Maar’scher Hokuspokus

Kinderbuch | Paul Maar: Die Tochter der Zauberin

Die Tochter einer Zauberin zu sein, klingt eigentlich ziemlich cool. So direkt an der Quelle kann man vielleicht von manchem Kunststück profitieren. Aber wenn die eigene Mutter eine fiese, wirklich böse Hexe ist? Ein amüsantes Märchen von Paul Maar, findet ANDREA WANNER.

Ein Mädchen mit zahlreichen Tieren im WaldDie böse Zauberin heißt – ziemlich banal – Frau Schmitt. Sie macht ihren Mitmenschen das Leben schwer mit Erdbeben, Vulkanausbrüchen und anderen unangenehmen Dingen. Ihrer elfjährigen Tochter hatte sie den Namen Malefizia gegeben, was so viel wie teuflisch bedeutet und schon darauf hinweist, dass Frau Schmitt auf eine Nachfolgerin hoffte. Allerdings gerät die Tochter mehr nach dem Vater. Der heißt Gottfried, ist ein freundlicher Zeitgenosse und nennt seine Tochter Fizzi, was im Haus Schmitt immer wieder zu Streit führt.

Ganz großen Wert legt Frau Schmitt darauf, eine Zauberin zu sein und keine Hexe, die sie alle für strohdumm hält. Sie selbst ist hinterhältig und widerlich. Einer ihrer Wutausbrüche sorgt dafür, dass sie ihren Ehemann in einen Koffer verwandelt, was er so lange aushalten muss, bis Fizzi es zufällig merkt, als sie ihre Sachen packen will für eine dreitägige Schulfreizeit. Sie will ihn zurückverwandeln und zieht sich damit endgültig den Zorn ihrer Mutter zu. Die macht ihre fürchterlichste Drohung wahr und zaubert beide in die Zwischenwelt, den fürchterlichsten Ort, der ihr einfällt. Dort warten sprechende Füchse, Schildkröten und ungeahnte Abenteuer auf Fizzi und den Koffer an ihrer Seite.

Ein kleines, feines Kabinettstückchen des mittlerweile 86jährigen Autors. Mit seinem treffenden Humor, kleinen Wortspielen, viel Witz und Situationskomik beweist er auf diesen wenigen Seiten seine Könnerschaft. Subtil und mit einer gewissen Eleganz kommt das satirische Märchen daher, das auch von der Emanzipation eines Mädchens erzählt.

Maars Enkel Hannes hat die Illustrationen für die Geschichte geliefert. Mit leichtem Strich bringt er die Charaktere zu Papier und rundet damit das Ganze wunderbar ab!

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Paul Maar: Die Tochter der Zauberin
Mit Illustrationen von Hannes Maar
Hamburg: Oetinger 2024
96 Seiten. 15 Euro
Kinderbuch ab 8 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Ein verhängnisvoller Fehler und seine Folgen

Nächster Artikel

Gewalt in Worte gefasst

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Weniger ist mehr

Kinderbuch | Manfred Schlüter: Der kleine Herr Jemine Wie war das doch gleich in dem Märchen vom Fischer und seiner Frau? Die waren eigentlich doch ganz zufrieden. Bis die mit dem Wünschen angefangen haben und Ilsebill gar nicht mehr aufhören konnte. Und so ähnlich geht es Herrn Jemine. Von ANDREA WANNER

Mit Wunderaugen unterwegs

Kinderbuch | Alexandra Prischedko: Was macht ihr denn da?

Ein kleines Mädchen erklärt: »Heute will ich in den Zoo gehen.« Wer ihr auf dem Weg durch die Stadt folgt, wird staunen, findet ANDREA WANNER

Riesig

Kinderbuch | Peter Goes: Flüsse dieser Erde Wasser ist nicht nur Baustein des Lebens, es hat für Menschen zudem eine besondere Faszination. Peter Goes hat sich von dieser Faszination leiten lassen. Vor allem die großen Wasserläufe haben es ihm angetan. Entsprechend dem Thema ist das Ergebnis einfach riesig! Von MAGALI HEIẞLER

Wenn ein Buch dreidimensional wird

Kinderbuch | Maike Biederstädt: Das Wetter

Ganz unabhängig vom Inhalt: gute Pop-up-Bücher sind wie kleine Kunstwerke und die, die sie erschaffen, haben oft viel Talent, so wie hier Maike Biederstädt. Die Papieringenieurin und Illustratorin demonstriert und präsentiert auf fünf fantastischen, aufklappbaren Seiten Wettersituationen, erklärt im Text Wetter, Wellen und Wind, Regen und Sturm, Wüste und Trockenheit. Eine prima Grundlage und Hilfe für alle, die beim Stichwort Klimawandel mitreden wollen, meint BARBARA WEGMANN.

Entscheidungsmacht

Kinderbücher | E. Goudge: Das kleine weiße Pferd / H. Malot: Nie mehr allein Von allen Büchern sind die für Kinder am wenigsten von ihrer Zielgruppe beeinflussbar. Erwachsene erfinden die Geschichten, publizieren sie, verkaufen sie. Das erste Buch, das man als Kind bekommt, bekommt man von einem Erwachsenen. Was so selbstverständlich klingt, ist tatsächlich Ausübung von Macht. Deswegen braucht man für die Auswahl von Kinderbüchern Fingerspitzengefühl und Verstand gleichermaßen. Gefühl allein reicht nicht. Schon gar nicht bei sogenannten Klassikern. Von MAGALI HEIẞLER