»Wildlife Photographer of the Year«, diesen weltweiten Foto-Wettbewerb veranstaltet das Naturhistorische Museum in London schon seit über 50 Jahren. 100 Fotografien, die einmal mit dabei waren, stellt dieser Bildband vor. Die Besten der Besten sozusagen. Genuss in Wort und vor allem Bild, wie BARBARA WEGMANN meint.
»Fotografie ist immer eine Balance zwischen Glück, Fähigkeit und Verständnis. Wenn du das Verhalten verstehst, wenn etwas passiert, dann bist du bereit.« Der italienische Fotograf und Journalist Stefano Unterthiner erzählt am liebsten mit seiner Kamera »Geschichten über die Natur.« Naturwissenschaften hat er studiert, die Welt bereist, seine Fotografien und Reportagen finden sich in vielen Büchern und Zeitschriften. Sein Können wurde mit den Jahren immer vollkommener, seine Bilder bekannter, sein Einfluss größer.
Heute, sagt Unterthiner, denke er immer öfter darüber nach, wie er am wirkungsvollsten seine Arbeit für den Naturschutz einsetzen könne. Eines seiner grandiosen Bilder, aufgenommen im australischen Naturschutzpark Possession Island: Killer im Nebel. Es zeigt einen Killerwal, der in Küstennähe Pinguine jagt. Der riesige Wal, davor die hilflose, aufgebrachte Schar an Pinguinen, eine unglaubliche Dramatik. »Der Regen war so stark, dass er beim Auftreffen auf dem Wasser einen Vorhang aus Nebel aufpeitschte.« Ein »unglaublicher Moment«, und das Foto spiegelt es spannungsgeladen und so lebendig wider.
Der Bildband wirkt sehr einladend mit seinem Titelbild, einer Schwanen-Formation, im blauen Abendlicht, auf weißem Eis. So lebendig, trotz klirrender Kälte. Vielversprechend, neugierig machend auf ein Album der besonderen Art. Die 224 Seiten halten aber nicht immer das, was das Titelbild verspricht. Das liegt sicher nicht an den herausragenden Fotografien, vielmehr an einem sehr lieblosen Layout. Viele Seiten verschenken Platz mit überflüssigen breiten, weißen, nichtssagenden Rändern, reduzieren die Fotografien, die doch so raumgreifend hätten platziert werden können, deren brillante Qualität diese Reduzierung nicht verdient hat.
Die Texte zu den zehn präsentierten Fotografen mit einigen ihrer Werke erzählen von Werdegang, porträtieren Arbeit und Projekte der Künstler, lassen die technischen Details zu den Fotos nicht unerwähnt. Aber: sie sind sehr klein gedruckt, reizlos für das Auge und lassen einen schnell weiterblättern zu den Fotos. Auch zu denen von Art Wolfe, diesem genialen amerikanischen Naturfotografen, der es mit zwei seiner Fotografien sogar auf US-Briefmarken schaffte.
Geradezu meisterhaft seine alles andere als spontane Fotografie des Bergpanoramas mit Mont Blanc im Hintergrund. Wolfe hatte einen Führer engagiert, der einsam stundenlang auf einem Gipfel vor dem Mont Blanc stand, »während wir auf das Licht warteten«. Das richtige Licht … Ein einsamer Mensch auf einem entfernten Gipfel, schwindelerregend. Man verständigte sich über Walkie-Talkies. Und dann kam er, dieser magische Moment, das Licht wurde immer weicher, farbintensiver. Recht hat Art Wolfe, wenn er sagt, Menschen reagierten auf dieses Foto, fühlten sich emotional angesprochen.
Und es stimmt auch, viele der in diesem Bildband präsentierten Fotos beweisen es eindrucksvoll, Fotografie kann wie Magie sein. Egal, ob man Tiere, Natur oder Menschen fotografiert.
Titelangaben
National History Museum (Hg): Die erstaunliche Welt der Tiere
Die besten der besten Naturfotografen
Hildesheim: Gerstenberg Verlag 2021
224 Seiten, 36,00 Euro
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