Manchmal ist es ganz schön doof, wenn man allein ist, keine Freunde hat und doch vieles viel lieber mit anderen gemeinsam machen würde. Wo sind sie bloß, die Freunde? Von dieser Suche erzählt das wunderschöne Bilderbuch. BARBARA WEGMANN hat es sich angeschaut.
Ein tolles Team und ein fantastisches Buch, das seit seinem Erscheinen 1990 ein Klassiker wurde. Sowohl Gerda Wagener, die Ende der 90er Jahre verstarb, als auch Marie-José Sacré haben für dieses Bilderbuch gemeinsam getextet und illustriert, aber auch jede für sich unzählige weitere erfolgreiche Kinderbücher geschaffen, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden.
Zu den attraktivsten und beliebtesten gehört ganz sicher »Der klitzekleine Hase«. Und der hat ein mächtiges Problem: Er hat keine Freunde. Deswegen beschließt er, sein Zuhause zu verlassen und andere Hasen aufzusuchen. Irgendwo muss doch schließlich ein Freund zu finden sein. Aber weder der »dicke Stanislaus« noch der »hurtige Paul« wollen sich mit ihm abgeben. Er solle gefälligst wiederkommen, wenn er größer geworden sei. Stanislaus hat so gar kein Verständnis: er solle sein Freund werden? Dass er nicht lache. »›Dazu bist du doch viel zu klein, klitzekleiner Hase‹ … Und dann lachte er und lachte und hielt sich den dicken Wackelbauch.« Und Paul hat auch keine Zeit für ihn.
Hasen – und Kinder ganz sicher gleichermaßen – werden traurig, wenn man keine Zeit für sie hat, sie links liegen lässt, ihnen das Gefühl gibt, sie seien unerwünscht, sie würden nicht gebraucht oder in ihrem Anliegen nicht ernst genommen. Sie sind enttäuscht und manchmal wollen sie einfach nur weggehen.
Aber das sollten natürlich nur klitzekleine Hasen in einer Geschichte tun: »Vier Tage lang ging er, ohne zu wissen, wohin. Eines Tages kam er zu einem Regenbogen.« Und nach dem Regenbogen wird der kleine Hase auch noch zur Sonne und dann zum Mond kommen. Und alle drei haben Zeit für ihn und werden ihm etwas ganz Besonderes zum Abschied schenken.
Mit einem Topf überquellender, bunter Farben schafft es die belgische, mehrfach ausgezeichnete Illustratorin, jede Spur von Traurigkeit ganz einfach wegzumalen. Ihre Kulissen, die im dunklen Wald beginnen, wohin sich weder Tiere noch Pflanzen verirrt haben, führen in eine Landschaft, die immer intensiver leuchtet, alles scheint überzuschwappen vor Fantasie und Fröhlichkeit, Optimismus und Zuversicht. Und auch vor Lebendigkeit, denn hier gibt es Blumen und Tiere und Sonnenschein. Und das untermauert diese bezaubernde Geschichte. Klar ist natürlich: der Regenbogen, die Sonne und der Mond sind von nun an drei dicke Freunde des kleinen, überglücklichen Hasen, der nach langem Weg irgendwann wieder zu Hause ankommt.
Es ist ein farbenprächtiges und anrührendes Buch, in dem es um Freundschaft geht. Übrigens gibt es eine weitere Geschichte des kleinen Hasen: ›Der klitzekleine Hase und der Fuchs‹, leider aktuell nur noch antiquarisch zu haben. Eines ist jedenfalls garantiert: Egal, wer die Geschichte liest, egal wer zuhört, egal wer die Geschichte erzählt: Jede und jeder wird das Buch ins Herz schließen.
Titelangaben
Gerda Wagener: Der klitzekleine Hase
Illustriert von Marie-José Sacré
Affoltern am Albis: BOHEM 2022
(Neubearbeitung nach Originalfassung von 1990)
25 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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