Kaukas lustige Tiere

Comic | Rolf Kaukas »Fix und Foxi« und weitere Geschichten

Zwei stilisierte Füchse haben Jahrzehnte lang die Jugend von Comiclesern mitgeprägt, die heute mindestens um die 40 Jahre alt sind. 1953, vor 70 Jahren, brachte Rolf Kauka seine ersten Comichefte heraus: Sie zielten ganz auf eine junge Leserschaft ab. Dieses verlegerische Werk hält der Carlsen Verlag nun für würdig, in seine ›Bibliothek der Comic-Klassiker‹ aufgenommen zu werden. ANDREAS ALT hat sich das dicke Buch näher angesehen.

Fix und Foxi haben einen Platz im kollektiven Gedächtnis der Deutschen. Die gleichnamigen Comichefte gehörten mehr als 40 Jahre lang zum Standardinventar jedes anständigen Kiosks; die wöchentliche Auflage stieg bis auf 400.000 Exemplare. Nach der Einstellung des Titels verliefen eigenartigerweise mehrere Wiederbelebungsversuche im Sande. Wer bis etwa 1970 geboren ist, erinnert sich jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit an die Editorials von »eurem Rolf«, das ist Rolf Kauka, der die Urheberschaft des Fix-und-Foxi-Kosmos beanspruchte und jedenfalls mit diesen Comics ziemlich reich wurde. Kauka war einer der Pioniere des Comichefte-Booms der Nachkriegszeit, der in den 1990er Jahren endete.

Dass Kauka ein gewiefter Geschäftsmann war, ist weithin bekannt. Ein großer Comic-Schöpfer war er nicht. Das Verdienst, die lustigen Figuren (darunter auch Lupo, Pauli, Lupinchen und Oma Eusebia, Tom und Klein-Biberherz und andere) erfunden und entwickelt zu haben, muss er sich mit einigen weniger bekannten Künstlern teilen. Wer aber den Anfängen des Kauka-Studios und späteren Verlags in München-Grünwald nachspüren wollte, musste zuletzt für Hefte aus der Frühzeit namhafte Summen auf den Tisch legen. In seiner »Bibliothek der Comic-Klassiker« erlaubt Carlsen jetzt einen umfangreichen Blick in diese Pionierphase.

Kauka, geboren 1917 in Markranstädt bei Leipzig, war auch mit Sicherheit kein Comicfan. Belastet vom »Dritten Reich«, brauchte er nach dem Krieg einen Neuanfang und versuchte sich als Buchautor und auch schon als Verleger. Projekte mit Romanheften und Sammelbilder-Alben blieben jedoch erfolglos. Durch Kontakte zum Ullstein-Verlag wurde er auf die Idee gebracht, Zeichentrickfilme zu produzieren. Auch wenn es sich um kürzere Werbefilme handeln sollte, ließ der return on investment auf sich warten, und Kauka verfiel darauf, mit seiner Trickfilm-Crew nebenbei Comics zu produzieren. Disneys ›Micky Maus‹, 1951 als erstes durchgehend vierfarbiges, reines Comic-Magazin auf den deutschen Markt gebracht, zeigte, dass sich damit gutes Geld verdienen ließ. Kauka gehörte zu den ersten, die dieses Geschäft nach Disney-Vorbild in großem Stil aufzogen.

Kauka musste dem Schund-Vorwurf begegnen

Er bewegte sich jedoch auf unsicherem Grund. Zwar waren Kinder, als es noch keine Computerspiele und Smartphones gab, scharf auf Comics, und die Deutschen waren neugierig auf Kulturerzeugnisse, die ihnen in der Hitler-Diktatur zunehmend vorenthalten geblieben waren. Doch zugleich stieß der kulturelle Einfluss insbesondere der USA auf große Vorbehalte. Speziell Comics galten lange als minderwertig, als »Schmutz und Schund«. Bei der ›Micky Maus‹ nahm Übersetzerin Dr. Erika Fuchs sie aus der Schusslinie. Der Walter Lehning Verlag, der fast zeitgleich mit Kauka Abenteuercomics im Piccoloformat herausbrachte, hatte dagegen öfters Ärger mit der neu gegründeten Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Kinder wurden angehalten, ihre »Heftchen« gegen »gute Literatur« einzutauschen.

