Keine einfache Zeit, die Pubertät. Vor allem, wenn man zwölf ist und das Gefühl hat, alle Freundinnen sind einer schon einen Schritt voraus. Das nervt, verletzt – und kann zu merkwürdigen Ideen führen. Von ANDREA WANNER
Für Majken bedeutet diese Phase vor allem gefühlt den Verlust ihrer besten Freundin Tessa. Alle Gemeinsamkeiten vieler Jahre scheinen vorbei zu sein. Jungs sind Majken einfach total egal – und Tessa und den anderen Mädels eben nicht. Uncool und ausgeschlossen fühlt sich die Zwölfjährige. Wer hat schon so einen bescheuerten Namen? Wer spielt auch denn wie sie Geige? Wer hat so gar nichts Interessantes an sich? Die obernervige Belinda scheint angesagt, geredet wird über Klamotten, über Handtäschchen, gegiggelt und getuschelt über Jungs. Auch über den Neuen, der angeblich einem gewissen Jeppe – alle wissen, wovon die Rede ist, nur eben Majken nicht – ähnlich sieht. Ivan heißt er und spielt Gitarre. Sein Unterricht findet zeitgleich mit Majkens Geigenunterricht im Nebenzimmer statt. Und die schmiedet einen Plan.
Majken überredet Ivan zu einem Als-ob-Spiel. Er soll in der Schule mit ihr reden, so, dass es alle mitbekommen. Und sie hofft, dass sich die anderen etwas zusammenreimen, was so nicht stimmt. Ivan macht mit. Und die Sache scheint zu funktionieren.
Die schwedische Autorin Johanna Lindbäck, von der im Urachhaus bereits 2020 das Jugendbuch ›Landkarte für Verliebte und andere Verirrte‹ erschienen ist, beweist ein überaus glückliches Händchen, Majken ihre Gefühle schildern zu lassen, ihr mangelndes Selbstbewusstsein, ihre Fragen, die niemand beantwortet. Wie ist das denn mit dem Küssen? Muss man es üben? Wann kommt die Zunge zum Einsatz? Und woher weiß man das?
Unsicherheit und keine beste Freundin an der Seite, mit der man darüber reden kann: Das sind keine guten Gefühle. Die ›Uppsala Nya Tidning‹ empfahl das Buch nach seinem Erscheinen 2013 in Schweden »als Pflichtlektüre für alle Mädchen auf der Schwelle ins Teenie-Alter«. Dem kann man nur zustimmen. Und verraten, dass es auch in Majkens Leben Dinge gibt, die eine unvorhergesehene Wendung nehmen.
Ach ja: Der Bechdel-Test stammt aus dem Jahr 1985 von der amerikanischen Cartoonistin und Autorin Alison Bechdel. Ida, die Freundin von Majkens Bruder Pontus zitiert ihn bzw. eine der drei Fragen aus diesem – nicht wissenschaftlichen – Test, die die Stereotypisierung weiblicher Figuren im Film beurteilen soll. Es geht darum, ob sich die Frauen im Film über etwas anderes als einen Mann unterhalten. Ida beschließt daraufhin, mit ihren Freundinnen auch wieder mehr über andere Dinge zu reden. Keine ganz verkehrte Idee. Das kluge Buch hat noch mehr davon.
Titelangaben
Johanna Lindbäck: Kein bisschen verliebt?
(Lite ihop, 2013). Aus dem Schwedischen von Angela Beuerle
Stuttgart: Urachhaus 2022
224 Seiten, 18 Euro
Kinderbuch ab 11 Jahren
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