Eine Brücke!, rief der Geheimrat.
Zwar sei es hier trocken, sagte der Moderator, doch gelegentlich stoße man auf Wasser, wo man es gar nicht vermute, es sei denn, der Reiter sei ortskundig.
›Brücke am Rio Lobo‹, warf Nahstoll ein, neunzehnsiebzig, Howard Hawks, der Rio Lobo knietief und fünfzehn Fuß breit, grünes Gebüsch wächst an den Ufern und spendet Schatten, sanft und verlockend spielt das fließende Wasser zum showdown auf.
Der Geheimrat keuchte angestrengt.
Da plötzlich das gequälte Knirschen eines unter dem Reifen beiseitespringenden Steins.
Das müsse der Reiter gehört haben, überlegte der Moderator, und werde dennoch nicht neugierig, schöpfe keinen Verdacht?
Der Geheimrat täte nichts lieber als eine Rast einlegen.
Sie seien fast gleichauf, flüsterte der Moderator, er sei keine zwanzig Meter voraus, weshalb wende er sich nicht um.
Wer altere, werde zum Eigenbrötler, sagte der Geheimrat, die Rolle wäre besser mit einem jüngeren Kerl besetzt, Brad Pitt etwa oder Johnny Depp, überlegte er, auch Til Schweiger, doch nein, korrigierte er sich, er habe dabei kein gutes Gefühl.
Der Moderator würde sich gern nach dem Weg erkundigen, jedoch zweifelte er, daß der Reiter Auskunft geben werde, aus dem geringeren Abstand wirkte er müde, gar ausgebrannt und, darin gab der Moderator seinem Geheimrat recht, gealtert, hielt sich nicht so aufrecht, wie es von fern den Anschein hatte, und schwankte er nicht sogar im Rhythmus des schreitenden Pferdes.
Brücke am Rio Lobo: ein Steg, der zwei Pferden einander zu passieren erlaubt, aus Holzplanken gelegt, zu beiden Seiten mit schlichtem Geländer versehen. Auf verstaubten Rädern holperten die zwei verschwitzt und mühsam darauf zu.
Ob nicht längst Räder mit Federungssystemen verkauft würden und sogar motorisiert, fragte der Geheimrat entrüstet, man verbreite ja allerorten, die modernen Zeiten seien innovativ, und diese Region sei doch wie dafür geschaffen, eine gute Idee zu vermarkten.
Am anderen Ufer war eine hölzerne Scheune aufgestellt.
Platz für eine Rast, schlug er vor.
Kulisse, versicherte der Moderator.
Der Geheimrat überlegte, ob sie dort die Nacht abwarten sollten, und, abgelenkt, gab er einen Augenblick lang nicht acht, strauchelte, trat jedoch geistesgegenwärtig in die Pedale und fing sich auf den letzten Metern.
Der Moderator erschrak und blickte sich um.
Schon gut, sagte der Geheimrat.
Auf der Brücke stiegen sie erschöpft von den Rädern.
Als hätte er etwas bemerkt, wandte McNally Kirby Yorke David Crockett seinen Braunen und glitt bedächtig aus dem Sattel, er hatte einen Entschluß gefaßt.
Eine imponierende Gestalt, stellte der Geheimrat fest, imponierend noch im hohen Alter, allein die Gesichtszüge wirkten verlebt, sie neigten zum feisten Ausdruck, das war der Alkohol.
Das hätte er nicht erwartet, dachte der Moderator, die häßlichen Falten von den Nasenflügeln zum Kinn waren nicht chirurgisch geglättet und nicht durch Schminke kaschiert, in welchen Zeiten lebe man, das hätte sich alles richten lassen.
Herr Wayne, Sie sind’s, rief der Moderator lachend, die Legende John Wayne, und reckte den Arm und winkte.
Das Denkmal, rief er fröhlich, fast habe er sich das gedacht, was verschlage ihn in diese Einöde.
Wüßte nicht, wann sie einander begegnet wären, entgegnete der einsame Reiter schroff.
Bei Brioni, erwiderte der Moderator, Via Barberini, Rom, bei Brioni, unserem gemeinsamen Schneider, Rom, Sie erinnern sich, seinerzeit der feinste Herrenschneider auf dem Planeten.
Fand jedoch nicht recht zur Geltung vor dem grimmig dröhnenden Baß: Ihr zwei folgt mir seit Stunden!
Wir haben dasselbe Ziel, sagte der Moderator und setzte sein freundlichstes Lachen auf: Herr Wayne, Ihr Gesicht ist echt, Ihre Statur ist echt, Ihre Stimme haben Sie nun gefunden.
Der Moderator lehnte sein Rad ans Geländer und ging einige Schritte auf Wayne zu.
Wie er die ungehobelten Worte verstehen solle, fragte der Reiter grob. Er sah diesen blonden Kerl näherkommen und wußte plötzlich, er kann dessen Lachfratze nicht ertragen, es gäbe nichts zu lachen, der Planet stehe in Flammen, ob er das nicht wisse, oh diese breite, die Zähne fletschende Grimasse: Ob er die bitte abschalten könne.
So hatte Wayne seinen ärgsten Feind nicht lachen sehen, Zeter! Mordio! – so lache jemand, der sich an die Klauen des Mammons ausliefere und stets mit List und Tücke zu einem Gefecht antrete. Wenn der sich diesmal nicht täusche!
Er dulde keinen Verfolger, fügte er drohend hinzu.
Ein Mißverständnis, dachte der Moderator entsetzt, es sei das falsche Programm, das ganz und gar falsche Programm, wo sei die Fernbedienung, wo die Umschalttaste! Google hilf! Er wollte den Mund soeben zum Reden öffnen, wollte alles erklären, doch zu spät, der andere hatte das Duell eröffnet, ultimativ, das kühne Funkeln im Auge als rituelles Signal, unmißverständlich, er griff nach der Waffe, Hagel und Granaten!, er zog, er zielte, drückte ab, schnell wie der Blitz.
Solle keiner erzählen, der alte Haudegen verfehle sein Ziel, rief er noch triumphierend aus.
Sehr extrem, mischte sich tadelnd Wollmann ein, aber sehr extrem, und fragte, ob nicht derart nackte Gewalt verboten gehöre, er selbst erzähle anders und wolle bei Gelegenheit gern ein aufmunterndes Beispiel geben.
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| Karttinger 6 folgt am nächsten Sonntag. Die vorausgehenden Folgen sind hier zugänglich