Gibt es eine schlimmere Zeit im Leben als die Pubertät? Wenn man auf der Suche nach sich selbst ist und echte Probleme hat, sich zu finden? Die dänische Autorin und Illustratorin Stine Stregen begleitet mit ihrem Stift ein Mädchen durch Teile dieser Phase. ANDREA WANNER konnte mitfühlen.
Natürlich liegt sie schon lange zurück, diese Zeit. Und die Zeiten waren andere. Trotzdem erkennt sich jede, auch wenn sie diese Zeit längst hinter sich hat, sofort beim Anschauen und Lesen der Comicstrips in dem gefühlsverwirrten Teenager wieder.
Das rotzige Bekenntnis »Ich bin F*cking ICH!« enthält so viel Wut und Verzweiflung, aber eben auch eine gesunde Portion Selbstbewusstsein. Die braucht es gerade in diesen schweren Tagen. »Niemand versteht mich«, stellt sie gefrustet fest. Nur auf dem folgenden Panel zu ergänzen: «Nicht mal ich selbst versteh mich.« Das ist schon ein großer Teil des Problems, dem Stregen da auf der Spur ist. Und sie macht das einfach nur gut.
Da gibt es eine Seite, die zeigt das Mädchen als Ausschneidepuppe: da steht sie, die Arme zur Seite gestreckt, mit schwarzen Leggings und einem rosa Bustier bekleidet. Die T-Shirts, die sie zur Auswahl hat, wie auf einem Ausschneidebogen mit kleinen angezeichneten Laschen rund um sie verteilt. Unterschiedlich in Stil und Farbe benennen sie unterschiedliche Rollen, die vielleicht zur Auswahl stehen oder einfach die Schubladen benennen, in die sie gesteckt wird: Die Süße. Die Böse. Die Ängstliche. Die Strenge. Die Dumme. Die Kluge. Ja was nun? Je nach Wahl? Von allem ein bisschen? Je nach Tagesform? Wenn man das nur wüsste.
Da gibt es die unvermeidliche Stimme aus dem Off, die (in Kapitälchen!) brüllt: »RÄUM! SOFORT! AUF!« Es gibt die Ratlosigkeit, wenn Nachrichten auf dem Handy kryptische Inhalte enthalten, von denen man meint, sie verstehen zu müssen. Es gibt die Tagträume von Promi-Freundinnen (ausgerechnet Kylie Jenner…). Und dann sehen wir sie mit ihren roten Haaren, die sich wie bei Medusa in schlangenähnliche Gebilde verwandelt haben, mit einer schwarzen Katze, Schwertern, Wimpeln, Pfeilen am Ende: mysteriös und rätselhaft, eben auch ihr selber.
Stine Stregen lässt ihre Ich-Erzählerin philosophieren und rätseln, träumen und findet wunderbar witzige und treffende Bilder und Szenen dafür. Pink und Schwarz sind die Farben, die sie dafür verwendet. Eine kleine Ich-Figur mit großem Kopf und expressivem Minenspiel. Peinliche Eltern, lästige Schule (»Ähm … Otto von Bismarck war … König? Frisör? Nein warte! Hat er den Eiswürfelbeutel erfunden?«) und Begegnungen mit süßen Jungs, die so gar nicht wie in den Träumen verlaufen (»Welche Musik hörst du am liebst!« – und in Denkblasen die nicht gegebene Antwort: »Mir fällt nichts ein. Hab ich überhaupt schon mal Musik gehört? WARUM ERINNERE ICH MICH NUR AN DIE MUSIK AUS DER SESAMSTRASSE?«).
135 Seiten Einblicke in das Leben eines Teenagers, die amüsieren und trösten, bestätigen und weiterhelfen, entlarven und nachdenklich machen. Und durchaus auch für Eltern geeignet sind.
Titelangaben
Stine Stregen: Ich bin F*ckcing ICH!
Aus dem Dänischen von Meike Blatzheim
München: Mixtvision 2022
140 Seiten, 16 Euro
Jugendbuch ab 12 Jahren
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