Eigentlich kennen wir das seit unserer Kindheit: Schon eine einzige illustrierte Seite kann Fantasie und die farbigsten Bilder wachrufen. Eine Zeichnung, die eine ganze Geschichte erzählen kann. Das alles geht auch mit Fotografien. Wie genau, wo die Kniffe liegen, wie Beispiele aussehen, das alles zeigt dieses sehr umfangreiche Buch. BARBARA WEGMANN hat es sich genauer angesehen.
Eines vorweg: »Egal, auf welchem fotografischen Niveau du aktuell stehst, mit welchen Absichten du fotografierst und über welche Ausrüstung du verfügst: Packende Geschichten in Bildern lassen sich mit jeder Kamera und bei jeder Gelegenheit erzählen.« So, das nimmt schon einmal Respekt und Hemmungen vor vielleicht ganz unnötigen Hürden, denen man sich gegenübersieht.
Denken Sie einfach einmal an die Nachrichten, die jedes Jahr wieder neu sind: Fotografen aus aller Welt beteiligen sich an Wettbewerben, welches wird wohl das »Foto des Jahres«. Viele Fotoreporter beteiligen sich, Foto-Profis, die überall in der Welt unterwegs sind und Geschehen festhalten, das uns in Zeitungen, Magazinen oder den Nachrichten beeindruckt und berührt, und: ein einziges Bild, das eine ganze Geschichte erzählt; eine Geschichte von Elend, Not, von Unglücken, aber auch von bedeutenden Begebenheiten und Besonderheiten, von Ereignissen, von Menschen in ihrem Lebensumfeld.
Reporter, man kennt sie eher aus Film- oder Hörfunkbeiträgen, aber auch Fotografen arbeiten als Reporter. »Der Reporter begibt sich an Orte und erzählt stellvertretend, etwas er dort gesehen und erlebt hat.« Und das geht eben auch prima mit der Kamera. Und man muss auch nicht, so die Autoren des Buches, in die weite Welt fahren, »dürfe nicht blind werden für unsere unmittelbare Umgebung«. »Auch vor der Haustür warten packende Geschichten darauf, erzählt zu werden.« Wie das funktioniert, wie man an das Vorhaben herangeht, worauf zu achten ist, all das wird überaus verständlich vermittelt. Es geht um Sachliches und Fachliches, aber auch um sehr Persönliches: wie finde ich meinen Stil, wie schärfe ich meinen Blick. Es gibt Hilfen, die eigene Kreativität zu finden, viele Beispiele, die zeigen, wie man Mut zu eigener Meinung, zu Inspiration und deren Umsetzung findet.
Die beiden professionellen Reportagefotografen, Fototrainer und Podcaster, sie stemmen das umfassende Thema mit viel Einfühlungsvermögen und vor allem anschaulicher Praxis. So ist einer der Schwerpunkte des Buches das Kapitel: »Von der Idee zur Umsetzung«. Schritt für Schritt, gut nachvollziehbar.
Wer sich auf Thema und Buch einlässt, der muss sicher auch lernen, die Perspektive, den Blick zu verändern und damit das Verständnis. Die Kamera, so wissen die Autoren, nimmt nur auf, was sich vor ihr befindet, wenn wir auf den Auslöser drücken. Sie bildet also nur ab, denn sie denkt nicht, sie ist nicht kreativ, sie interpretiert nicht. »Wir sind es, die dem Motiv eine Bedeutung geben. In dem wir eine bestimmte Szene fotografisch festhalten sagen wir: ›ich bin der Meinung, dass sie es wert ist, in Erinnerung zu bleiben‹.« Man schaffe ein visuelles Dokument, das uns wichtig ist, oder »um damit mit anderen ins Gespräch zu kommen.« Storytelling eben.
Ob es eine einzige Fotografie ist oder mehrere, das entscheiden sie selbst nach Motiv und dem, was sie aussagen wollen, auch dafür viele Beispiele. Es sind die anschaulich begleitenden Bilder und die straffe Gliederung des Buches, die es spannend und absolut lehrreich machen. Und es sind die sehr verständlichen Texte, die alles zusammen das Buch sogar unterhaltsam und sehr lebendig gestalten.
Ein richtiger »Schinken«, wie jemand meinte, und tatsächlich, die weit über 300 Seiten bieten ein breites Spektrum fürs Storytelling, sind auch für Anfänger gut geeignet und bei Interesse am Thema ganz sicher gut investiertes Geld.
Titelangaben
Kai Behrmann/ Thomas B. Jones: Mit Bildern Geschichten erzählen
Wie du Storytelling gezielt in deiner Fotografie einsetzt
dpunkt Verlag, Heidelberg
334 Seiten, 39,90 Euro
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