Schnell erinnern Reime an das Auswendiglernen in früheren Schulzeiten, nicht immer sehr beliebt, aber: etwas auswendig zu lernen hilft es zu verinnerlichen und trainiert unser Gehirn, egal wie alt man ist. Und wenn das auch noch so märchenhaft geht, dann wird das ein richtiger Genuss. BARBARA WEGMANN hat sich das wunderschöne Buch angeschaut.
Acht Märchen sind es, die Klassiker von Hans Christian Andersen. Den Auftakt bildet die ›Prinzessin auf der Erbse‹. Kennen wir doch, werden jetzt viele sagen. Aber bestimmt nicht so:
»Ein Prinz, der wollte sich vermählen,
zur Frau doch nur ein Mädchen wählen,
das zweifellos und sonnenklar
ein richtiges Prinzesschen war.«
Gereimt, geradezu in spielerischen Versen kommt dieses Märchen nun daher, munter, zwar bekannt, aber hier nun wie ein Ohrwurm und das liest man bestimmt nur zwei- dreimal und dann kann man es auswendig. Der in Würzburg lebende Autorin Cornelia Boese liegt das Reimen wohl im Blut, denn schon als Kind wollte sie Dichterin werden und mit neun Jahren veröffentlichte sie tatsächlich erste Verse. Heute ist die vielseitige Cornelia Boese, die als Kinderkonzertmoderatorin und Bühnenmusikerin arbeitete, als freie Schriftstellerin tätig.
Klar, man weiß, wie das Märchen weitergeht, die Königin ist misstrauisch, stapelt Matratzen und legt zuunterst eine Erbse. Die Prinzessin hat eine schlaflose Nacht. So feinfühlig, das musste eine Prinzessin sein.
»Ich kann mich kaum mehr richtig regen.
Bin wie auf einem Stein gelegen,
am ganzen Körper grün und blau!
Da nahm der Prinz sie sich zur Frau.«
Die Illustratorin Daniela Bunge, sie lebt in Berlin, setzt die gereimten Märchen auf wundervoll zarte Weise und in sanften Farben um. Keine harten Kontraste, keine knalligen Farben, alles verläuft fast in eine tatsächlich märchenhafte und verträumte Welt, schwebt in zeitlosen Sphären, lässt viel Platz zum Träumen und Zuhören in oft Seiten füllenden Pastelltönen.
Das alles färbt auch auf das Buch insgesamt ab: das 144 Seiten starke Märchenbuch der ganz anderen Art hat eine bemerkenswert schöne Aufmachung. Matte Seiten, die gereimten Texte, die der Seite viel Platz lassen, die farbliche Darstellung: all das macht die acht Märchen zu einem wirklichen Genuss. Gereimtes macht natürlich bei diesen Märchen, ob es ›Die kleine Seejungfrau‹, ›Däumelinchen‹, oder ›Des Kaisers neue Kleider‹ sind, umso mehr Spaß, weil man ja den Inhalt kennt: Diese Märchen sind nun einmal Klassiker, zigmal gelesen, vorgelesen, als Film gesehen. Eine gereimte Version ist ein »überraschend neues Gewand« für betagte Geschichten, aufpoliert sozusagen, einmal ganz anders.
Plötzlich ist da eine völlig neue Form der Darstellung und Präsentation, das macht nicht nur den Zuhörenden Spaß, sondern auch denen, die die alten Märchen vorlesen, und, wetten: sind die Märchen wenige Male vorgelesen, dann braucht man vielleicht schon gar kein Buch mehr. Hans Christian Andersen hätte das alles ganz sicher gefallen.
»Die Sommersonne schien so warm,
die beiden saßen Arm in Arm,
voll Liebe und voll Lebensmut,
und alles war am Ende gut
Ende gut, alles gut.«
Titelangaben
Cornelia Boese: Wie eine Erbse kurzerhand die richtige Prinzessin fand
Hans Christian Andersens Märchen in Reimen
Mit Illustrationen von Daniele Bunge
München: Knesebeck Verlag 2023
144 Seiten, 25 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren
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Seltsam, dass in der Buchbesprechung nur der Text vorkommt, als gäbe es gar keine Illustrationen, die das Buch erst besitzenswert machen, für mich. Die Märchen lang bekannt, die Reime halten den erinnernden schnellen Lesefluß nicht auf; da geh ich mit, aber die grandiosen Bilder lassen die Zeit der Betrachtung wie im Fluge, in „Märchenzeit“ andauern und vergehn. Daniela Bunge ist an diesem Buch die Sensation. Eine ganz große Buchillustratorin, die meine eigene Fantasie beim Lesen und Betrachten in Gang setzt, nicht zudeckt. Bravo.