Dieses Bilderbuch will Vieles: unterhalten, bilden, ein bisschen spannend sein, eine bunte Tierwelt präsentieren und: auf jeden Fall für ganz schön viel Verblüffung sorgen. Ob ihm das gelingt? BARBARA WEGMANN mit der Antwort.
Also die schnelle Antwort lautet »ja und nein«. Die Geschichte ist keine richtige Geschichte, die Spannung will nicht so recht durchbrechen, aber das mit der Verblüffung, das klappt ausgezeichnet. Es ist so: Kater Homer hat beschlossen, »umgehend das Haus zu verlassen«, weil in seinem Zuhause gerade das völlige Chaos herrscht. »Irgendwo einen Freund« will er sich suchen. Aber: Was ist eigentlich ein richtiger Freund?
Homer lernt Tiere kennen, wo einer den anderen beschützt, wie bei Ameisen und Blattläusen. »Ameisen beschützen Blattläuse vor Fressfeinden und bekommen dafür den süßen Honig, den die Läuse ausscheiden.«
Aber: Wenn einer vom anderen profitiert, ist das dann Freundschaft? Homer trifft auch Tiere, die einander zum Überleben brauchen, wie Kuh und Bakterien. »Im Pansen der Kuh leben Bakterien. Die Kuh benötigt sie, um die gefressenen Pflanzen verdauen zu können.« Ist das vielleicht eine wahre Freundschaft? Da gibt es Tiere, die einem anderen helfen, ohne es zu wissen, wie der Kapuzineraffe und der Feigenbaum. Wie manch andere Tierarten verdauen sie von Feigen nur die Frucht, die Kerne scheiden sie aus und so wird für die Ausbreitung »der nächsten Baumgeneration« gesorgt. Ist ein Freund nur da, wenn man mal jemanden braucht? Sollte man mit Nachbarn befreundet sein? Gibt es auch ganz fiese Freunde, auf die man lieber nicht reinfallen sollte und was ist, wenn aus Freundschaft Liebe wird?
Viele, viele Tiere werden hier vorgestellt, das Spannende: ihre Beziehung zu einer anderen Tierart. Und da gibt es manchmal ganz lustige Beziehungen, sehr sinnvolle, das Leben und die Art erhaltende Verhältnisse, aber auch ganz schön gefährliche Verbindungen. Die Geierschildkröte zum Beispiel benutzt ihren Zungenfortsatz, der aussieht wie ein rosafarbener Wurm als Köder für Frösche, nicht die feine Art, nix mit Freundschaft!
Emilia Dziubaks sehr kompaktes Bilderbuch ist, keine Frage, sehr schön illustriert. Es ist ein Bilderbuch, das man sich sicher öfter anschauen wird, je nachdem, wie alt man ist, denn der Inhalt spricht nicht nur eine bestimmte Altersgruppe an. Zudem werden gerade Ältere sicher sehr neugierig, Näheres zu erfahren, wenn einzelne Tierfreundschaften vorgestellt werden. Hier reißt das Bilderbuch die »verblüffenden Fakten« eben nur kurz an.
Das dicht, bunt und attraktiv illustrierte Buch hat zwar nur 32 Seiten, aber der Inhalt ist sehr umfangreich und geballt. Das liest man nicht so einfach durch. Von daher: ein Sachbuch? Ja. Ein Bilderbuch? Auch ja. Eine Geschichte? Nur bedingt. Denn zum einen überzeugt der dicke, faule Kater Homer nur wenig und alles andere sind Vorstellungen von seltsamen und ausgefallenen Tier-Beziehungen. Das Buch schließt mit einem Psychotest: »Welcher Freundschaftstyp bist du?« Einmal darüber nachzudenken, wie man selbst es mit Freundschaften hält, was eine Freundschaft ist, was man erwartet und selbst einbringen sollte, das macht das Buch letztlich doch reizvoll.
Kater Homer aber hat schließlich die Nase voll und kehrt nach Hause zurück, einen Freund hat er unterwegs nicht gefunden, dafür erwartet ihn in heimischen Gefilden aber eine Überraschung.
Titelangaben
Emilia Dziubak: Das Faultier und die Motte
Die ungewöhnlichsten Tierfreundschaften
Übersetzt von Thomas Weiler
München: arsEdition 2020
32 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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