Kinderbuch | Adam Baron: Freischwimmen
Es gibt Dinge, die man nicht kann und das ist nicht weiter schlimm. Es gibt aber auch Dinge, die man können sollte. Schwimmen zum Beispiel. Zuzugeben, dass man es nicht kann, ist schwierig. So zu tun, als ob man es könnt, funktioniert aber auch nicht. Cym hat ein Problem. ANDREA WANNER folgte gespannt der Lösung.
Für einen Neunjährigen ist das schon ziemlich peinlich, nicht schwimmen zu können. Für den 9jährigen Cymbeline wird es zur totalen Katastrophe. Ein letzter Versuch, am Wochenende vor dem verhängnisvollen ersten Schwimmtag in der Schule schnell in der Badewanne das Versäumte noch nachzuholen, scheitert kläglich. Dabei ist es nicht so, dass Cym Angst vor dem Wasser hätte und davor, die Sache mit dem Schwimmen mal auszuprobieren.
Er ist sportlich und stellt sich schwimmen durchaus cool vor. Aber jedes Mal, wenn er es seiner Mutter gegenüber anspricht, kommt etwas dazwischen. Seit Jahren. Und einen Vater zum Schwimmenlernen hat er nun mal nicht. Also tut er, ob er es könne. Und das geht gründlich schief.
Allerdings ist es nicht die einzige Sache, die komplett aus dem Ruder läuft. Cyms Mutter kommt plötzlich ins Krankenhaus und er darf sie nicht einmal besuchen. Er bekommt Zoff mit seinem besten Kumpel, stattdessen wird er bei der Schwester seiner Mutter einquartiert, Cousin und Cousine, mit denen er immer ganz gut klarkam, wollen ihn da nicht haben.
Der Junge fühlt sich von allen verraten und verkauft, hat nicht die geringste Ahnung, wie sich die vielen Probleme lösen könnten – und dabei übersieht er beinahe, von wo er Unterstützung bekommen kann. Aber wie hätte er auch ahnen können, dass er für alles, was noch auf ihn zukommt, die wunderschöne und clevere Veronique Chang als Freundin an seiner Seite haben wird.
Was geschieht, wenn Erwachsene versuchen, ihre Probleme zu verbergen und Kindern gegenüber nicht ehrlich sind, vermittelt die spannende Geschichte auf einfühlsame Weise. Cyms Mutter kommt mit dem, was in der Vergangenheit geschehen ist, nicht klar. Sie ist überfordert, versucht als Künstlerin ihr Trauma malend zu bewältigen und scheitert. Sie braucht professionelle Hilfe. Aber eben nicht nur sie.
Langsam, Schritt für Schritt fügen Cym und Veronique die Puzzleteilchen zusammen, die am Ende ein ganz anderes Bild ergeben als das, das Cym jahrelang für die Wahrheit gehalten hatte.
Überhaupt ist vieles nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint. Es lohnt sich, den Dingen auf den Grund zu gehen, beharrlich nachzufragen, genau hinzusehen. Und manchen Menschen eine zweite Chance zu geben.
Alles ein bisschen viel für einen Neunjährigen, stimmt. Aber so wie Adam Baron es erzählt, warmherzig und mit Humor, kommt man – auch als junge Leserin oder junger Leser – gut damit klar.
Titelangaben
Adam Baron: Freischwimmen
(Boy Underwater 2018) Aus dem Englischen von Birgitt Kollmann
Mit Illustrationen von Benji Davies
München: Hanser 2020
224 Seiten, 15 Euro
Kinderbuch ab 10 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander
Reinschauen
| Leseprobe