen fehlt. Jedes einzelne Bild des knapp 200 Seiten starken Buches ist für sich eine Geschichte, einen Traum, das Nachdenken oder die Freude wert, es einfach nur anzuschauen.
Sie habe die Bilder, so erzählt die sympathische Norwegerin, so geordnet, dass sie »den Lauf unseres Lebens« widerspiegeln, »ganz einfach das Leben«. Ein unvergleichliches Bilderbuch ist es geworden, von seiner Tiefe und künstlerischen Präsentation her eher für Erwachsene. Ein »visuelles Buch«, ein Buch, das mit seinen Farben und Stimmungen, den magischen Motiven und verzaubernden Szenen direkt Richtung Herz steuert. Ohne Umwege.
Ab und zu sind da Sätze, sie begleiten, stören nicht, erzählen eigentlich nicht mehr, als alles, was man selbst empfindet. Und wenn man genau hinhört, dann scheint es, als klänge da zwischen den Seiten eine geheimnisvolle Musik, wie aus einem Zauberland. Aber es ist unser Leben, und das spielt eben nicht nur im Zauberland.
Lisa Aisato beginnt den Lebenszyklus mit dem »Kinderleben«, mit jener Zeit, wo »Weihnachten noch ganz und gar magisch ist«, man »neue Welten entdeckt«, man »Schürfwunden mit nach Hause« bringt. Die Zeit, in der die Neugier siegt und in den Wäldern noch »Elfen und Ritter« wohnen. Dann das Teenagerleben, die nicht immer einfache Pubertät, wo man doch so »gerne rebellieren möchte«. »Manchmal kommt dir die Welt wie ein einziges Durcheinander vor.«
Mit großer Empathie zeichnet Aisato Szenen aus dem Leben, konzentriert sich nicht nur auf die jeweiligen Figuren, sondern bettet sie warm ein in eine Umgebung, die mal humorvoll, mal realistisch, mal abstrahiert, mal chaotisch ist. Viel Lebensklugheit spricht aus ihren Bildern, die ein wenig an die Illustrationen von Robert Ingpen erinnern.
Es kommt dann die Zeit, wo man sucht, das Leben, die Richtung, den Partner und das Bild zeigt eine junge Frau auf einem Hocker sitzend, umringt von Fröschen, die alle geküsst werden möchten. »Was für ein Glück, die Person zu finden, die man liebt!«
Später dann Alltag, vielleicht Probleme, Kinder, Partnerschaft, Stress, »und ein einziger Augenblick für dich allein ist Gold wert.«
Verborgenste Emotionen verwandelt Lisa Aisato in ein Meer von Farben: zärtlich anmutende Bilder, voller Hoffnung und Mut, manchmal aber auch traurig, wenn die Kinder aus dem Haus gehen. Plötzlich rückt man weiter, auf der Alterspyramide, ist um die Eltern bemüht. Eine alte Frau mit Einkaufstüten, die behütet und beschützt wird durch einen Schirm, gehalten von einer großen Hand. »Jetzt sind wir um unsere Eltern besorgt«.
Das Buch, das eine Sammlung vieler Arbeiten einer genialen Illustratorin werden sollte, es entpuppt sich zu einem eigentlich gar nicht so geplanten Buch über das Leben. Und schnell merkt man, dass man beginnt, im eigenen Leben zu blättern, zurückzuschauen, sich zu erinnern, und die visuelle Lektüre wird zu einer kleinen Auszeit, wie an einem warmen Kamin.
Mit dem Alter und dem Tod endet das wunderschöne Buch, »Auf einmal scheint es, als würde dich dein Körper im Stich lassen. Vielleicht vergisst du, was früher einmal war, du spürst Verlust, doch du trägst das ganze Leben in dir. Ich hoffe, du fühltest dich geliebt.«
Titelangaben
Lisa Aisato: Alle Farben des Lebens
Hamburg: WoW Books 2020
192 Seiten, 26 Euro
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