»Für alle kleinen und großen Wintermuffel« sei das Buch, heißt es. Da wird sich sicher auch der eine oder andere Erwachsene angesprochen fühlen, der das Bilderbuch dem Nachwuchs vorliest. Dabei ist der Winter doch so toll, es ist nur eine Frage der Perspektive, wie so oft im Leben. Von BARBARA WEGMANN
»Viele mögen den Winter. Aber ich nicht.« Der kleine Pinguin lässt da absolut keinen Zweifel: Schnee, Eis und Kälte, das ist nicht sein Ding. Auch wenn die anderen Tiere sich auf dem Hügel treffen wollen, schaut er nur aus dem Fenster, denkt mit Schrecken an kalte Zehen und seine Blume, die bei den Temperaturen erfriert. Dazu die dicke »bommelige Mütze«, die »klobigen Handschuhe«, die »Monsterjacke« und dieser »kratzige Schal«, nein, das ist nicht seine Welt. »Ich kann mich überhaupt nicht bewegen!« Ganz schön unzufrieden, der kleine Knirps, man sieht es ihm an. Mit großen frustrierten Augen schaut er drein.
Aber das kennen alle. Es wird Winter, da muss man sich eben dicker anziehen. Wenn man friert, dann hat man Gänsehaut und so richtig gute Laune will da nicht aufkommen. Eigentlich müsste der Pinguin das alles aber gut kennen, denn in der Wirklichkeit lebt er ganz weit weg auf der Südhalbkugel, meist in extrem kalten Regionen. Und darauf ist sein ganzer Körper eingestellt.
In der Natur benötigt der Pinguin keine Mütze und keinen dicken Mantel und keine »bollerigen Stiefel«. Er hat eine richtig dicke Fettschicht und außerdem ein ganz besonderes Wärmeregulierungssystem, das seine Flossen und Beine warmhält, sie nicht erfrieren lässt. Damit ist er bestens geschützt und wärmstens eingepackt für die tiefsten Temperaturen.
Aber: Pinguine auf der Südhalbkugel müssen auch nicht Schnee wegschaufeln, wie unser kleiner Pinguin in diesem hübschen Bilderbuch. Verzweifelt plagt er sich mit Schaufel und Schnee. Dann kommen da auch noch die kleinen Hasen und andere Tiere, die mit Schneebällen werfen, und sich vergnüglich im hohen Schnee wälzen. Und dann rutscht der kleine Pinguin auch noch so richtig aus, »Klatsch«, mitten in die Schneeberge. Aber mit Schneebergen ist das so eine Sache, da kommt ihm schließlich doch ein ganz anderer, sogar angenehmer und lustiger Gedanke.
Mit Wasserfarben und Tusche arbeitet der Amerikaner Dan Tavis, und das schon seit der Grundschulzeit, wie er selbst sagt. Was er malt, sind Momentaufnahmen wie Schnappschüsse, die spontane Situationen einfangen und viel Situationskomik mit einem Schuss Comicstil haben. Mit Details oder Einzelheiten gibt sich Tavis nicht ab, das Plakative ist eher seine Sache. Seine oft drei, vier Einzelbilder auf einer Seite erzählen die Geschichte eigentlich auch ohne Worte. Das ist ganz gut, wenn mal kein »Vorleser« da ist. Jeder weiß Bescheid, wie dem Pinguin zumute ist.
Da rutscht der kleine Knirps aus, verliert Mütze und Stiefel und ruft laut in einer Sprechblase »NICHT SCHON WIEDER!«, die Augen weit aufgerissen. Etwas unbeholfen liegt er dann im Schnee, wie ein Käfer auf dem Rücken. So ganz anders als seine besonders im Wasser so beweglichen Artgenossen in der Wirklichkeit. Aber dann kommt etwas, das ihm Buch doch gefällt und plötzlich wird er ganz schön aktiv und ist sogar begeistert.
Wer weiß, vielleicht ist das ja doch alles gar nicht so schlecht mit dem Winter.
Titelangaben
Dan Tavis: Winter nervt!
Aus dem Englischen von Anu Stohner
München: cbj 2022
32 Seiten, 13 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
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