Geschichte hautnah

Jugendbuch | Alexandra Holmes: Einfach mehr Luft

Geschichte muss nicht verstaubt und trocken daherkommen. Sie hat tatsächlich etwas mit uns und unserem Leben zu tun. Ben spürt das nicht nur beim hundertsten Geburtstag seiner Urgroßmutter. Von ANDREA WANNER

Einige alte Fotografien liegen unter einem KopfhörerSeit Ben für seinen Führerschein üben darf, gehört die Strecke zu seiner Urgroßmutter zu seinen regelmäßigen Fahrten. Wähend seine Mutter sich um den Haushalt kümmert, erzählt ihm seine Urgroßmutter aus der Vergangenheit, Geschichte in Geschichten. Dabei gehörte die österreichische Familie zu denen, die auf der richtigen Seite waren, die sich gewehrt haben, die ihre Stimme erhoben haben. Zumindest im Rückblick sieht das – meistens – so aus. Bens Urgroßvater war ein Widerstandskämpfer im 3. Reich, der Großonkel ging in den 1960er Jahren auf die Barrikaden gegen einen Naziprofessor an der Wiener Hochschule, der jüdische Großvater musste als Kind fliehen … Und dann gibt es aber auch merkwürdige Typen wie den Großonkel, der ein Fan von allem Militärischen ist oder die sympathische Ordensschwester …

»Mir scheint, dass jede Generation seit dem Krieg ihre Bewährungsprobe gehabt hat, bei der es immer um Gut oder Böse, Held oder Nazi, Opfer oder Täter ging«, sinnieret Ben, dem das Familienfest ein bisschen über den Kopf zu wachsen droht und der sich Sorgen um sein Pferd macht. Aber zum Glück kellnert Toni, die er beim Reiten kennengelernt hat, bei der Feier und schafft so ein gutes Gewicht gegen zu viele Reden und gewichtige Worte.

Alexandra Holmes spinnt eine Geschichte in der Gegenwart, in der die Vergangenheit eine wichtige Rolle spielt. Es gibt einen Stammbaum und wichtige Begriffe werden in einem Glossar erklärt. Mit Ben schafft sie einen sympathischen Helden, der »einfach mehr Luft« braucht, die Dinge hinterfragt und auf einem guten Weg ist. Spannend, ihn dabei zu verfolgen.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Alexandra Holmes: Einfach mehr Luft
Wien: Jungbrunnen 2023
160 Seiten, 17 Euro
Jugendbuch ab 13 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Irrtum

Nächster Artikel

Ungewöhnlicher Zusammenhalt

Weitere Artikel der Kategorie »Jugendbuch«

Blinder Aktionismus – und die Folgen

Jugendbuch | Robin Stevenson: Der Sommer, in dem ich die Bienen rettete Betrachtet man die Welt, kann einer schon angst und bange werden. Boden, Meer, Wälder, Flüsse, Tiere und auch noch die Politik, alles scheint im Untergang begriffen. Dagegen muss etwas getan werden, jetzt und auf der Stelle! Die Folgen von blindem Aktionismus sind jedoch nie die, die man erwartet hat. Robin Stevenson zeigt schmerzhaft deutlich, wie und warum das so ist. Von MAGALI HEISSLER

Die Kunst des Lesens

Jugendbuch | David Levithan: Letztendlich geht es nur um dich 2014 hat uns David Levithan mit ›Letztendlich sind wir dem Universum egal‹ eine außergewöhnliche Liebesgeschichte geschenkt. ANDREA WANNER war gespannt auf die Fortsetzung.

Magisches

Jugendbuch | Elizabeth Lim: Ein Kleid aus Seide und Sternen

Es gibt Märchen, die so in ihren Bann ziehen, dass man die geheimnisvolle Welt gar nicht mehr verlassen möchte. Dazu gehört auch die Geschichte der Schneiderin Maia Tamarin, findet ANDREA WANNER

Liebe kennt kein Alter

Jugendbuch | Charlotte Inden: Anna und Anna Wie alt muss man sein, um sich zu verlieben? Wie alt, um zu wissen, dass man verliebt ist? Und ob die Liebe dauern wird? Elf Jahre oder sechzig, dreißig oder fünfzehn? Charlotte Inden lässt in Anna und Anna auf faszinierende Weise eine Großmutter und ihre Enkelin über das wichtigste Thema der Welt sprechen. Und es erleben, natürlich. Von MAGALI HEISSLER

Von wegen Lebensfrühling

Jugendbuch | Stine Stregen: Ich bin F*ckcing ICH!

Gibt es eine schlimmere Zeit im Leben als die Pubertät? Wenn man auf der Suche nach sich selbst ist und echte Probleme hat, sich zu finden? Die dänische Autorin und Illustratorin Stine Stregen begleitet mit ihrem Stift ein Mädchen durch Teile dieser Phase. ANDREA WANNER konnte mitfühlen.