/

Aus dem Bergbau nach Hollywood

Menschen | Am 03. November vor 100 Jahren wurde der Schauspieler Charles Bronson geboren

›Der Mann ohne Furcht‹ (1955), ›Revolver-Kelly‹ (1958), ›Ein Mann geht über Leichen‹ (1973), ›Ein stahlharter Mann‹ (1974), ›Ein Mann räumt auf‹ (1979), ›Der Mann ohne Gnade‹ (1981), ›Ein Mann wie Dynamit‹ (1982), ›Der Liquidator‹ (1983), ›Der Rächer von New York‹ (1985) – schon die Filmtitel dokumentieren, dass Charles Bronson in erster Linie harte, oft ungehobelte Burschen spielte, die sich nicht selten in einem moralisch-juristischen Vakuum bewegten. Ein Porträt von PETER MOHR

»Ich habe als 16-jähriger in den Kohlebergwerken geschuftet und im Zweiten Weltkrieg B 29-Bomber geflogen. Vielleicht porträtiere ich Figuren aus meiner Vergangenheit, die das Leben hart gemacht hat und die sich ihre eigenen Gesetze schaffen müssen, um überleben zu können«, erklärte der am 3. November 1921 unter dem Namen Charles Dennis Buchinsky als elftes von insgesamt 15 Kindern eines Bergarbeiters in Pennsylavania geborene Schauspieler rückblickend in einem Interview.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er verwundet und später mit dem »Purple Heart« ausgezeichnet wurde, hielt er sich als Boxer und Gelegenheitsarbeiter über Wasser, begann ein Kunststudium und arbeitete als Bühnenbildner in Philadelphia. Erst im Alter von 30 Jahren bekam er seine erste kleine Rolle in Hollywood – an der Seite von Gary Cooper in ›You’re In the Navy Now‹. 1960 wurde er als neuer Westernheld in »Die glorreichen Sieben« entdeckt.

Der internationale Durchbruch gelang ihm allerdings erst, als er Hollywood für kurze Zeit den Rücken kehrte und den unvergesslichen Mundharmonikaspieler an der Seite von Claudia Cardinale und Henry Fonda in Sergio Leones ›Spiel mir das Lied für den Tod‹ verkörperte.

So schweigsam, wie er in seinen meisten Rollen zu sehen war, gab sich Charles Bronson, der 22 Jahre lang mit seiner bevorzugten Filmpartnerin, der 1990 verstorbenen Jill Ireland verheiratet war, auch im Privatleben. Sie habe so oft mit ihm vor der Kamera gestanden, weil andere Schauspielerinnen nicht mit ihm arbeiten wollten, schrieb die 1990 an Krebs verstorbene Ireland in ihren Memoiren über den »schwierigen Kollegen«.

Wortkarg und zurückgezogen lebte der Mann mit dem zerfurchten Gesicht in Malibu und auf einer Ranch in Vermont. In einem seiner seltenen Interviews kurz vor seinem 80. Geburtstag gab sich Bronson ausnahmsweise humoristisch und selbstironisch: »Ich sehe aus wie ein Steinbruch, in dem eine Ladung Dynamit explodierte.«

In den 70er Jahren, als er mit einer Golden-Globe-Trophäe zum populärsten Schauspieler gekürt wurde, war Bronson einer der Großverdiener Hollywoods, dem angeblich 100 000 Dollar pro Drehtag gezahlt worden sein sollen. Den größten Erfolg beim Kinopublikum hatte der Mann mit den markanten Gesichtszügen allerdings als unbarmherziger Racheengel in dem 1974 entstandenen und höchst umstrittenen Selbstjustiz-Thriller ›Ein Mann sieht rot‹, von dem bis 1993 vier Fortsetzungen gedreht wurden. In einer Neuinszenierung des ›Seewolfs‹ glänzte Bronson dann 1993 noch einmal in der Rolle des brutalen Kapitäns Wolf Larsen.

Der bekennende Bronson-Fan Quentin Tarantino widmete ihm Schauspieler postum seinen Zweiteiler ›Kill Bill 1‹ und ›Kill Bill 2‹.

Vier Wochen vor seinem Tod wurde Bronson, der seit 1998 mit der 40 Jahre jüngeren Produzentin Kim Weeks verheiratet war, mit Herz- und Organversagen in eine Klinik eingeliefert. Am 30. August 2003 ist Charles Bronson, der Inbegriff des »harten Mannes«, in Los Angeles von seinen Leiden erlöst worden. Er starb im Alter von 81 Jahren an einer Lungenentzündung.

| PETER MOHR

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Die Geschichte von zwei ungleichen Brüdern

Nächster Artikel

Bericht von der Wiedergeburt

Weitere Artikel der Kategorie »Menschen«

Ein Telefonat mit Christian Löffler

Music | Bittles’ Magazine: The music column from the end of the world

Christian Löffler ist ein Unikum in der elektronischen Musik. Ist kein Partyhengst und keine Rampensau. Spielt er nicht gerade selber, ist er höchstwahrscheinlich nicht im Club anzutreffen. Er wirkt aus der Ruhe seines Refugiums in Norddeutschland. Christian verbindet das Sehen und Hören miteinander, indem er malt, fotografiert, Musik macht und Geräusche sammelt und zwischen ihnen übersetzt. Das Ergebnis ist melancholische, empfindsame und feingliedrige Musik. Sein neues Album, Lys, wurde Ende März in einen Ausnahmezustand hineingeboren. Livestream statt gefüllter Hallen zum Release. Nach der Review des Albums im letzten Beitrag hatte LOUISE RINGEL Fragen, die Christian ihr im Telefonat beantwortet hat. Sie haben über Livestreams, emotionale Musik in emotionalen Zeiten und weibliche Stimmen gesprochen.

»Man muss die eigene Kleingläubigkeit überwinden«

Menschen | Interview mit Terézia Mora Terézia Mora wird in diesem Jahr mit der wichtigsten literarischen Auszeichnung Deutschlands, dem Georg-Büchner-Preis, geehrt. Zu diesem Anlass veröffentlichen wir erneut das Interview, das THOMAS COMBRINK mit Terézia Mora über ihren ersten Roman ALLE TAGE und über ihre Arbeit als Übersetzerin geführt hat.

Singulärer Sound

Menschen | Zum Tod des spanischen Bestseller-Autors Carlos Ruiz Zafón

Der katalanische Autor Carlos Ruiz Zafón war eine Art Popstar unter den Schriftstellern. Jede Buch-Neuvorstellung hatte Event-Charakter. Sein 2003 in deutscher Übersetzung erschienener Roman ›Der Schatten des Windes‹ wurde ein Weltbestseller, in mehr als 30 Sprachen übersetzt und mehr als 15 Millionen Mal verkauft. Von PETER MOHR

Er liebte die Extreme

Menschen | Zum Tode des Schriftstellers Günter Herburger »Man muss offen sein für Erschöpfung. Ich bin in diese Erschöpfung hineingelaufen, es kam der zweite Wind, und ich dachte: Was ist das?«, erklärte der Schriftsteller Günter Herburger einst seine ersten Leidenserfahrungen beim Marathonlauf. Ein Porträt von PETER MOHR

Der Weltphilosoph

Menschen | Bücher zum 250. Geburtstag von Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Lesenswerte Neuerscheinungen zum 250. Geburtstag von Georg Wilhelm Friedrich Hegel. DIETER KALTWASSER mit einem Überblick über die biografischen Schwerpunktsetzungen