Von dem Problem, nicht müde zu werden

Kinderbuch | Catherine Rayner: Arlo kann nicht schlafen

Das ist überhaupt nicht so lustig, weder für Tiere noch für Menschen: Wenn man einfach nicht schlafen kann. Wenn man zwar müde ist, hundemüde, aber die Augen einfach nicht zufallen wollen. Und wenn wir das Problem schon kennen, wie soll es da erst einem Löwen, einem großen, wilden Löwen zumute sein? BARBARA WEGMANN schaut, ob es da eine Lösung gibt.

Das Bichcover zeigt einene schlafenden LöwenArlo heißt der große, wilde und stattliche Löwe, der dort lebt, wo es heiß ist, tagsüber, wo man gerne faul im Schatten liegt. Arlo ist hundemüde, pardon, »löwenmüde« natürlich, und wie. Irgendwie stört ihn zudem alles: »Das Gras war zu stoppelig, die Erde zu hart. In den Bäumen war es zu laut und in der Wüste zu still. In der Sonne zu heiß und in der Nacht zu kalt.« Und überhaupt, seine ganze Familie war ihm zu »zappelig«. Wie soll man da um alles in der Welt Schlaf finden? Es wird dämmerig und Arlo ist verzweifelt. Da trifft er eine Eule und siehe da: der gefiederte Nachtvogel kann ihm tatsächlich helfen. Ein Lied singt sie, während am Himmel der Mond aufgeht.

»Streck dich genüsslich, so kommst du zur Ruh‘.
Dann kuschel dich ein und die Augen mach zu ….
Wenn du nun Ruhe und Träume zulässt,
dann kommt auch der Schlaf, ganz friedlich und fest.«

Die Eule muss eine äußerst betörende Stimme haben, etwas Ruhiges und sanft Meditatives ausstrahlen, denn kurze Zeit später ist Arlo eingeschlafen. Und erst am nächsten Tag, als die Sonne schon warm auf sein Fell scheint, wacht er wieder auf. Das muss er unbedingt der Eule erzählen, nimmt er sich vor.

Die Autorin und Illustratorin dieses Kinderbuches, Catherine Rayner, lebt in Edinburgh, und in ihrem gemütlichen Atelier entstehen all die sympathischen Figuren ihrer Bücher und jene zauberhaften Geschichten, die ihr schon manche Preise einbrachten.

»Ich liebe die Vielfalt, die das Malen sowohl von Galeriearbeiten als auch von Büchern mit sich bringt. Abgesehen von allem ist es schön, von Illustrationen in Buchgröße zu riesigen Gemälden springen zu können. Ich denke, es ist gut für meine Kreativität und meinen Verstand«, erzählt Rayner auf ihrer Homepage. Und dort spricht sie von einer weiteren Leidenschaft: sie zeichnet Postkarten. »Ich liebe die Idee, dass ein Umschlag geöffnet wird, um ein Überraschungsbild zu enthüllen, genauso wie man aufgeregt sein könnte, eine Seite in einem Buch umzublättern.«

Blättern wir also weiter: Rayners Buch ist ein Beispiel und Beleg dafür, wie schön und gelungen es sein kann, wenn Illustration und Geschichte in einer Hand liegen. Das klappt nicht immer, aber hier ist es eine schöne Einheit und fügt sich harmonisch zu einem attraktiven Buch. Warme Farben, die Tag und Nacht, Hitze und Kälte widerspiegeln, große Figuren, wie es sich für einen Löwen gehört, weite Flugschwingen, wie nur eine Eule sie hat, all das würde man gerne auch zeichnen können. Hier hat die Autorin und Illustratorin auch ein geradezu tolles Angebot: Auf ihrer Homepage bietet sie »Aktivitätsblätter« an, in denen sie Schritt für Schritt zum Beispiel Arlos Umrisse vormalt. Und wenn man sich danach richtet, noch etwas eigene Fantasie und viel Farbe hinzubringt, dann schafft man sich neben der hübschen Bilderbuchgeschichte auch ein eigenes Arlo-Bild. Und das hängt ja vielleicht dann über dem Bett.

Apropos Geschichte: Wie geht es denn nun mit Arlo weiter? Auf kürzestem Weg eilt er zur Eule, um ihr zu sagen, wie wunderbar ausgeschlafen er ist. »Ich habe geschlafen, hurra!«, brüllt er. Die Eule allerdings ist von dem Freudenausbruch wenig begeistert: »Wie schön«, so hört man eine müde Stimme aus dem Baum, »jetzt hast du MICH aufgeweckt.« Aber Arlo hat da ja jetzt ein wirkungsvolles Rezept, wenn jemand nicht einschlafen kann.

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Catherine Rayner: Arlo kann nicht schlafen
(Arlo The Lion Who Couldn’t Sleep, 2021)
Aus dem Englischen von Tatjana Kröll
München: Knesebeck Verlag 2022
32 Seiten, 14 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Leichen tropfen von den Bäumen

Nächster Artikel

Mauern wachsen, Mauern fallen

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Das Geheimnis am Murmelpfad

Kinderbuch | Kai Lüftner: Der Verwechsling

Alte Sagen und Märchen haben immer etwas Geheimnisvolles, etwas in den Bann Ziehendes. Der Verwechsling ist so eine Geschichte und spielt auf der dänischen Ostseeinsel Bornholm. Ganz lebendig spuken hier noch Elfen, Trolle, Zwerge oder Riesen. Schnell ist klar: Dieser Stimmung und Spannung kann man sich nur schwer entziehen. BARBARA WEGMANN ist eingetaucht in die magische Geschichte.

Früher, heute und morgen

Kinderbuch | Emily Kapff: Mein Traum von deiner Welt

Mit den Generationen ist das so eine Sache. Sagten unsere Eltern noch, die Musik der Beatles sei alles andere als hörbar, so sind es heute Klassiker und in jedem Alter höchst beliebt. Mit dem Klima ist es vielleicht ganz ähnlich. Die Alten sagen, warum etwas ändern, es ist doch alles gut, die Jungen haben die drohende Krise verstanden und mischen sich ein. Vom Dialog der Generationen erzählt dieses wunderschöne Bilderbuch. Von BARBARA WEGMANN.

Jeder nach seiner Façon…

Kinderbuch | Nadia Budde: Auf keinen Fall will ich ins All! Keiner gleicht dem anderen. Nadia Budde hat das schon in »Und außerdem sind Borsten schön“ treffend auf den Punkt gebracht: »Wie du bist, so bist du richtig!« Aber auch sonst unterscheiden sich Vorlieben, zum Beispiel im Hinblick auf Reiseziele. ANDREA WANNER begann, über eigene Urlaubsvorlieben nachzudenken.

Forever young

Kinderbuch | Astrid Lindgren: Michel aus Lönneberga

Wie ließe sich der 60. Geburtstag eines ewigen Lausbuben besser feiern, als mit einem fast 400 Seiten starken Sammelband. ANDREA WANNER freut sich.

Pure Anarchie

Kinderbuch | Frauke Angel: Hagar die Schreckliche

Spielplätze haben Regeln, die meist von Müttern gemacht scheinen. Zumindest werden sie von ihnen überwacht. Die dadurch entstehende geordnete Langeweile muss aber gar nicht sein – wenn man ein paar Regeln verletzt. Gut so! Findet ANDREA WANNER.