Auch um sich von der übermächtigen Disney-Konkurrenz abzusetzen, verlegte sich Kauka auf Stoffe aus dem deutschen Volksgut, und er versuchte, seinen vermenschlichten Tieren einen betont harmlosen und möglichst pädagogischen Anstrich zu geben. Die Beispiele aus den 50er und frühen 60er Jahren in Carlsens Fix-und-Foxi-Band belegen das. Anfangs heißt das ›Fix und Foxi‹-Heft ›Till Eulenspiegel‹; auch der »Lügenbaron« Münchhausen spielt darin eine größere Rolle. Das Publikum zeigte sich jedoch mehr von einer kreativen Eigenleistung des Hauses Kauka angetan: Gottscheds Reineke Fuchs wird im Comic zu einem jungen Brüderpaar, eben zu »Fix und Foxi«.

Schon nach wenigen Ausgaben wird das Comicmagazin umbenannt. Von Eulenspiegel und Münchhausen ist im Carlsen-Band bis auf Coverabbildungen nichts zu sehen, aber enthalten ist eine ganz frühe Geschichte mit den beiden Jungfüchsen und einem Wolf (dem späteren Lupo), die sich um geernteten Honig streiten. Autor und Zeichner war Dorul van der Heide, ein holländischer Kunstmaler, der zwar mit dem Medium Comic keine Probleme hat, aber einen detailreichen Zeichenstil verwendet, der sich für eine schnelle, rationelle Produktion sowie für Wiedererkennbarkeit nicht gut eignet.

»Fix und Foxi« konnten viele Jahre lang heranreifen

Als Walter Neugebauer, ein österreichstämmiger Kroate, 1961 die Leitung der Comicproduktion übernimmt, werden die Comics grafisch konsequent vereinfacht. Inhaltlich bleiben sie bis in die 60er Jahre hinein eher anspruchslos. In Geschichten wie ›Die Drachenbauer‹, ›Onkel Fax‹ (erster Auftritt dieser erwachsenen Figur) oder ›Der Pelikan‹ (in der es eigentlich ums Fischefangen geht) wird eine Kindern vertraute Situation durch Gags angereichert, aber auf eine richtige Dramaturgie oder eine besondere Pointe wird verzichtet. Ein gewisses Raffinement gewinnen die Storys erst ab Mitte der 60er Jahre. Kauka hatte offenbar Zeit, die Arbeit heranreifen zu lassen. In den 60er Jahren hatten neben Kauka die Verlage Ehapa, Bastei und mit Abstrichen bsv (Bildschriften Verlag) den Comicmarkt unter sich aufgeteilt; keiner von ihnen musste befürchten, schnell verdrängt zu werden.

Vom Bemühen um Seriosität ist in den ausgewählten Comics des ›Fix und Foxi‹-Bands wenig zu merken. Pädagogischer Anspruch bleibt – im Gegensatz etwa zu den seit 1955 in der DDR entstehenden lehrreichen ›Mosaik‹-Comics – im Hintergrund. Kauka setzt auf sein vertrauenswürdiges Image und darauf, dass die Eltern sich die ›Fix und Foxi‹-Hefte nicht so genau ansehen, solange es keinen Grund zur Klage gibt. Mitunter vermittelt sich in den Comics jedoch ein streng konservatives Weltbild – markante Beispiele dafür fehlen in diesem Band allerdings.

Die frankobelgische Comickultur wird erschlossen

Kauka expandiert auf verlässlicher wirtschaftlicher Basis zielstrebig und in vielfacher Hinsicht. Zunächst mit neuen Formaten (Sonderhefte, Taschenbücher und Alben), dann mit neuen Titeln: ›Lupo (modern)‹, ›(Super) Tip Top‹, ›Primo‹ (für eine etwas ältere Leserschaft), ›Bussi Bär‹ (dieses Bilderheft für die Jüngsten hatte tatsächlich ein pädagogisches Grundkonzept). All das wollte er grundsätzlich mit seiner eigenen Belegschaft stemmen – fast alle anderen Verlage stützten sich auf Comicmaterial in Form von Lizenzen erfolgreicher ausländischer Serien. Kauka schaffte es mit seinen Honorarkräften zwar nicht, aber auch indem er ausländische Serien hinzunahm, leistete er Richtungweisendes. Er blickte sehr früh nach Frankreich und Belgien, wo die besten europäischen Comics entstanden. Unter anderem kam ›Asterix‹ durch Kauka erstmals nach Deutschland, allerdings in einer unglücklich auf einheimische Verhältnisse übertragenen Bearbeitung.

