»Zwei ganz besondere Freunde«, das war der Titel des ersten Bandes, und diese beiden guten Freunde, Maus und Maulwurf, spielen auch hier, in Band 2, die Hauptrollen. Gute Freunde sind sie kleinen Lesern geworden, auf die man sich freut und aus deren Alltag man nicht genug Geschichten hören kann. In einem Kapitel hat sich BARBARA WEGMANN wiedergefunden.
»Wir besitzen einfach zu viel Klimbim und sollten ihn heute endgültig loswerden.« Ziemlich kategorisch mahnt die Maus zum Aufräumen. Zwar kommt leise der Einwand des Maulwurfs, man könne Klimbim doch vielleicht irgendwann noch einmal wieder gebrauchen, aber die Maus kennt kein Pardon. Alles wird in Säcke verpackt, ab zur Deponie. Dort aber findet der Maulwurf viele schöne Dinge, einen alten Spiegel und schöne alte Kleiderbügel zum Beispiel. »Die muss ich unbedingt mit nach Hause nehmen, man weiß nie, wofür man sie vielleicht mal gebrauchen kann.« Der Maulwurf ist regelrecht im Sammelfieber. Oh, wie ich das kenne … Mit drei großen Säcken voller Fundstücke geht’s wieder nach Hause. Etwas verzweifelt konstatiert die Maus: »Man kann Klimbim haben, oder Platz, aber beides gleichzeitig geht nicht.«
Na, da muss ich doch widersprechen: Als absoluter Flohmarktfan weiß ich: für kleine Schätze findet sich immer noch ein Plätzchen, und wehe, jemand würde dann »Klimbim« dazu sagen …
Acht Geschichten sind es, denen Joyce Dunbar so liebevoll Leben einhaucht. In England wurde aus ihren Geschichten sogar ein Fernseh-Animationsfilm. Aber bei diesen von James Mayhew bis ins Detail liebevoll gezeichneten 64 Seiten, da lässt das Kopfkino auch nicht lange auf sich warten und man vertieft sich gebannt in jede Seite. Für seine Illustrationen, die manchmal an die vielen von Janosch erinnern, erhielt Mayhew 1994 den New York Times-Award für eines der 10 besten illustrierten Bücher.
Die Einblicke in das Leben von Maus und Maulwurf, sie bilden eine harmonische Einheit von Bild und Text, ja, die beiden möchte man gern kennen, mit ihnen befreundet sein. Die Dialoge sind nicht spektakulär, bringen keine Spannung oder Aufregung, sie sind aber hinreißend alltäglich, erinnern an den eigenen Alltag, sind vielleicht deshalb so vertraut. Das Leben in dieser tierischen Wohngemeinschaft kommt einem in manchem sehr bekannt vor: da gibt es immer einen, der ein bisschen »paddelig« ist, auf den man immer warten muss, einen, der ungeschickt ist, Dinge vergisst, das Leben etwas komplizierter macht als nötig. Und es gibt jemanden wie die Maus, mit ihrer unendlichen Geduld, sie ist tolerant und nachsichtig, auch wenn ihr Gegenüber nicht immer die umwerfenden Ideen hat.
»›Komm, wir plaudern ein bisschen!‹ sagte die Maus. ›Worüber denn?‹, fragte der Maulwurf. ›Über etwas Nettes‹, antwortete Maus. ›Mir fällt aber nichts ein‹, sagte Maulwurf.« Und wenn einem dann mal nichts einfällt, dann macht man sich Teekuchen und röstet Kastanien, setzt sich in die Ohrensessel an den Kamin, englische Landhaus-Gemütlichkeit eben. Zum Picknick fahren die beiden Erdhöhlenbewohner, diese beiden »ganz besonderen Freunde«, im Herbst sammeln sie herabfallende Blätter und manchmal werden sie auch ganz philosophisch.
Am Ufer eines kleinen Sees werfen sie Kieselsteine ins Wasser und grübeln, wie viele Steine es wohl gibt. Die Maus denkt parallel an all die Mäuse, die es gibt und die man nicht zählen kann. »Wenn es so viele Steine gibt, wie kann ein einzelner Stein dann wichtig sein? Und wenn es so viele Mäuse gibt, wie kann eine einzelne Maus dann von Bedeutung sein?« Ehe aber dann die depressive Krise und Tränen ausbrechen, beschwichtigt der Maulwurf liebevoll. »Für mich bist du wichtig.« Im Unspektakulären liegt das Bezaubernde dieser Geschichten.
Tietlangaben
Joyce Dunbar: Maus und Maulwurf machen sich’s gemütlich
(Mouse and Mole Have a Party, 2019)
Mit Illustrationen von James Mayhew
Aus dem Englischen von Claudia Mülle
Hamburg: Wow Books 2020
64 Seiten, 14 Euro
Kinderbuch ab 5 Jahren
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