(Fast) Stressfrei durchs Leben

Jugendbuch | Lucia Zamolo: Und dann noch ...

Die gute Nachricht: Menschen brauchen Stress, um sich an verändernde Situationen und Umweltbedingungen anzupassen. Die weniger gute: zu viel Stress ist nicht gut und kann auch krank machen. Und zwar nicht nur Erwachsene. Von ANDREA WANNER

Ein getresstes Mädchen, mit neun Armen, das mit vielen Dingen gleichzeitig hantiertLucia Zamolo nimmt junge Leserinnen ernst, schreibt über Menstruation und Liebeskummer und jetzt über Stress. Ganz konkret hat sie einen Ratgeber gegen Stress zusammengestellt – auf ihre unnachahmliche Weise mit ganz vielen Illustrationen, die wie auf dem Cover den Nagel auf den Kopf treffen, typische Situationen in den Mittelpunkt rücken und klar machen: Hier weiß eine, wovon sie spricht. Und zwar nicht nur, wenn sie beschreibt, wie sie dieses Buch eigentlich ganz stressfrei schreiben wollte und dann natürlich doch in Zeitdruck und Stress gerät.

Natürlich beginnt sie mit der Antwort auf die Frage, was Stress eigentlich ist, wirft einen wissenschaftlichen Blick auf die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol, schaut sich Muskeln, Schweißdrüsen, Herz, Bronchen, Atmung, Verdauung und Libido an. Ganz schön komplex das alles und gar nicht so untypisch, dass das alles in einem Blackout endet oder in kreisenden Gedanken. Eine schwarze Seite und eine Doppelseite mit Sätzen, die sich in Loopings über das Papier ringeln, bringen das ziemlich gut auf den Punkt. Nein, das kann nicht gesund sein. Und ist es eben auch nicht. Drastisch beschreibt Zamolo, wohin Stress führen kann. Was also dann stattdessen?

Wie wäre es erst mal mit Lachen? Mit Unterstützung? Mit einem bewussten Ausstieg aus dem Wettbewerb? Damit, Tempo rauszunehmen, sich zeit zu lassen? Dafür gibt es sowohl langfristige als auch kurzfristige Tipps, Übungen wie zum Beispiel die der 5-Sinne-Übung, wo es darum geht, in Stresssituationen wahrzunehmen, was man sieht, fühlt, riecht, schmeckt und hört. Es hilft.

Erwachsene sind nicht die Einzigen, die Stress haben: Überbelastung und Druck beginnen früh im Leben und es hilft sicher, sich das frühzeitig bewusst zu machen und dagegen anzugehen. Der kunterbunte, ebenso vergnügliche wie ernst gemeinte Ratgeber ist da eine wunderbare Hilfestellung. Zumal das Ganze einen positiven Nebeneffekt haben kann, denn wie sagte Audrey Hepburn: »Ich glaube, dass glückliche Mädchen die schönsten Mädchen sind.«

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Lucia Zamolo: Und dann noch …
Wie Stress weniger stresst – fast ohne toxic Tipps!
Münster: Bohem press 2024
108 Seiten, 18 Euro
Jugendbuch ab 13 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Grenzerfahrungen

Nächster Artikel

Überrollt von der Macht der Menge

Weitere Artikel der Kategorie »Jugendbuch«

Opa ist ein weicher Felsen

Jugendbuch | Espen Dekko: Sommer ist trotzdem

Von Tod und Trauer zu schreiben, ist nicht einfach. Wie geht man damit um? Wie kann man den Tod eines geliebten Menschen verarbeiten und weiterleben? Dem Norweger Espen Dekko gelingt es mit einem leichten, melancholischen, sehr tiefen Buch, vom Sommer danach zu erzählen. Von GEORG PATZER

Zwei rechts, zwei links…

Jugendbuch | T.S. Easton: Ben Fletchers total geniale Maschen Handarbeiten sind wieder in, strickende Jungs dagegen – obwohl »male knitting« durchaus ein Trend ist, dann doch eher die Ausnahme. Und wenn das Stricken dann in einem durch und durch machohaften Umfeld stattfindet, kann es ganz schön schwierig werden. ANDREA WANNER begleitet Ben Fletcher bei seinen ersten Maschen.

(Kultur)schock

Jugendbuch | Kristina Aamand: Wenn Worte meine Waffe wären Der Vater liegt im Krankenhaus, hat es mit dem Herzen, die Mutter ist ohnehin am Ende mit ihrer Kraft. Sheherazades Aufgabe ist die, eine gute Tochter zu sein, damit wenigstens irgendetwas im Leben der Familie gelingt. Keine leichte Aufgabe. Von ANDREA WANNER

»Denn es ist alles eins«

Jugendbuch | Kelly Barnhill: Das Mädchen, das den Mond trank Eigentlich funktionieren doch die meisten Märchen nach dem gleichen Prinzip: Es gibt das Gute und das Böse. Das Böse erringt zunächst einen Teilsieg gegen das Gute, aber am Ende gewinnt das Gute. Dass das alles nicht so einfach ist, zeigt Kelly Barnhills märchenhafter Fantasyroman. Von ANDREA WANNER

Mythen entlarven

Jugendbuch | Inés Garland: In den Augen der Nacht Menschen sind empfänglich für Mythen, ganz besonders, wenn sie jung sind. Aber Mythen sind gefährlich, weil sie den Anspruch haben, die einzige Wahrheit zu sein. Ein solcher Mythos ist die Liebe. Ihn literarisch zu entlarven ist eine höchst schwierige und gefährliche Aufgabe. Inés Garland ist das Wagnis eingegangen, mit beeindruckendem Ergebnis. Von MAGALI HEISSLER