50 Hütten, die Vieles gemeinsam haben: die Ruhe, die gigantische Aussicht, das »Andere-Welt-Feeling« und so manche Geschichten. Klar, und: den Aufstieg. Alles machbar, alles so entrückt und so traumhaft schön und alles verflixt lecker, nicht nur die Bilder. BARBARA WEGMANN ist auf den Geschmack gekommen.
Jede der 50 Hütten ist »für sich ein Unikat, geprägt von ihrer besonderen Lage, ihrer Geschichte und nicht zuletzt von den Menschen, die sie mit Leben füllen.« Gut, dass nur der Einstieg in den Bildband in einem zarten, etwas unübersichtlichen Rotton gedruckt ist. Da muss man schon mal zweimal hinsehen. Aber beginnen wir den begeisternden Eindruck ein paar Seiten später: ein tolles Buch und schnell fühlt man die Bergstiefel schon an den Füßen, stellt im Geist eine Liste der Dinge auf, die man auf der Hütte braucht- es sind wenige. Aber: all das geht ja zu Corona-Zeiten nicht, also bleibt man in warmen Socken zu Hause, schaut dafür intensiv träumend und absolut hingerissen in diese 256 Seiten voller fantastischer Bergwelten und in jene 50 so prächtig gelegenen Berghütten. Wieso nur stehen diese Berghütten eigentlich fast immer an derart exponierten Stellen, und bieten einen Blick, der abheben lassen möchte und Gänsehaut erregt?
Österreich, Bayern, die Schweiz und Südtirol, hier wird eine Autorin mit dem Bergwelten- Team Station machen, schauen, schreiben, schmecken und bestimmt gut schlafen.
Also: Lassen sie sich verführen und für hoffentlich einmal wieder bessere Zeiten einladen: Vielleicht ja auf die Schweizer Hundsteinhütte in rund 1550 Meter Höhe. »Zu Peters Mascarpone-Polenta mit Schweinsfilet im Fleischkäse Speckmantel und Champignon Rahmsoße passt hervorragend ein Glas Appenzeller Bier, das Quöllfrisch.« Noch Fragen? Das hat man sich nach dem Aufstieg sicher auch verdient. Auf der Hütte sei man sich nicht fremd, wissen die Wirte, »der Berg mache uns alle gleich.« An diesem speziellen Klima ist sicher etwas dran, nach WLAN fragt hier oben niemand, die Zeit steht still und das Auge mag sich nicht satt sehen, es sei denn, es gibt gerade einen kulinarischen Perspektivwechsel: die Bratwurst vom Tauernhirsch mit einem zünftigen Bier auf der Dolomitenhöhe beispielsweise.
Die faszinierenden Bilder zeigen nicht nur die atemberaubende Landschaft rund um die Hütten, geben nicht nur Einblicke in die Zimmer, manchmal gibt es auch die Ausblicke aus der Unterkunft heraus. Von dem Ausblick aus einem der Zimmer auf der Dolomitenhütte würde ich persönlich mich nicht mehr losreißen mögen: Bodentiefe Fenster fast rund um das Zimmer bieten vom Bett aus ein sicher unvergessliches Bergspektakel. 19 Betten verteilen sich hier auf 8 Zimmer, auf anderen Hütten sind es oft mehr Betten und mehr Zimmer. »Ich weiß nicht, ob mehr immer gut ist«, sagt die Hüttenwirtin. Aber ihr Konzept scheint ihr Recht zu geben. »Wenn der Mond langsam im Osten über die Bergkuppen spitzt und die nackten Felsen der Lienzer Dolomiten in ein sagenhaftes Licht taucht, ist man sich sicher, dass man unbedingt öfter bei Vollmond auf die Berge steigen sollte.«
Es sind 50 Porträts von außergewöhnlich exponiert gelegenen Hütten, kurze Geschichten geben den textlichen Rahmen, Bilder sorgen für die Atmosphäre und ein Anhang schließlich liefert die Fakten: Höhen, Öffnungs- und Wanderzeiten, Tourenvorschläge, Höhenangaben, Webseiten. Die Anforderungen, diese herrlichen Ziele zu erreichen sind dabei ganz unterschiedlich, von einfach bis ganz schön anspruchsvoll, aber für Anfänger sei gesagt: da ist Machbares bei. Die Erzherzog- Johann-Hütte gehört sicherlich zu den Hütten mit anspruchsvollerem Zustieg, da muss man schon fünf Stunden mit 1540 Höhenmetern Unterschied einplanen. Die in Bayern gelegene Brunnenkopfhütte oder das Purtschellerhaus sind da eindeutig leichter erreichbar. Diese Hütte, bekannt für ihren beeindruckenden »Blick auf die Bergwelt und die Berge auf den Tellern«, liegt übrigens direkt auf der deutsch- österreichischen Grenze. »Nach dem Zweiten Weltkrieg verboten die Alliierten jeglichen Grenzverkehr, auf dem Purtschellerhaus konnte man sich jedoch legal treffen. Die Zeitungen tauften es damals sogar in das ›Haus der Barmherzigkeit‹ um«.
Mit 200 Schlafplätzen in 45 Zimmern gehört das Prinz-Luitpold-Haus schon zu den großen Hütten aber mit 1846 Metern Höhe in den Allgäuer Alpen auch nicht zu den am höchsten gelegenen, aber für Hüttenwirt Christoph Erd ist es aus einem Grund schon absolut hoch genug. »Oben bleibt man etwas von den negativen Nachrichten verschont. Die Welt ist nämlich nicht so schlecht, wie sie sich von unten aus anhört.« Na, wenn das kein Grund ist, sich einmal mit einem Hüttenbesuch für coronafreie Zeiten zu befassen.
Titelangaben
Sissi Pärsch: Unsere schönsten Hütten
50 Porträts aus dem Alpenraum
Elsbethen: Verlag Bergwelten 2021
256 Seiten, 28,00 Euro
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