Da schreibt, singt, reimt, dichtet und erzählt jemand, der Kinderherzen wie kein anderer versteht: der vielseitige Ire John Dougherty, der nun gemeinsam mit dem britischen Illustrator Thomas Docherty ein Kinderbuch schuf, das das Zeug zum Klassiker hat. Von BARBARA WEGMANN
Na, da haben sich ja zwei gefunden: ein quietschfideler Hase, munter, immer die Ohren hochgestellt, aufmerksam, neugierig, verspielt und so unternehmungslustig und eine Schildkröte, ein bezauberndes Tier mit ganz großen Augen, einer roten Brille und auf zwei Beinen gehend.
»Die Schildkröte und der Hase hier
Kannten kein ICH, waren einfach ein WIR«.
So sind die »weltbesten Freunde« Tag für Tag unterwegs, spielen, erleben Abenteuer. Und dass der Eine so schnell und der Andere eher doch langsam ist, ach was, wen stört das schon, sie sind einfach dicke Freunde, bestätigen sich gegenseitig, dass sie das Wichtigste auf der Welt seien und ihre Freundschaft ewig halte. Cleo und Leo for ever. Aber:
»Bis alles auf einmal ganz anders war:
Eines Tages saß kein Hase mehr da.«
So ist es im Leben, im Leben von Großen und Kleinen, manchmal geschehen auch traurige Dinge, Dinge, die man erst gar nicht verstehen kann und will, Dinge, die man nicht einordnen kann, die einen regelrecht überfallen. In zarten Reimen, die die ernste Situation verspielt auffangen, ihr den gröbsten Kummer nehmen, schildert Dougherty, was nun, nach Leos Tod bleibt.
Für Schildkröte Cleo war es schwer zu fassen,
Hase Leo hat nur ein Loch dagelassen.«
Und egal wohin Cleo nun geht, immer begleitet sie das schwarze Loch in Form eines Hasen, aber es ist stumm und leer und kalt, es ist eben nicht mehr der geliebte Freund. Verzweiflung, Kummer, Ärger, Unverständnis, Wut, all das empfindet die zauberhafte Schildkröte, all das bricht aus ihr heraus, es ist der Beginn der Trauerarbeit. Wie sehr vermisst sie ihren Freund doch!
»Die Schildkröte fing heftig zu schluchzen an.
Und weinte so viel, wie man weinen kann.«
Das geht einem schon ganz schön ans Herz, Cleos Kummer bewegt, rührt und lässt neugierig die weitere Geschichte erwarten. Illustriert von Thomas Docherty, der seine Bücher weltweit verkauft und ebenso leidenschaftlich illustriert, wie Dougherty schreibt. Bunte Farben, große Augen, aus denen Freude und Traurigkeit, Alleinsein und das Glück von Freundschaft herausschauen, Gesten, die Zufriedenheit und Glück, Kummer und Leid ausdrücken. Und dann Cleos Tränen, und dann regnet es auch noch. Die Geschichte der beiden so ungleichen Freunde wird in eine bunte Landschaft eingebettet, da scheint die Sonne, aber es zieht auch Regen auf, die Blätter fallen, als wären auch sie traurig, aber: dann kommt der Bär, Otto, der große Bär.
»Er blieb einfach stehen
Freundlich und leise,
war für Cleo da
auf seine Weise.«
In den Arm nimmt er »das weinende Schildkrötenkind«.
Nie werde Cleo das Loch wieder loswerden, sagt er ihr, das könne man nicht vertreiben, man könne nur damit leben, das Loch füllen, ihm etwas geben. Was er denn damit wohl meine? Erinnerungen, Gedanken an die schönsten Abenteuer der Freunde, Orte, an denen sie waren, Dinge, die sie erlebt haben. All das Schöne eben. Und Erinnerung, die hat etwas ganz Besonderes an sich:
»Sie ist immer bei dir
Das ganze Jahr,
und du vergisst nie, was Schönes war«
In Cleos Gesichtchen schleicht sich ein Lächeln ein.
Allein die Idee, dass Leo nach seinem Tod als schwarzer stummer Hase weiter am Geschehen teilhat, ist eine ganz wunderbare und einfühlsame Idee, zum Ende der ans Herz gehenden Geschichte wird sich das schwarze Loch auf wundersame Weise verändern und füllen. Ein sehr, sehr bewegendes Kinderbuch.
Titelangaben
John Dougherty: Du fehlst so, Hase!
(The Hare-Shaped Hole, 2023) Übersetzt von Katja Frixe
Illustriert von Thomas Docherty
München: Penguin Junior, 2024
40 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
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