Freunde sind manchmal unsichtbar. Viele Kinder haben sie, spielen mit ihnen, haben einen Vertrauten, der sie bei Kummer tröstet und ihnen Kraft gibt. Auch Werner Holzwarth erzählt von einem kleinen Jungen mit seinem großen unsichtbaren Freund. Aber die Geschichte hat GEORG PATZER enttäuscht.
Ein neues Buch von Werner Holzwarth? Da bin ich immer sehr gespannt – es gibt wenige Bilderbuchautoren, die so frech sind wie er und die Dinge auf den Punkt bringen kann. Mal abgesehen von der treffenden und nicht immer stubenreinen Sprache. Aber das hier hat mich dann doch sehr enttäuscht.
Es erzählt die Geschichte von Tim und seinem Freund Fred. (Holzwarths Sohn heißt auch Tim – in seinem letzten Buch hat er zwei wunderschöne Zeichnungen von ihm veröffentlicht) Fred sitzt neben ihm und den Eltern auf der Couch, baut mit ihm Legotürme, auf deren Spitze das Spielzeugpferd kommt, erzählt ihm Geschichten mit Räubern und Polizei: »Da wird er immer ganz aufgeregt. Vor allem, wenn geschossen wird.«
Aber Fred ist nicht immer da: »Dann macht er einen Ausflug an den Nordpol. Da reitet er auf Eisbären. Oder geht in den Dschungel. Oder er ist auf dem Mond.« Und man sieht Fotos von Fred im Raumanzug oder mit einem Tropenhelm auf dem Kopf. Währenddessen geht Tim mit seinem Vater angeln. Manchmal hat auch Fred Angst (»viel weniger als ich«), manchmal singt er Tim ein Schlaflied, und beim Armdrücken ist er schwächer als Tim.
Und natürlich machen sie Unsinn miteinander, spielen Fußball im Zimmer, wobei die Lampe kaputt geht, oder haben einen Sturm in der Badewanne. Einmal haben die Eltern ihn rausgeworfen, denn er hat mit Filzstift etwas auf die Tapete gemalt. Dass er nicht gegangen ist, haben sie nicht gesehen – er ist ja unsichtbar.
Das von Catharina Westphal etwas flächig comicartig illustrierte Buch ist so brav und nett, dass man kaum glauben mag, dass Werner Holzwarth es geschrieben hat. Es gibt keine echten Konflikte, die Eltern sind verständnisvoll, auch wenn der Vater einmal entsetzt ins Badezimmer schaut, was der Lärm soll und was die Überschwemmung verursacht. Und die Mutter einmal entnervt schaut, als sie die Zeichnung auf der Tapete entdeckt. Aber danach haben sie dann wieder verständnisvoll gelächelt, als sich die Mutter beim Abendessen beinah auf ihn gesetzt hätte.
Es ist alles ganz hübsch und nett und lieb, aber es fehlt doch ein bisschen die gewohnte und geliebte Holzwarthsche Schärfe, das Andeuten oder Ausführen von Konflikten, und die Geschichte führt tatsächlich nirgendwohin. Außer dass sie ganz nett und lieb ist.
Titelangaben
Werner Holzwarth: Mein Freund Fred
Stuttgart: Thienemann Verlag 2021
32 Seiten. 14 Euro,
Bilderbuch ab 4 Jahren
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