Serien wie ›Spirou‹ (›Pit und Pikkolo‹), ›Lucky Luke‹, ›Les Schtroumpfs‹ (›Die Schlümpfe‹) oder ›Gil Jourdan‹ (›Harro und Platte‹), die Kauka eingeführt hat, erscheinen in Deutschland noch heute, zu einem Gutteil inzwischen bei Carlsen und Egmont. Aber eigentlich hatte Kauka den Anspruch, genau auf seine Leserschaft zugeschnittene eigene Comics zu produzieren, und davon ist im ›Fix und Foxi‹-Band einiges enthalten, vor allem ›Mischa‹, ›Pauli‹ und ›Tom und Biber‹. Der kleine Maulwurf Pauli gehörte ursprünglich zum Umfeld von Fix und Foxi und erhielt 1958 eine eigene Serie. Er hat Eltern (im Comic nicht selbstverständlich), eine Schwester und einen Freund namens Mausi. Im Vergleich zu anderen Kauka-Figuren ist Pauli recht komplex angelegt; er hat gute und schlechte Eigenschaften, ist manchmal lausbübisch und manchmal vom schlechten Gewissen geplagt. Gezeichnet wurde er vor allem von Branko Karabajic, einem Mitarbeiter von Neugebauer.

Semifunnys – was die ›Micky Maus‹ nicht bietet

Kauka-Publikationen wie ›Primo‹, die Jugendzeitschrift ›Lupo modern‹ oder ›Bussi Bär‹ bleiben hier unberücksichtigt. Im Carlsen-Band gut nachzuverfolgen ist allerdings, dass der Verlag auch semirealistische Funnyserien einführte. ›Mischa‹ war im Science-Fiction-Bereich angesiedelt. Der Titelheld ist ein Raumfahrer, der im Auftrag von Professor Turbino und oft gemeinsam mit seiner Freundin Connie (zu der er aber oft ein gespanntes Verhältnis hat) Weltraumabenteuer erlebt. Kauka setzte in den 60er Jahren auch auf spannungsgeladene (freilich immer noch kindgerechte) Lektüre. Ähnlich sieht es bei ›Tom und Biber‹ aus. Die Idee hatte Neugebauer schon in Zagreb ausgearbeitet und brachte sie ins Kauka-Studio mit. Hinzu kam Toms Großvater, Opa Nikodemus. Anfangs waren der schlaksige junge Cowboy und sein kleiner roter Blutsbruder als Kinder angelegt – Tom war mit einer Wasserpistole bewaffnet. Doch zunehmend entwickelte sich die Serie zu einem Wildwest-Semifunny, in dem es auch mal gefährlich werden konnte – das bot die ›Micky Maus‹ nicht.

Abgerundet wird der Band durch Beispiele aus Neben- oder auf der Strecke gebliebenen Kauka-Serien: ›Hops und Stops‹, ›Fridolin, der lustige Kater‹, ›Lupinchen und Oma Eusebia‹ und ›Diabolino‹ (ein pantomimischer Comic). Wer sich mit deutscher Comicgeschichte weniger auskennt, ist hier mit einer Einführung und einem Nachwort gut bedient, die die Entwicklungen bei Kauka einordnen. Zudem werden seine wichtigsten Zeichner kurz vorgestellt. Ob der ›Fix und Foxi‹-Band die Kauka-Welt repräsentativ abbildet, ist angesichts von mehr als 2000 unter seiner Regie erschienenen Ausgaben schwer zu sagen. Aber er gibt Einblicke in eine Comicwelt, die die deutsche Nachkriegszeit mitgeprägt hat.

| ANDREAS ALT

Titelangaben
Die Bibliothek der Comic-Klassiker: Rolf Kaukas »Fix und Foxi« und weitere Geschichten
Mit einer Einleitung von Gerd Pircher und einem Nachwort von Martin Budde
Hamburg: Carlsen 2023
304 Seiten, 35 Euro
Hardcover im Schuber

Reinschauen
| Mehr über die »Comic-Klassiker« auf der Verlagswebseite
| Das Rolf Kauka Online Archiv: www.kaukapedia.com

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