Also, wer das mit der »klaren Ansage« einmal so richtig lernen möchte, der ist bei diesem Bilderbuch goldrichtig! Die Hauptrolle spielt eine Gans, genauer gesagt, eine Weihnachtsgans. Jaja, und schon sind sie da, die Assoziationen, aber: alles kommt ganz anders. BARBARA WEGMANN erzählt, wie die Geschichte dieser besonderen Gans beginnt.
Wolf, Fuchs und Wiesel wollen in diesem Jahr »ein großes Weihnachtsfestessen« machen. Wie sich das gehört, soll sich der Fuchs um den Braten kümmern, natürlich soll es eine Gans sein, natürlich die schönste und natürlich die fetteste. Mit seiner Beute kehrt er heim, aber keine Bange: die Geschichte ist dann und damit noch lange nicht zu Ende, denn wirklich niemand kann mit einer derart renitenten und aufmüpfigen Gans rechnen, die sogar einen Fuchs ganz verlegen und kleinlaut macht. Aufräumen solle er gefälligst erst einmal. »Hat deine Mutter dir nicht beigebracht, dass man aufräumt, bevor man Damenbesuch bekommt?«
Sie sei doch aber nicht sein Damenbesuch, sondern sein Weihnachtsbraten, entgegnet der Fuchs, fast sich entschuldigend und schon bedeutend zurückhaltender, längst nicht mehr so forsch. Und auch Wiesel und Wolf kriegen ihr Fett ab: Die Tatzen sollen sie sich bloß abputzen, bevor sie hereinkommen, und auch noch etwas zu essen besorgen. »Bevor man eine Weihnachtsgans essen kann, muss man sie doch erst einmal füttern, bis sie dick und fett ist.« Die Gans wird richtig böse, zeigt sich energisch. »Das weiß doch wohl jedes Kind«. Verstört und irritiert ziehen die drei, Wolf, Fuchs und Wiesel kleinlaut aus dem Haus, um etwas zu essen zu besorgen. Ganz klar: So hatten sich die Drei das alles nicht vorgestellt.
Was für eine putzige Geschichte, die alles auf den Kopf stellt: aus Feindschaft wird Freundschaft, aus Gegeneinander ein Miteinander, aus dem als Opfer und Braten geplanten Federvieh wird eine regelrechte kleine Heldin. Man muss nur kess und frech genug sein, aber: Schließlich geht es ja auch um Leben und Tod. Und was man bei Gefahr alles schaffen kann, wenn man nur selbstbewusst genug ist, etwas dreist und ganz schön zielstrebig, das erzählt das spannende und wirklich hübsche, weihnachtliche Bilderbuch auf 32 Seiten. Hand in Hand gehend mit Illustrationen, die voller Aktion, viel Dynamik und wunderbar aussagekräftig sind. Die Bilder könnten auch allein, für sich die Geschichte erzählen, und der Text würde auch ohne Bilder das Kopfkino unmittelbar starten, aber beides gemeinsam, Text und Bild, das ist einfach perfekt!
Nathalie Dargent, bei Paris geboren und studierte Kunsthistorikerin, sie war immer schon eine passionierte Geschichtenerzählerin. Ihre Geschichten habe sie früher, so heißt es, immer vor dem Einschlafen aufgeschrieben. Eine schöne Gewohnheit.
Wie diese Geschichte endet, deren Verlauf zunächst an eine schlaflose Nacht denken lässt, das sei natürlich nicht verraten, obwohl der Titel ja schon einen kleinen Hinweis gibt, vielleicht nur so viel: Es ist ein richtig überraschendes und gelungenes Ende und man schmunzelt bestimmt noch im Traum.
Titelangaben
Nathalie Dargent: Wie sich die Weihnachtsgans vor dem Ofen rettete
(Le Festin de Noël, 2008)
Mit Illustrationen von Magali Le Huche
München: Ars Edition 2020
32 Seiten. 15 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
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