Comic | Zidrou/Springer: Dickmadam, die lachte
Der Comic ›Dickmadam, die lachte‹ führt auf eine einsame Straußenfarm im australischen Outback. Der Tod kennt dort sehr wohl eine Wiederkehr, wie ein Killer erleben muss, dessen Opfer seinem Schicksal trotzt – indem es nicht totzukriegen ist. CHRISTIAN NEUBERT wurde Zeuge der mit grimmigem Humor erzählten Blutbad-Ballade.
Einem perfekten Mord geht immer ein perfekter Plan voraus. Die Perfektion eines Plans hängt allerdings von seiner Ausführung ab. Und ein Mord ist nun mal eine spezielle Herausforderung, weswegen auch ein vermeintlich perfekter oft an seiner handwerklichen Umsetzung scheitert.
Pep kann man das allerdings nicht vorwerfen. Er ist geübt im Umgang mit dem Vorschlaghammer, mit dem er seine Frau umbringt. Keine menschliche Regung hindert ihn an seiner kaltblütigen Tat. Im Gegenteil: Er ist seelenruhig, als er sie erschlägt, sie auf die Ladefläche seines Pick Up Trucks hievt und ihren Leichnam in einem Brunnenschacht draußen im Outback entsorgt.
Nummer sicher?
Als Straußenfarmer, der es gewohnt ist, die Körper großer Lebewesen zu rupfen und zu zerlegen, ist der handwerkliche Aspekt des Tötens halt irgendwie Routine. Über eine Sache wundert Pep sich dennoch: Nach getaner Arbeit schleicht sich ein Abzählreim in seine kühl kalkulierenden Killergedanken. »Eine kleine Dickmadam«, geht ihm durch den Kopf. Die »fuhr mal mit der Eisenbahn. Eisenbahn, die krachte, Dickmadam, die lachte.«
Zugegeben: Der Kinderreim, nach dem Zidrous und Benoît Springers Comic in seiner deutschen Übersetzung benannt ist, hat wenig bis nichts mit dem morbiden Chanson »Elle était souriante« zu tun, der dem Originaltitel Pate stand. Die Pointe des beschwingten Songs kennt Pep dennoch zu Genüge: Er handelt von einer entführten Schlossdame, die nicht unterzukriegen ist – indem sie nicht totzukriegen ist. Ihre Peiniger erleben Tag für Tag aufs Neue, wie sie abends mit ihrem Gießkännchen am Fenster steht und die Blumen versorgt. So, wie eben auch Pep erkennen muss, dass seine offenkundig tote Frau nach erledigtem Mord und den fälligen Aufräumarbeiten zu Hause auf ihn wartet. Ihn lachend empfängt. Und fragt, ob er an die Butter gedacht hat.
Alles in Butter?
Ja, da gerät man durchaus ins Zweifeln. Wie konnte sie das überleben? Hat er sich wirklich versehentlich die Falsche vorgenommen? Und wer liegt jetzt im Brunnenschacht? Fragen über Fragen. Sie ersticken im Blut, gehen schnell Verschütt zwischen Rachsucht, Gier und Wahn. Und dem schwarzen Humor, der als bitterböser Schleier über ›Dickmadam, die lachte‹ liegt. Doch das Lachen bleibt im Halse stecken. Zumal dann eben alles schief geht, wenn ein Mordopfer seinem Schicksal trotzt. Bolzenschussgerät hin oder her: Die Hölle, das sind nicht unbedingt die anderen auf der Straußenfarm. Die Hölle, das sind die anderen, wenn sie nicht sterben.
Benoît Springer, der sich als Zeichner u.a. bei Spirou verdient machte, schafft für Zidrous beißendes Skript eine rohe Hölle. Die staubigen Weiten des Outbacks, das Blut, das den Sand tränkt, der Schrecken der Wiederkehr als wiederkehrender Schrecken: Die bitterböse »Dickmadam« lacht im Schatten seiner oft in monochromen Farben gehaltenen Bilder besonders dreckig. Der Comic ist ein packend erzählter Noir-Krimi mit per Vorschlaghammer ausgeführtem Horroreinschlag, der es straußeneidick hinter den Ohren hat.
Titelangaben
Zidrou (Text) / Benoît Springer (Zeichnungen): Dickmadam, die lachte
Hamburg: Schreiber & Leser 2018
72 Seiten. 18,80 Euro
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